10.12.2019 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Steuerberaterkammer München.
Antworten auf die wichtigsten Fragen gibt Heinz-Josef Friehe, Präsident des BfJ, im Gespräch mit Thorsten Eckardt aus der Pressestelle.
Eckardt: „Herr Friehe, für welche Unternehmen wird die Frist zur Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen für das Geschäftsjahr 2018 am 31. Dezember 2019 ablaufen?“
Friehe: „Der Fristablauf am 31. Dezember 2019 betrifft diejenigen offenlegungspflichtigen Unternehmen, deren Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht. Denn grundsätzlich sind die Unterlagen spätestens ein Jahr nach dem Abschlussstichtag des Geschäftsjahrs einzureichen, auf das sie sich beziehen.
Offenlegungspflichtig sind vor allem Kapitalgesellschaften wie etwa die GmbH und die Aktiengesellschaft. Hinzu kommen Personenhandelsgesellschaften, für die keine natürliche Person persönlich haftet; das klassische Beispiel hierfür ist die GmbH & Co. KG. Außerdem bestehen Offenlegungspflichten für Zweigniederlassungen von ausländischen Kapitalgesellschaften sowie - nach dem Publizitätsgesetz - für bestimmte besonders große Unternehmen. Unabhängig von der Rechtsform müssen bestimmte Energieversorgungsunternehmen, Banken und Versicherungsunternehmen sowie Emittenten von Vermögensanlagen, Investmentvermögen und Kapitalverwaltungsgesellschaften ihre Rechnungslegungsunterlagen offenlegen.
Für die zuletzt genannten Fallgruppen gelten allerdings kürzere Offenlegungsfristen. Emittenten von Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes haben beispielsweise für die Offenlegung lediglich sechs Monate Zeit. Und wo wir einmal beim Thema sind: Kapitalmarktorientierte Unternehmen müssen ihre Abschlussunterlagen bereits vier Monate nach dem Abschlussstichtag offenlegen."
Eckardt: „Welche Unterlagen sind denn konkret offenzulegen?“
Friehe: „Das hängt zunächst von der Größe des Unternehmens ab. Die Größe wird durch die Bilanzsumme, die Umsatzerlöse und die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bestimmt. In verschiedenen Fällen sind mehr Unterlagen als nur der Jahresabschluss offenzulegen. Kleine Gesellschaften müssen nur die Bilanz und den Anhang veröffentlichen lassen. Kleinstgesellschaften müssen sogar nur die Bilanz offenlegen und haben die Möglichkeit, sie zu hinterlegen. Wichtig ist, dass der festgestellte beziehungsweise der gebilligte Jahresabschluss eingereicht wird. Andernfalls wird die Offenlegungspflicht nicht erfüllt.“
Eckardt: „Was bedeutet in diesem Zusammenhang Hinterlegung?“
Friehe: „Die Möglichkeit der Hinterlegung stellt eine Erleichterung für die Kleinstgesellschaften dar. Wenn ein Unternehmen seine Unterlagen hinterlegen statt offenlegen möchte, reicht es die Unterlagen - wie sonst auch - beim Betreiber des Bundesanzeigers ein, gibt dabei aber an, dass eine Hinterlegung erfolgen soll. Eine Bilanz, die hinterlegt ist, kann nicht ohne Weiteres im Unternehmensregister oder im Bundesanzeiger eingesehen werden. Stattdessen muss sie nach vorheriger Anmeldung im Unternehmensregister kostenpflichtig abgerufen werden.“
Eckardt: „Was gilt denn für Unternehmen, deren Geschäftsbetrieb ruht – gibt es für diesen Fall Erleichterungen?“
Friehe: „Was die handelsrechtliche Offenlegungspflicht betrifft, gibt es keine Erleichterungen – auch wenn immer wieder Unternehmen geltend machen, ihre Offenlegungspflicht sei aufgrund einer Vereinbarung mit dem Finanzamt entfallen. Einen Wegfall der handelsrechtlichen Offenlegungspflicht sieht das HGB in derartigen Fällen nicht vor. Auch der durch die Offenlegungspflicht verfolgte gesetzliche Zweck, den Marktteilnehmern einen Überblick über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens zu ermöglichen, ist ja weiterhin gerechtfertigt. Ebenso ist es übrigens bei insolventen Unternehmen und bei Unternehmen, die sich in Liquidation befinden.“
Eckardt: „Okay. Und gibt es noch weitere handelsrechtliche Offenlegungspflichten?“
