Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Verdeckte Gewinnausschüttung – Angemessenheit von Beraterhonoraren (Kommentar von Udo Cremer)

18.03.2019  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Beraterhonorare oder verdeckte Gewinnausschüttung? Vor dieser Frage stand das Finanzamt im hier von Udo Cremer kommentierten Fall und entschied, dass es sich um verdeckte Gewinnausschüttungen handele. Und der Bundesfinanzhof bestätigte diese Deutung mit seinem Urteil vom 12. September 2018 (I R 77/16).

  1. Eine Vereinbarung, die angesichts der umfänglichen wie unbestimmten Beschreibung der zu erbringenden Beratungsleistungen weder das "Ob" noch das "Wie" bzw. "Wann" der vertraglichen Leistungserbringung bestimmen lässt, hält einem steuerrechtlichen Fremdvergleich nicht stand.
  2. Die Höhe des nach Vertragsabschluss erfolgten Mittelabflusses hat keine Auswirkungen auf die Angemessenheitsprüfung.

Die Klägerin, eine GmbH, betrieb bis zum Jahr 2005 ein Unternehmen für ... . 50 v.H. der Anteile an der Klägerin hielt A, die weiteren 50 v.H. hielt sie treuhänderisch für B. Geschäftsführer war bis Dezember 1995 C. Nach seinem Ausscheiden wurde A, die zuvor Prokuristin der Klägerin war, zur Geschäftsführerin bestellt. Im Streitjahr (1995) zahlte die Klägerin Beratungshonorare und Reisekosten an A in Höhe von insgesamt 249.957 DM und an B in Höhe von 9.120 DM. Dem lagen Beraterverträge vom 15. März 1991 bzw. vom 30. November 1991 zugrunde. Danach wurde für kaufmännische und betriebswirtschaftliche (A) bzw. technische Beratungen (B) ein Stundensatz von 96 DM vereinbart. Reisekosten sollten jeweils zusätzlich "in Rechnung gestellt werden". Die Abrechnung sollte monatlich durch Rechnungserstellung mit Stundennachweis erfolgen. Weitere Vereinbarungen enthielten die Verträge nicht. Außerdem konnte A einen betrieblichen PKW auch privat nutzen. Von den anfallenden Kosten wurden ihr 30 v.H. in Rechnung gestellt. Im Rahmen einer Außenprüfung, die u.a. das Streitjahr umfasste, kamen die Prüfer u.a. zu dem Ergebnis, dass es sich bei den an A und B gezahlten Beratungshonoraren um verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) handelte. Gleiches gelte für die A nicht in Rechnung gestellten PKW-Kosten in Höhe von 23.006 DM. A und B, die im Streitjahr noch nicht verheiratet waren, hatten nach den Erkenntnissen der Außenprüfung dieselbe Wohnanschrift.

Das zu diesem Zeitpunkt zuständige Finanzamt erließ auf Grundlage dieser Prüfungsfeststellungen am 17. Februar 1998 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr. Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage wandte sich die Klägerin neben weiteren (nicht mehr) streitigen Punkten gegen den Ansatz der vGA. Im Klageverfahren wurden Beraterverträge mit A und B vom 10. September 1990 vorgelegt, nach denen sich "die Beratung ... auf die Einrichtung eines Rechnungswesens mit Lohn- und Finanzbuchhaltung, Kostenrechnung und einer DV-gestützten Materialwirtschaft" (A) sowie "auf die Änderung der Arbeitsabläufe, Aufbau einer technischen Abteilung für Planung und Ausführung von ..." (B) erstrecke. Die Klage wurde vom FG des Landes Sachsen-Anhalt mit Urteil vom 13. Juli 2016 3 K 467/16 (EFG 2017, 1020) abgewiesen.

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die im Streitjahr an A und B aufgrund der jeweiligen Beraterverträge geleisteten Zahlungen sowie die Überlassung des betrieblichen PKW an A als vGA anzusehen sind. Die Klage ist deshalb abzuweisen (BFH Beschluss vom 12.9.2018, I R 77/16).

Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.

Eine vGA kann auch dann in Betracht kommen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahestehende Person bewirkt wird. Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte. Da das "Nahestehen" lediglich ein Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist, reicht zu dessen Begründung jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter und dem Dritten aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein.

Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahestehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG die an A aufgrund der Beraterverträge vom 10. September 1990 und vom 15. März 1991 geleisteten Zahlungen zu Recht als vGA angesehen, da die vertraglichen Vereinbarungen einem Fremdvergleich nicht standhalten. Das FG ist davon ausgegangen, dass den entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und A kein Zeitpunkt zu entnehmen sei, bis zu dem ein "vertraglich vereinbarter Erfolg" ("Errichtung eines Rechnungswesens mit Lohn- und Finanzbuchhaltung, Kostenrechnung und einer DV-gestützten Materialwirtschaft") eingetreten sein sollte. A sei damit freigestellt gewesen, "ob und wenn ja, wie bzw. wann sie ihre vertraglich vereinbarten Pflichten" erfülle. Hieraus hat die Vorinstanz den Schluss gezogen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eine derart unkonkrete Vereinbarung mit einem Dritten, der nicht Gesellschafter sei, angesichts der sich hieraus ergebenden beträchtlichen finanziellen Verpflichtungen der Klägerin, nicht getroffen hätte. Er hätte zumindest eine zeitliche Grenze in die Vereinbarung aufgenommen, bis zu der die Einrichtung des Rechnungswesens mit Lohn- und Finanzbuchhaltung, Kostenrechnung und der datenverarbeitungsgestützten Materialwirtschaft abgeschlossen hätte sein müssen, um dauerhafte, hohe Ausgaben (im Streitjahr 249.957 DM) mit nicht zu vernachlässigendem Einfluss auf die Einkünfte der Klägerin zu begrenzen. Dieser vom FG gefundenen Beurteilung ist im Ergebnis zu folgen.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

Die aktuellen Seminartermine von Udo Cremer finden Sie hier »


nach oben