Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Zum Greifen nah: Gebundenes Kapital im Spannungsfeld der Abteilungen – ungenutzte Liquiditätsreserven kommen Unternehmen teuer zu stehen

04.09.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Personalberatung TreuenFels.

Schön, wenn es in schlechten Zeiten auch ein paar gute Nachrichten gibt: In vielen Unternehmen schlummern deutlich unterschätzte Cash-Potenziale und diese lassen sich zumeist sehr kurzfristig aktivieren.

Der Schlüssel zu diesen internen Geld-Quellen liegt in der Optimierung des Working Capital, der Differenz aus Umlaufvermögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten. Working Capital liefert eine wichtige Kennzahl zur Beurteilung der Liquiditätssituation eines Unternehmens: Ist der Wert zu hoch, ist zu viel Kapital im Unternehmen gebunden, das anderweitig finanziert werden muss. Bei einem zu niedrigen Wert hingegen kann ein Liquiditätsengpass die Folge sein, der im schlimmsten Fall in die Insolvenz führt.

Während große Konzerne durch die Optimierung des Working Capital Milliardenbeträge an Liquidität freisetzen können, handelt es sich beim Mittelstand jeweils „nur“ um einige Millionen. Verschenktes Geld, das in guten Zeiten offenbar nicht so sehr schmerzte. Vor dem Hintergrund der aktuellen Krise kann ein fehlendes bzw. schlechtes Working Capital Management allerdings lebensbedrohend sein. „Liquidität schlägt Rentabilität“ sagt der Kaufmann oder etwas amerikanischer: „Cash is king“. In Krisenzeiten spüren die Unternehmen die Tragweite dieses Leitsatzes umso mehr, denn für viele bedeutet Liquidität schlicht und ergreifend: Sein oder Nicht-Sein. Martin Franssen, der als Interim Manager zahlreiche internationale Finance-Projekte leitete, fasst die Thematik wie folgt zusammen: „Ein schlechtes Working Capital Management ist oft nicht Symptom, sondern Ursache für eine Unternehmenskrise.“

Vorrats-, Forderungs-, Verbindlichkeitsmanagement

Beim Working Capital Management geht es im Kern um die drei Themen Vorrats-, Forderungs- und Verbindlichkeitsmanagement. Dazu gehören u.a. die Reduzierung der Lagerbestände, das Strecken von Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten und die Realisierung von kürzeren Zahlungsfristen der Kunden. Alles mit dem Ziel, das gebundene Kapital im Unternehmen zu reduzieren und die Cash-Situation zu verbessern.

Potenzial für Cash-Effekte deutlich unterschätzt

Warum aber wird das vorhandene Potenzial so wenig genutzt? Für Helmut Friesdorf, Berater und Interim Manager mit Schwerpunt Working Capital & Profitability, liegt es vor allem an der deutlichen Unterbewertung des Themas: „Zu allererst wird die Höhe des gebundenen Kapitals weit unterschätzt, dementsprechend erscheint dann ein internes Projekt oder eine externe Beratung für ein solches „Nebenthema" zu aufwändig und zu teuer. Was vielen nicht bewusst ist: Allein durch die Zinseinsparung zahlt sich eine externe Beratung schon in zwei bis drei Monaten aus.“ Aus Sicht von Michael Ryll, der als Berater und Interim Manager vor allem für produzierende Unternehmen Restrukturierungsprojekte leitet, gibt es bei nahezu allen Mittelständlern Optimierungsbedarf: „Auch wenn das Potenzial sehr unterschiedlich ist, die Frage des Kosten-/Nutzen-Verhältnisses einer umsetzungsorientierten Beratung kann für den mittleren Mittelstand durchgehend positiv beantwortet werden.“

Temporärer Fokus ohne strukturelle Absicherung keine Lösung

Es reicht allerdings bei weitem nicht, das Thema als einmaliges Projekt zu betrachten, das zwar schnelle Cash-Ergebnisse liefern kann, aber nach einer gewissen Zeit wieder aus den Augen verloren wird: „Schnelle Verbesserungen ohne strukturelle Absicherung haben nur einen kurzfristigen positiven Effekt und verpuffen schnell wieder – oder es zeigen sich sogar Probleme an anderen Stellen“, stellt Helmut Friesdorf fest. „Working Capital ist zwar immer ein Thema im Unternehmen, wird aber in seiner Relevanz eher als Nebenthema des laufenden Supply Chain Prozesses betrachtet. Ohne temporären Fokus, ohne externe Erfahrungen und ohne objektive Berater, die eine fundierte und bestenfalls schonungslose Analyse durchführen, ohne darauf basierte Erkenntnisse, Regelungen und Kennzahl-Systeme, wird es ein Randthema mit schlummerndem Potenzial bleiben.“

5 Prozent des Jahresumsatzes an Cash-Potenzial

Friesdorf rechnet anhand eines Beispiels vor: „Aus meiner Erfahrung liegt das Potenzial von Working Capital häufig zwischen 20 und 30 Prozent. Wenn Sie bedenken, dass allein Vorräte und Forderungen zusammen im Schnitt 20 bis 35 Prozent des Jahresumsatzes entsprechen, so können Sie mit gut 5 Prozent des Jahresumsatzes an zusätzlichem Cash-Potenzial rechnen. In Einzelfällen sicher auch das doppelte. In einem Unternehmen mit 500 Millionen Euro Umsatz schlummert also durchschnittlich ein Potenzial von 25 Millionen Euro. Dieses Geld ist kostenfrei für die eigene Finanzierung und sichert nebenbei auch noch günstigere Konditionen für weitere Kredite.“

