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Dashöfer

Trügerischer Eigenbedarf

05.11.2019  — Matthias Wermke.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Während sich bei Mieter*innen bei dem Wort „Eigenbedarf“ die Nackenhaare aufstellen, ist dieser unscheinbare Begriff für Vermieter*innen eine gute Möglichkeit, auf ihr Eigentum Anspruch zu erheben. Hierfür wird die Möglichkeit gegeben, den Mieter*innen die Kündigung auszusprechen. Doch was, wenn die Vermieter*innen plötzlich doch nicht einziehen?

Sinn und Zweck des Eigenbedarfs ist, den Wohnraum für sich selbst oder nahe Angehörige zu nutzen. Um den aktuellen Mieter*innen tatsächlich zu kündigen, sollten drei wichtige Punkte bedacht werden:

  • Die Wohnung muss für die Vermieter*innen selbst, deren Familienangehörige oder Angehörige des Haushalts zur Verfügung gestellt werden.
  • Die Kündigungsfrist der Mieter*innen ist abhängig von der bereits in der Wohnung verlebten Wohndauer und beträgt mindestens drei Monate.
  • Den ehemaligen Mieter*innen steht Schadensersatz zu, wenn der Eigenbedarf von den Vermieter*innen lediglich vorgetäuscht wurde.

Dem letzten Punkt liegt eine Schutzfunktion für die Mieter*innenseite inne, denn häufig wird der Eigenbedarf missbraucht, um sich unliebsamer Bewohner*innen zu entledigen oder um den Mietpreis zu erhöhen.

Doch was geschieht, wenn Eigenbedarf im guten Glauben angemeldet wird, tatsächlich dort einzuziehen und die Mieter*innen darauf ausziehen, doch der Einzug findet am Ende aufgrund vermeintlicher Unabsehbarkeiten doch nicht statt? Kann der Anspruch auf Schadensersatz dann noch geltend gemacht werden? Mit dieser Frage hatte sich das Amtsgericht Waiblingen auseinanderzusetzen.

Alles nur Täuschung?

Konkret ging es um einen Fall, in dem eine Wohnung von den Mieter*innen geräumt wurde, da die noch im Ausland wohnende Vermieterin mitsamt ihrer schulpflichtigen Kinder in die Wohnung ziehen wollte. Doch dieser Umzug kam nie zustande, weswegen die ehemaligen Bewohner*innen einen Schadensersatz in Höhe von etwa 7.650 € einforderten.

Die Vermieterin rechtfertigte sich damit, dass der Einzug aufgrund der plötzlichen Erkrankung ihres Lebensgefährten nicht stattgefunden habe, durch die dieser nunmehr pflegebedürftig sei. Jedoch blieb man dem Gericht nicht nur einen Nachweis der Krankheit als solcher, sondern auch eine offizielle Bestätigung der Behauptung schuldig, dass sie erst nach der Anmeldung des Eigenbedarfs bekannt geworden sei.

Das Urteil

Wie entschied nun das Amtsgericht Waiblingen? Vermieter*innen, die, nachdem sie Eigenbedarf angemeldet haben, nicht in die Wohnung eingezogen sind, obliegt die sekundäre Darlegungslast, um die Gründe nachzuweisen, die für den nachträglichen Wegfall ausschlaggebend waren. Diese wurde im vorliegenden Fall nicht erbracht und so muss der Eigenbedarf als Täuschung gewertet werden. Daher wurde zu Lasten der Beklagten entschieden und dem Schadensersatzanspruch der ehemaligen Mieter*innen Recht gegeben.

Gericht: Amtsgericht Waiblingen, Urteil vom 15.01.2019 - 9 C 1106/18

Bild: congerdesign (Rawpixel, Pixabay License)

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