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Neue Rechtsprechung: Fortbildungskosten sind kein Arbeitslohn, sondern Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers

28.11.2016  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Die Abgrenzung zwischen Werbungskostenersatz als Arbeitslohn und Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers sorgt in der Praxis immer wieder für Kopfzerbrechen. Steuerexperte Volker Hartmann hat für Sie ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Münster unter die Lupe genommen.

Fortbildungskosten sind üblicherweise Aufwendungen, die Arbeitgeber oder Arbeitnehmer aufwenden, um die berufliche Qualifikation des Arbeitnehmers zu verbessern. Eine private Mitveranlassung des Arbeitnehmers ist regelmäßig von untergeordneter Bedeutung. Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen kann es sich zunächst um Arbeitslohn handeln, der im Rahmen der Einkommensteuererklärung des Arbeitnehmers durch den Ansatz von Werbungskosten neutralisiert werden kann. Wir möchten Ihnen hier einen Überblick über die neueste Rechtsentwicklung geben.

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Mit Urteil vom 09.08.16 hatte sich das Finanzgericht Münster mit der Rechtsfrage auseinandersetzen müssen, ob die Aufwendungen des Arbeitgebers für Fortbildungsveranstaltungen seiner Arbeitnehmer eine Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers darstellen oder ob es sich hierbei um Arbeitslohn handelt, der der Lohnversteuerung zu unterwerfen ist.

Im hier streitigen Sachverhalt war der Arbeitgeber aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarung dazu verpflichtet, seine Arbeitnehmer regelmäßig zu Fortbildungsveranstaltungen zu schicken. Im Rahmen einer Lohnsteuer­außenprüfung vertrat der Lohnsteueraußenprüfer die Auffassung, es handele sich bei der Übernahme der Kosten für die Weiterbildung seiner Arbeitnehmer um steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Der Arbeitgeber führte Spezial- und Schwertransporte für die Industrie- und Bauwirtschaft durch. Aufgrund der einschlägigen Bestimmungen im Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetzes (BKrFQV) übernahm der Arbeitgeber die Kosten für die Weiterbildungen seiner Arbeitnehmer, z. B. im Bereich Sicherheitstechnik und Fahrsicherheit, Ladungssicherung auf Lkw, Gesetze für den Güterverkehr und Ladungssicherung etc.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung vertrat das Betriebsstättenfinanzamt die Auffassung, dass es sich hierbei um steuerpflichtigen Werbungskostenersatz handele, da es sich nicht um steuerfreien Werbungs­kosten­ersatz gemäß R 19.3 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) handele und auch eine Voraussetzung im Sinne des § 3 EStG nicht gegeben sei.

Der Arbeitgeber legte dar, dass ihm durch die Fortbildungsmaßnahmen spezielle Ausbildungskosten entstanden sind, die er ausschließlich in eigenem Interesse verausgabt habe. Weil die Arbeitnehmer Spezial­transporte durchführen, sind für die Verladung von Baumaschinen, Sondergeräten und Schwertransporten daher besondere Fortbildungsmaßnahmen notwendig. Durch die Fortbildungen soll eine Sensibilisierung der Arbeitnehmer für Gefahrensituationen erfolgen. Weil der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, die Kosten der Weiterbildung seiner Fahrer zu tragen, kann er sich somit der Kostentragung nicht entziehen. Ein privates Interesse der Arbeitnehmer liegt nicht vor. Das private Interesse eines Berufskraftfahrers wäre allenfalls von ganz untergeordneter Bedeutung, da die Schulungen über berufsspezifische Gefahrenlagen erfolgen.

Das Finanzamt beharrte jedoch auf seiner Ansicht. Es räumte ein, dass ein privates Interesse der Arbeit­nehmer an den Schulungsmaßnahmen in der Regel von ganz untergeordneter Bedeutung und mithin das Interesse der Arbeitnehmer an den Schulungsmaßnahmen überwiegend beruflicher Art sei. Gleichwohl liege steuerpflichtiger Arbeitslohn vor, da es sich um steuerpflichtigen Werbungskostenersatz handele. Eine steuerfreie Erstattung von Werbungskosten durch den Arbeitgeber ist rechtlich nicht zulässig. Die Arbeit­nehmer hätten jedoch die Möglichkeit, die Aufwendungen im Rahmen ihrer persönlichen Einkommen­steuer­erklärung als Werbungskosten geltend zu machen.

Urteil Finanzgericht Münster vom 09.08.16, 13 K 3218/13 L

Das Finanzgericht Münster folgte der Auffassung des Finanzamtes nicht. Das Finanzgericht stellte klar, dass Aufwendungen des Arbeitgebers, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung der Arbeitnehmer, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen, keinen Arbeitslohn darstellen. Ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers wird bejaht, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen der Zuwendung zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte Zweck im Vordergrund steht. In diesem Fall des ganz überwiegend eigen­betrieb­lichen Interesses des Arbeitgebers kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Die Weiterbildungen sensibilisieren die Arbeitnehmer für Gefahren und ermöglichen auch ein gewinnsteigerndes Arbeiten. Entgegen der Ansicht des Finanzamtes wird das Interesse des Arbeitgebers auch nicht durch das eigene Interesse der Arbeitnehmer an den Weiter­bildungen, die sie zur Verlängerung ihrer Fahrerlaubnis und damit zur weiteren Ausübung ihres Berufs benötigen, überlagert. Das Finanzgericht stellte klar, dass das stets vorhandene Interesse eines Arbeit­neh­mers an der Verbesserung seiner beruflichen Qualifikation bzw. seiner beruflichen Fertigkeiten das über­wiegende betriebliche Interesse des Arbeitgebers regelmäßig nicht überlagert.


Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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