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BFH zur Behandlung von Umzugskosten beim Arbeitgeber

19.11.2019  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Liegen ein tauschähnlicher Umsatz oder eine Entnahme vor, wenn ein Arbeitnehmer für den Arbeitgeber ins Ausland umziehen muss und das Unternehmen Makler für die Wohnungssuche beauftragt? Lesen Sie jetzt im Fachartikel von Udo Cremer mehr zu dem Fall, über den der Bundesfinanzhof entschieden hat.

  1. Beauftragt eine Konzerngesellschaft Makler für die Wohnungssuche von Angestellten, die aufgrund einer konzerninternen Funktionsverlagerung aus dem Ausland an den Standort der Konzerngesellschaft in das Inland versetzt werden und trägt die Konzerngesellschaft die Kosten hierfür, liegt im Verhältnis zu den zu ihr versetzten Arbeitnehmern weder ein tauschähnlicher Umsatz noch eine Entnahme vor.
  2. In einem solchen Fall ist die Konzerngesellschaft aus den von ihr bezogenen Maklerleistungen entsprechend ihrer Unternehmenstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Die Klägerin erbringt nach ihrem Unternehmensgegenstand Dienstleistungen an Gesellschaften einer Konzerngruppe, der sie angehört. Die Klägerin wurde mit der Aufgabe gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Gruppengesellschaften zu verstärken und sollte eine zentrale Führungsposition hinsichtlich der Gruppenstrategie und internen Richtlinien übernehmen. Hierfür wurden Zuständigkeiten und Funktionen vom Hauptsitz und anderen Standorten auf die Klägerin in das Inland verlagert. Im Zuge der Funktionsverlagerung und der Aufnahme der gruppeninternen Dienstleistungserbringung mussten erfahrene Mitarbeiter, die zuvor am Hauptsitz und an anderen Standorten tätig waren, an den Standort Z der Klägerin versetzt werden, damit die Klägerin ihre Tätigkeit aufnehmen konnte. Im Jahr 2013 vereinbarte die Gruppe deshalb mit verschiedenen Mitarbeitern schriftlich, dass diese künftig für die Klägerin in Z arbeiten. In diesem Zusammenhang wurde Mitarbeitern, die bislang im Ausland tätig waren und daher erst nach Z umziehen mussten, zugesagt, verschiedene dabei entstehende Kosten zu übernehmen. Insbesondere sollten sie bei der Suche nach einer Wohnung oder einem Haus unterstützt werden. Dementsprechend zahlte die Klägerin im Streitjahr 2013 für Angestellte, die von anderen Konzerngesellschaften zu ihr wechselten und nach Z umzogen, Maklerprovisionen aus ihr erteilten Rechnungen. Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das FA davon aus, dass die Kostenübernahme arbeitsvertraglich vereinbart gewesen sei, weshalb es sich um einen tauschähnlichen Umsatz gehandelt habe. Bemessungsgrundlage sei der gemeine Wert der Gegenleistung. Daher wurden die Umsätze zum Regelsteuersatz für die Voranmeldungszeiträume Juli bis Oktober 2013 um insgesamt 49.425 EUR erhöht. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Die Klägerin gab ihre Umsatzsteuererklärung 2013 ohne Berücksichtigung der vom FA angenommenen tauschähnlichen Umsätze ab. Daher erließ das FA einen seiner Rechtsauffassung entsprechenden Änderungsbescheid, der gemäß § 365 Abs. 3 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Demgegenüber gab das FG der Klage statt. Nach seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2018, 1496 veröffentlichten Urteil liegt eine Leistung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG nicht vor, wenn der Arbeitgeber schriftlich zugesagte Kosten im Zusammenhang mit dem Umzug von Mitarbeitern übernimmt, um die für eine Konzernumstrukturierung benötigten Mitarbeiter zum Umzug zu veranlassen. Auch eine steuerbare unentgeltliche Leistung i.S. des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG liege unter Berücksichtigung der zur Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) ergangenen Rechtsprechung des EuGH hinsichtlich der vom Arbeitgeber übernommenen Maklerkosten nicht vor, da die Kostenübernahme bereits bei einem Konzern beschäftigte Arbeitnehmer betroffen habe, um dadurch schnell eine Konzernumstrukturierung zu ermöglichen. Der private Bedarf der Arbeitnehmer, den Arbeitsplatz rechtzeitig zu erreichen, sei auch nach der Rechtsprechung des BFH hinter das unternehmerische Interesse des Arbeitgebers zurückgetreten, so dass die Umzugskostenübernahme durch vorrangige unternehmerische Interessen veranlasst gewesen sei. Ein so zurücktretender persönlicher Vorteil des Arbeitnehmers stehe auch dem Vorsteuerabzug nicht entgegen.

Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH Urteil vom 6.6.2019, V R 18/18). Beauftragt eine Konzerngesellschaft Makler für die Wohnungssuche von Angestellten, die aufgrund einer konzerninternen Funktionsverlagerung aus dem Ausland an den Standort der Klägerin in das Inland versetzt werden und trägt sie die Kosten hierfür, liegt im Verhältnis zu den zu ihr versetzten Arbeitnehmern weder ein tauschähnlicher Umsatz noch eine Entnahme vor. Zudem ist die Klägerin aus den von ihr bezogenen Maklerleistungen entsprechend ihrer Unternehmenstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Das FG hat den tauschähnlichen Umsatz zutreffend verneint. Der erkennende Senat hat nicht zu entscheiden, ob die Klägerin mit der Übernahme der Umzugskosten eine Leistung an ihre Arbeitnehmer erbracht hat. Es liegen jedenfalls nicht die Voraussetzungen für eine Entgeltlichkeit einer derartigen Leistung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes vor. Steuerbar sind gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG die Leistungen, die ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens im Inland erbringt. Nach § 3 Abs. 12 Satz 1 UStG liegt ein Tausch vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht, nach Satz 2 dieser Vorschrift handelt es sich um einen tauschähnlichen Umsatz, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht. Die MwStSystRL enthält keine § 3 Abs. 12 UStG entsprechende Bestimmung. Gleichwohl besteht kein Verstoß gegen die Richtlinie, da sich die durch § 3 Abs. 12 UStG angeordneten Rechtsfolgen nach der Rechtsprechung des EuGH aus der Auslegung der Richtlinie ergeben. Hierzu hat der EuGH jüngst entschieden, dass es sich bei Tauschverträgen, bei denen die Gegenleistung in einer Sachleistung besteht und Umsätzen, bei denen die Gegenleistung in Geld erbracht wird, unter wirtschaftlichen und geschäftlichen Gesichtspunkten um zwei gleichartige Situationen handelt. Die Klägerin erbrachte mit der Übernahme der Umzugskosten keine Leistung gegen Entgelt an die hiervon begünstigten Arbeitnehmer, so dass kein tauschähnlicher Umsatz vorliegt.

Es ist auch keine Entnahme zu erfassen. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG stellt die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch Unternehmer einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleich, wenn diese Leistungen für Zwecke erfolgen, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern es sich nicht um Aufmerksamkeiten handelt. Die Besteuerung dieser Leistungsentnahme beruht auf Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL (zuvor Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern --Richtlinie 77/388/EWG--), der die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichstellt, wenn sie für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke erfolgen. Daraus folgt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass Leistungen an Arbeitnehmer, die aus der Sicht des Arbeitnehmers dessen privaten Zwecken dienen, wie z.B. die Beförderung von der Wohnung zum Arbeitsplatz und die Abgabe von Mahlzeiten, nur dann nicht als Entnahme zu berücksichtigen sind, wenn ausnahmsweise der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer daraus ziehen, gegenüber den Bedürfnissen des Unternehmens als nur untergeordnet erscheint. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat das FG auf der Grundlage seiner Feststellungen zu Recht entschieden, dass eine Entnahmebesteuerung nicht vorzunehmen ist. Das FG konnte zutreffend davon ausgehen, dass der private Bedarf der Arbeitnehmer hinter dem unternehmerischen Interesse der Klägerin zurücktrat, erfahrene Mitarbeiter des Konzerns unabhängig von deren bisherigem Arbeits- und Wohnort für den Aufbau der Klägerin als neuem Konzerndienstleister nicht zuletzt rasch nach Z zu holen.

Die Klägerin ist auch zum Vorsteuerabzug berechtigt. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 168 Buchst. a MwStSystRL. Danach ist der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen. Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 9 MwStSystRL) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Nr. 1 Buchst. a und c MwStSystRL) zu verwenden beabsichtigt. Dabei muss der direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz vorliegen, der z.B. zur wirtschaftlichen Gesamttätigkeit bestehen kann. Beabsichtigt der Unternehmer bereits beim Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S. von § 3 Abs. 9a UStG zu verwenden, ist er allerdings nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Wie das FG zutreffend entschieden hat, ist die Klägerin aufgrund ihres vorrangigen Unternehmensinteresses, hinter dem das Arbeitnehmerinteresse an der Begründung eines neuen Familienwohnorts zurücktritt und das eine Entnahmebesteuerung nicht zu begründen vermag, zum Vorsteuerabzug berechtigt. Sie ist daher entsprechend ihrer Unternehmenstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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