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Außergewöhnliche Architektur: Museum Corones

11.12.2019  — Lukas Haß.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Gebäude, die sich den architektonischen Normen widersetzen, faszinieren immer wieder aufs Neue. Was Architekten sich alles einfallen lassen und auch verwirklicht haben, erfahren Sie in unserer Reihe "Außergewöhnliche Architektur". Heute: das Museum Corones.

Dieses Mal bewegen wir uns in sehr luftigen Sphären, genauer gesagt in 2275 Meter Höhe. Auf dem Kronberg in Südtirol befindet sich nämlich die Corones, das letzte der insgesamt sechs Museen von Reinhold Messner. Hier wird nicht nur Alpingeschichte erzählt, sondern auch hautnah erlebt. Denn auf dem Aussichtstableau des futuristisch anmutenden Museums lässt sich im Rundumblick das Bergpanorama der Dolomiten sowie der Alpen bestaunen.

Von pxhere, Museum Corones Eingangsbereich, CC0 1.0

Bau und Architektur

Die Aussicht vom Kronplatz zählt zu den schönsten der Alpen. Der Berg liegt an einem kulturellen Dreiländereck. Hier vereinigen sich die deutsche, die italienische und die ladinische Kultur. Im Winter wimmelt es hier von Ski-Touristen. Im Sommer jedoch betrug der gesamte Umsatz gerade einmal 2 %. Grund genug für den Südtiroler Tourismusverband, das Plateau auch in der warmen Jahreszeit zu beleben und eine Aussichtsplattform entstehen zu lassen.

An dieser Stelle kam Reinhold Messner ins Spiel, seines Zeichens legendärer Extrembergsteiger, Abenteurer und Autor. Messner erfuhr von den Plänen und schlug eine kulturelle Aufwertung vor. Ein Museum sollte her, ein Ort der Entschleunigung und der Ehrfurcht vor der hiesigen Berglandschaft. Es sollte das letzte Museum sein, das das Messner Mountain Museum-Projekt abschließt. Passenderweise erhielt das Gebäude den Namen Corones, was aus dem Ladinischen übersetzt nichts anderes als Krönung bedeutet.

Niemand geringeres als das Architekturbüro von Zaha Hadid (u. a. bekannt für den Dubai Financial Market oder das London Aquatic Center) konnte für die Umsetzung des Baus gewonnen werden. Der Bau eines Gebäudes auf über 2000 Meter Höhe war auch für die Stararchitektin ein absolutes Novum. Pritzker-Preisträgerin Hadid ist für ihre Freiform-Architektur bekannt und so war es auch der Wille und die Voraussetzung Messners, dass die Corones eine perfekte Symbiose mit Natur und Umgebung eingehen muss.

Als Bekleidungsmaterial wurde Beton gewählt, sowohl für innen als auch für außen. Optisch und haptisch kommt Beton dem Thema Fels am nächsten. Dementsprechend wenig wurden farbliche Elemente verwendet, um nicht zu stark in die Natur einzugreifen und eine zusätzliche Verbauung des Gipfels zu vermeiden. So fügt sich das Gebilde nahezu perfekt in die umliegende Gebirgslandschaft ein.

Von lenzmoser, Museum Corones Aussichtsplattform, CC BY-ND 2.0

Ein Museum in einer solchen Höhe und Lage zu errichten, grenzt nicht nur an eine logistische und statische Herausforderung, sondern kann auch schnell an rechtlichen Hindernissen scheitern. Denn alles, was über 1600 Meter gebaut wird, fällt unter Landschaftsschutz und benötigt so eine Sondergenehmigung. Deshalb wurde das Museum zum größten Teil unterirdisch gebaut. Um die spezielle Vegetation zu erhalten, wurden die ersten 30 cm des Aushubs wieder auf den geschlossenen Bau aufgetragen. So fügt sich der Bau fließend in die Natur ein und greift kaum in die sichtbare Landschaft ein.

Nutzung

Das Messner Mountain Museum Corones thematisiert in erste Linie die Alpengeschichte und den traditionellen Alpinismus, der laut Messner in seiner ursprünglichen Form nicht mehr existent ist. Im Inneren des Untergrundbaus begegnen interessierte Besucher einer Vielzahl an Gemälden und Fotografien, aber auch Kletterausrüstungen und einer beachtlichen Anzahl an persönlichen Gegenständen aus Messners Privatbesitz.

Die anschaulichen Geschichten großer Persönlichkeiten erzählen von Triumphen und Tragödien an den berühmtesten Bergen der Welt, die oftmals zum Nachdenken anregen. Ein kleines Kino mit kurzen Informationsfilmen und ein Café sind ebenfalls in den Räumlichkeiten der Corones vorzufinden.

Von lenzmoser, Weg zur Aussichtsplattform, CC BY-ND 2.0

Wem das noch nicht ausreicht, den versetzt spätestens das Betreten einer der drei Aussichtsplattformen in großes Staunen. Denn hier befindet sich das eigentliche Highlight des Museums. Die Ausblicke aus den Fenstern und die begehbare Plattform sind so ausgerichtet, dass der Blick auf ganz bestimmte Berge fällt, die im Leben Messners eine besondere Rolle spielen. Da sind zum einen der Heiligkreuzkofel, wo Messner eine besonders schwere Route erstbegangen ist und zum anderen der Petlerkofel, in dessen Nähe er aufgewachsen ist. Ebenfalls bietet das Plateau eine wunderbare Sicht auf den Ortler, mit 3905 Metern Südtirols höchster Berg.

Kontroversen:

Wie in so vielen ambitionierten Architekturprojekten wurden auch die Stimmen der Baugegner vor, während und nach der Umsetzung des Projektes laut. Als Teil des Messner Mountain Museum-Kollektivs wird die Corones gerne scherzhaft als „Messners Mausoleum“ oder „Disneyland“ verschrien, die die Südtiroler Kultur zerstöre.

Ob ein Museum an einem solchen Ort großen Sinn macht, kann kontrovers diskutiert werden. Messner möchte die schöne, ehrfürchtige und heile Bergwelt ehren und Besucher daran teilhaben lassen. Auf der anderen Seite sind es eben jene immer größere Besuchermassen, die nicht zum Schutz der Landschaft beitragen, die er einzufordern versucht.

Den (berechtigten) Einwänden zum Trotz: Selten findet man ein Gebäude vor, welches die Architektur und die inhaltliche Botschaft so stimmig zusammenbringt wie die Corones in den Südtiroler Alpen.

Bild: rawpixel.com (Pexels, Pexels Lizenz)

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