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Mietverhältnis unter nahen Angehörigen - Einkünfteerzielungsabsicht - Aufgabe der Vermietungsabsicht (Kommentar von Udo Cremer)

30.10.2017  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Der Kläger erwarb von seinen Eltern im Jahr 1992 das von ihnen Ende der 1970-er Jahre errichtete, selbst genutzte Einfamilienhaus in X. Dieses vermietete er seither an seine Eltern. Die Mietdauer betrug insgesamt etwa 17 Jahre. Im November 2008 zogen die Eltern des Klägers in ein Pflegeheim; zeitgleich wurde eine Betreuung angeordnet.

Der vereinbarte monatliche Mietzins betrug zunächst 700 €. Ab Juli 2003 zahlten die Eltern monatlich Miete in Höhe von 600 €. Seit der Unterbringung in das Pflegeheim leisteten die Eltern keine Mietzahlung mehr. Nach den Angaben des Klägers wurde das Mietverhältnis in der Vergangenheit mehrfach überprüft und im Ergebnis bis zum Streitjahr (2009) als unter Fremden üblich anerkannt. Der Kläger kündigte das Mietverhältnis mit Telefax vom 1. Juni 2009 fristlos und forderte die Betreuerin auf, das Haus bis zum 30. Juni 2009 zu räumen. Das Haus wurde schließlich bis Ende Juli 2009 geräumt.

Den vom Kläger für das Streitjahr geltend gemachten Werbungskostenüberschuss aus der Vermietung des Hauses in Höhe von 16.830 € ließ das FA in dem Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 9. April 2010 unberücksichtigt. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass die erforderliche Vermietungsabsicht noch fortbestanden habe. Da er bereits im Februar 2009 das Haus zum Verkauf angeboten habe, könnten die geltend gemachten Werbungskosten nicht mehr den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugerechnet werden. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Die dagegen gerichtete Klage hat das FG im ersten Rechtsgang mit Urteil vom 17. Juni 2013 5 K 2636/10 abgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hin hat der BFH mit Beschluss vom 6. März 2014 IX B 103/13 (BFH/NV 2014, 887) das Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben und den Rechtsstreit an das FG zurückverwiesen. Die Klage hatte auch im zweiten Rechtsgang keinen Erfolg. Das FG entschied mit seinem in EFG 2015, 2177 veröffentlichten Urteil vom 18. November 2014 5 K 1403/14, dass das zwischen dem Kläger und seinen Eltern bestehende Mietverhältnis spätestens seit Dezember 2008 steuerrechtlich nicht mehr anzuerkennen sei und daher der geltend gemachte Verlust aus der Vermietung des Hauses im Streitjahr nicht steuermindernd berücksichtigt werden könne.

Die Revision ist begründet (BFH Urteil vom 11.7.2017, IX R 42/15). Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur erneuten Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Die Beurteilung des zwischen dem Kläger und seinen Eltern bestehenden Mietverhältnisses durch das FG am Maßstab des Fremdvergleichs hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Auch tragen die Feststellungen des FG seine Schlussfolgerung nicht, der Kläger habe mit der Unterbringung der Eltern in das Pflegeheim seine Vermietungsabsicht aufgegeben.

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer ein Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, daraus auf Dauer der Nutzung ein positives Ergebnis zu erzielen. Die Einkünfteerzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen solchen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben. Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten lediglich, wenn besondere Umstände gegen das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht sprechen. Hat der Steuerpflichtige den Entschluss auf Dauer zu vermieten endgültig gefasst, gilt die Regelvermutung für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht für die Dauer seiner Vermietungstätigkeit grundsätzlich auch dann, wenn er die vermietete Immobilie aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußert. Stellt der Steuerpflichtige seine auf Einkünfteerzielung gerichtete Tätigkeit ein, sind die bis zur Beendigung der Vermietungstätigkeit entstandenen Aufwendungen weiterhin durch die ursprünglich zur Erzielung von Einkünften begonnene und unverändert fortgeführte Tätigkeit veranlasst. Bei auf die Vermietungszeit entfallenden Aufwendungen ist typisierend anzunehmen, dass sie der Einkünfteerzielung dienen. Hierunter fallen auch Aufwendungen für Abwicklungsmaßnahmen, die die negativen Einkünfte unter Umständen sogar erhöhen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Vermietungstätigkeit solange andauert, als der Vermieter dem Mieter die Nutzung der Mietsache entgeltlich überlässt, also in der Regel bis zum Ende des Mietverhältnisses. Mit dem (gegebenenfalls vorzeitigen, konkludent vereinbarten) Wegfall des Nutzungsrechts des Mieters endet die Vermietungszeit.

Steht die Wohnung sodann nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung leer, sind die hierauf getätigten Aufwendungen solange noch als Werbungskosten abziehbar, als der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat. Daran fehlt es, solange sich der Steuerpflichtige ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht, selbst wenn er das Vermietungsobjekt daneben, z.B. wegen der Schwierigkeiten einer Vermietung, auch zum Erwerb anbietet.

Die steuerliche Anerkennung von Mietverträgen unter nahe stehenden Personen setzt u.a. voraus, dass die Verträge zivilrechtlich wirksam vereinbart worden sind und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Sie sind daraufhin zu überprüfen, ob sie durch die Einkünfteerzielung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) oder den steuerrechtlich unbeachtlichen privaten Bereich (§ 12 EStG) veranlasst sind. Die Entscheidung, ob das Mietverhältnis zwischen nahe stehenden Personen dem steuerlich bedeutsamen oder dem privaten Bereich zuzuordnen ist, hat das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu treffen. Gleiches gilt im Hinblick auf die vom FG zu treffende Feststellung, ob der Steuerpflichtige weiterhin beabsichtigte, langfristig Einkünfte aus dem Vermietungsobjekt zu erzielen oder ob er seine Einkünfteerzielungsabsicht bereits aufgegeben hat. Dabei hat es alle Indizien zu berücksichtigen und in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen.

Maßgebliche Beweisanzeichen für die Prüfung, ob die streitigen Aufwendungen in einem sachlichen Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen oder dem nicht steuerbaren privaten Bereich zugehörig sind, bilden insbesondere die Beachtung der zivilrechtlichen Formerfordernisse bei Vertragsabschluss und die Kriterien des Fremdvergleichs. Voraussetzung ist dabei grundsätzlich, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien wie die Überlassung der Mietsache zum Gebrauch sowie die Entrichtung der vereinbarten Miete klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt worden sind.

Diesen Grundsätzen liegt die Überlegung zugrunde, dass eine tatsächlich nicht durchgeführte Vereinbarung indiziell gegen ihre Ernsthaftigkeit spricht. Allerdings schließt nicht jede Abweichung vom Üblichen notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Entscheidend ist stets eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei können gewichtige sonstige Umstände, die für ein ernsthaftes Mietverhältnis zwischen nahe stehenden Personen sprechen, trotz verspäteter oder zeitweise ausbleibender Mietzahlungen den Ausschlag geben. Hierzu können beispielsweise eine langjährige beanstandungsfreie Durchführung der Vereinbarungen sowie eine zeitnahe Abwicklung eines gestörten Mietverhältnisses gehören. Nach diesen Grundsätzen hat das FG dem zwischen dem Kläger und seinen Eltern (bis zur Beendigung und Räumung im Juli 2009) bestehenden Mietverhältnis zu Unrecht die steuerrechtliche Anerkennung versagt. Auch die Schlussfolgerung des FG, der Kläger habe seine Vermietungsabsicht mit der Unterbringung der Eltern in das Pflegeheim aufgegeben, wird von seinen Feststellungen nicht getragen.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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