03.12.2018 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Hans Böckler Stiftung.
Doch selbst in den Fällen, in denen Beschäftigte die Arbeit in ihrer Freizeit als „freiwillig“ und als nicht problematisch empfinden, kann sie zur Belastung für die ganze Familie werden. Denn auch beim Partner oder der Partnerin steigt die Unzufriedenheit. Das ist das Ergebnis einer Studie von Dr. Yvonne Lott, Forscherin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Die Analyse beruht auf Daten aus Pairfam, einer jährlichen Umfrage zu den Themen Partnerschaft und Familie. Ausgewertet wurden die Angaben von 790 Paaren, bei denen jeweils beide Partner im Jahr 2016 berufstätig waren.
Viele der Befragten sind regelmäßig in ihrer Freizeit erreichbar und beantworten Mails oder Anrufe. Es trifft oft diejenigen, die in der Hierarchie entweder weit oben oder ganz unten stehen: Der Analyse zufolge sind etwa 36 Prozent der leitenden Angestellten in den beobachteten Paaren mit arbeitsbezogenen Nachrichten in der Freizeit befasst. Unter den einfachen Arbeitern sind es sogar 38 Prozent. Nicht immer geschieht das aus freien Stücken. Sowohl unter den leitenden Angestellten als auch unter den einfachen Arbeitern geben rund 18 Prozent an, dass sie nach Feierabend verfügbar sein müssen oder sich zumindest dazu verpflichtet fühlen.
Dabei darf man nicht übersehen: Wie belastend Arbeit außerhalb der regulären Arbeitszeit empfunden wird, kann sehr unterschiedlich sein. In der Regel sind es die Manager, die Arbeitsaufträge erteilen und Aufgaben delegieren. Umgekehrt sind die einfachen Arbeiter gewöhnlich diejenigen, die Aufträge empfangen – ein Gefühl fehlender Autonomie und Kontrolle kann bei ihnen die Unzufriedenheit mit der Work-Life Balance verstärken, besonders wenn sie damit am Feierabend konfrontiert sind. Ein Grund für die geringere Zufriedenheit: Den Befragten fällt es oft schwerer, von der Arbeit abzuschalten oder sich Zeit für Freizeitaktivitäten zu nehmen.
Interessanterweise sind diejenigen, die in der Freizeit arbeiten, vor allem dann unzufrieden, wenn sie das Gefühl haben, sie müssten erreichbar sein. Auf einer Skala, bei der 0 für minimale und 10 für maximale Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Job und Privatleben steht, erreichen Beschäftigte mit Firmenkontakt in der Freizeit lediglich den mittleren Wert 5,08, wenn sie glauben, zur Erreichbarkeit verpflichtet zu sein. Bei denen, die in der Freizeit grundsätzlich keinen Kontakt mit dem Unternehmen haben, liegt der Mittelwert dagegen bei 6,25. „Mehr als ein Punkt auf der Skala, das ist ein großer Unterschied durch einen einzelnen Faktor. Denn generell ordnen sich die meisten Probanden bei Befragungen zur Zufriedenheit sehr stabil ein Stück oberhalb der Mitte ein. Das Gefühl, nie ganz abschalten zu dürfen, stellt also eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität dar“, erklärt Forscherin Lott.
Beschäftigte, die nach Feierabend das Smartphone auf berufliche Nachrichten checken, aber das nach eigenem Empfinden nicht tun müssten, liegen in ihrer mittleren Zufriedenheit mit 6,11 näher an der Gruppe ohne Kontakt zur Arbeit, sind also vergleichsweise wenig gestresst. Dieses Verhalten wird in der Gesundheitsforschung auch als „interessierte Selbstgefährdung“ bezeichnet, schreibt Lott. Die Betroffenen hätten vor allem ihren beruflichen Erfolg im Blick, merken dabei aber nicht oder ignorieren, dass ihr Arbeitsverhalten belastend für die Gesundheit sein kann.
Für den Partner oder die Partnerin ist es hingegen völlig egal, warum die oder der andere Mails beantwortet und Anrufe entgegen nimmt. Die Tatsache, dass er oder sie in der Freizeit arbeitet, senkt bei Partnerin oder Partner die Zufriedenheit mit der eigenen Work-Life-Balance, wie die Analyse zeigt. Die Verschlechterung liegt bei fast einem halben Punkt auf der Skala zwischen 0 und 10. Auch das ist ein statistisch signifikanter Effekt, betont die WSI-Forscherin – und ein deutliches Indiz dafür, dass mobile Arbeit in der Freizeit die Partnerschaft belasten kann.
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