Friehe: „In der Tat haben wir über eine Fallgruppe noch gar nicht gesprochen: Unternehmen des Rohstoffsektors im Sinne der §§ 341q ff. HGB. Hierzu zählen Unternehmen, die in der mineralgewinnenden Industrie oder auf dem Gebiet des Holzeinschlags in Primärwäldern tätig sind. Diese Unternehmen haben zusätzlich zu den Rechnungslegungsunterlagen Berichte über Zahlungen an staatliche Stellen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit im Rohstoffsektor offenzulegen, und zwar grundsätzlich ebenfalls innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Geschäftsjahrs. Für kapitalmarktorientierte Unternehmen beträgt diese Frist sechs Monate.“
Eckardt: „Was genau droht einem Unternehmen, das eine Offenlegungspflicht nicht beachtet?“
Friehe: „Gegen offenlegungssäumige Unternehmen leitet das BfJ ein Ordnungsgeldverfahren ein. Das Unternehmen wird hierbei schriftlich aufgefordert, innerhalb einer sechswöchigen Nachfrist seine offenlegungspflichtigen Unterlagen beim Bundesanzeiger einzureichen oder die Unterlassung mittels Einspruchs zu rechtfertigen. Gleichzeitig wird ein Ordnungsgeld in einer Höhe von regelmäßig 2.500 Euro angedroht. Sofern das Unternehmen den Aufforderungen nicht entspricht, wird das angedrohte Ordnungsgeld festgesetzt. Bei anhaltender Offenlegungssäumigkeit wird zusätzlich mit jeder Festsetzung ein weiteres Ordnungsgeld angedroht. Dabei werden die Ordnungsgelder schrittweise erhöht.“
Eckardt: „Wie kann denn die Zahlung eines Ordnungsgelds unter Umständen vermieden oder nachträglich abgewendet werden?“
Friehe: „Vermieden werden kann ein Ordnungsgeld nur durch Offenlegung spätestens innerhalb der Nachfrist. Eine generelle Befreiung gibt es nicht. Auch eine Fristverlängerung ist nicht möglich. Bei unwesentlichen Überschreitungen der Nachfrist wird das Ordnungsgeld jedoch deutlich geringer festgesetzt. Anders ist es, wenn jemand Fristen unverschuldet versäumt. Liegen besondere Gründe wie zum Beispiel Krankheit vor, die die Offenlegung verhindern, kann dem Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen die sogenannte „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ gewährt werden. Rechtmäßig festgesetzte Ordnungsgelder können allerdings nicht wieder aufgehoben werden. Ich rate daher dringend den Unternehmen, die eine Androhung von uns erhalten, sich damit möglichst schnell auseinanderzusetzen. Dies kann die finanzielle Belastung häufig jedenfalls vermindern.“
Eckardt: „Und wenn es doch passiert ist: Was können Unternehmen tun, die sich gegen ein festgesetztes Ordnungsgeld wehren möchten?“
Friehe: „Gegen das Ordnungsgeld ist die Beschwerde vor dem Landgericht Bonn zulässig. Bevor die Beschwerde an das Landgericht Bonn geht, hat das BfJ noch die Möglichkeit, der Beschwerde abzuhelfen, das Ordnungsgeld also selbst wieder aufzuheben.“
Eckardt: „Und wo kann man sich informieren, wenn man sich nicht sicher ist, ob und wann man zur Offenlegung verpflichtet ist?“
Friehe: „Unsere Internetseite www.bundesjustizamt.de enthält weitere Informationen zum Ordnungsgeldverfahren. Das BfJ ist allerdings nicht berechtigt, Rechtsberatung zu leisten. Hierfür sind die Angehörigen der rechtsberatenden Berufe zuständig.“
Eckardt: „Herr Friehe, wozu raten Sie abschließend den Vertretungsberechtigten deutscher offenlegungspflichtiger Unternehmen?“
Friehe: „Wie in den vergangenen Jahren möchte ich auch in diesem Jahr wieder dazu aufrufen, die Offenlegungspflicht einzuhalten. Seit 2007 hat sich die Quote der Offenlegungen zwar von 10 Prozent auf über 90 Prozent erhöht. Aber noch immer legen nicht alle Unternehmen ihre Rechnungslegungsunterlagen offen. Die betroffenen Unternehmen sollten die am Ende des Jahres ablaufende Frist nicht aus dem Blick verlieren. Daher mein dringender Rat an die Unternehmen: Veröffentlichen Sie Ihre Rechnungslegungsunterlagen rechtzeitig!“
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