Einseitige Abteilungsinteressen beeinträchtigen Working Capital Situation

Was in der Theorie verlockend und einfach klingt, stellt sich in der Praxis allerdings deutlich problematischer dar, so Michael Ryll: „Zwischen den Abteilungen Finanzen, Vertrieb und dem technischen Bereich mit Produktion sowie Forschung & Entwicklung besteht ein immerwährendes Spannungsverhältnis, das die Höhe des Working Capital beeinflusst. Jeder vertritt dabei seine eigenen Interessen.“ Michael Ryll erläutert dies anhand eines Beispiels: „Der Vertrieb ist an hochinnovativen Produkten interessiert, möchte seine Kunden grundsätzlich sofort beliefern können und will sie nicht durch verschärfte Zahlungskonditionen verärgern. Stimmt er sich hinsichtlich der Produktionszeiten nicht rechtzeitig mit der Leitung ab oder lässt er die Außenstände zu lange schleifen, verschlechtert dies deutlich die Working Capital Situation. Für die Finanzabteilung, die durch den Vertrieb einerseits die Primärliquidität generiert, ist dies natürlich ein großes Problem, denn sie will ja andererseits das Umlaufvermögen möglichst klein halten. Wenn es keinen übergreifenden Konsens gibt, läuft das Thema schnell aus dem Ruder und kann im Unternehmen eine immense Fehlbalance auslösen.“

Initiative zur Optimierung durch Geschäftsführung

Die immerwährende Optimierung des Working Capital muss die vollständige Unterstützung der Geschäftsführung erfahren. Helmut Friesdorf bemerkt hierzu: „Working Capital Management ist immer auch ein Anliegen des gesamten Unternehmens. Eine Optimierung von unten heraus wird selten gelingen, weil die Vernetzung der Anforderungen an das Working Capital zu hoch ist. Allein das Zusammenspiel von Prognose-Genauigkeit, Lieferfähigkeit und Produktionslosgröße wird selten von einer Abteilung allein verantwortet. Wenn dann noch über die gesamte Lieferkette von der Bestellung, über die Produktionsstufen und Standorte bis zu den Vertriebslägern, Kundenlieferungen und Kundenforderungen optimiert werden soll, dann geht das nicht ohne eine umfassende, aber dennoch fokussierte Unternehmensinitiative.“

Voraussetzungen für optimales Working Capital Management

Interim Manager Martin Franssen beschreibt, auf welcher Basis das Working Capital optimal gemanagt werden kann: „Zunächst benötigt der Verantwortliche ein effizientes Planungs- und Berichtswesen, das die Komponenten des Working Capital akkurat und aktuell widerspiegelt. Führungskräfte und Mitarbeiter sollten dabei zumindest ein solides Grundverständnis betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge haben. Sehr wichtig für ein funktionierendes Working Capital Management sind eine unternehmensübergreifende Kommunikation sowie schnelle Entscheidungswege und -träger.“ Auf die Frage, welche „Hebel“ es für wirksames Working Capital Management gebe, antwortet Helmut Friesdorf: „Working Capital Management hat viel mit Psychologie und der Änderung von Denkweisen zu tun. Ich bin absolut kein Fan des Hebel-Begriffes, er suggeriert eine viel zu technische Sicht der Dinge. Jedes Unternehmen ist so speziell, dass wir die spezifischen, wirksamsten Hebel – oder besser gesagt Ansatzpunkte für konkrete Maßnahmen – erst herausfinden müssen. Ich würde eher fragen, was die Voraussetzungen für gutes Working Capital Management sind. Denn zum Beispiel ist Vorauskasse der größte Hebel zur Senkung des Forderungsbestandes, aber dieser Hebel ist in der Regel kaum zu bewegen. Wenn man die Bereiche Forderungs-, Vorrats- und Verbindlichkeitsmanagement gewichtet, liegt in der Regel das am schnellsten zu hebende Potenzial in den Forderungen.“

Factoring gewinnt an Bedeutung

Nicht umsonst gewinnen Instrumente im Bereich des Forderungsmanagement deshalb an Bedeutung. So zum Beispiel das Factoring. Doch Factoring mag für die einen ein hervorragendes Instrument zur Innenfinanzierung sein, während es für andere Unternehmen aufgrund der Gebühren keine Alternative darstellt. Michael Ryll bemerkt hierzu: „Die Frage, wie die Factoring-Gebühren gestaltet werden, hängt vom Unternehmensrating und von der Qualität der Kunden ab. Um zu prüfen, ob sich der Einsatz lohnt, lässt sich vom Grundsatz ausgehen: Factoring-Gebühren plus Zinskosten müssen unter den Kontokorrentzinsen liegen. In der Praxis stellt sich für viele allerdings auch die Frage, ob ein Kredit überhaupt zur Verfügung steht.“

Doch zurück zur Frage: Welches sind die Voraussetzungen für ein optimales Working Capital Management? Dazu Martin Franssen: „Grundlage hierfür sind ein effizientes Kreditoren- und insbesondere Debitorenmanagement, einschließlich des Mahnwesens. Gegebenenfalls sollte eine Kreditausfallversicherung abgeschlossen werden oder ein Factoring-Vehicle hinzugenommen werden. Im Produktionsbereich“, so Franssen weiter, „geht es nicht ohne eine effiziente Produktions- und Beschaffungsplanung sowie eine Flexibilität auf Seiten der Lieferanten. Und, last but not least, ebenfalls eine wichtige Voraussetzung: Zufriedene, zahlungswillige und vor allem -fähige Kunden. Das ist mittlerweile ja keine Selbstverständlichkeit mehr.“

Gesamtunternehmerische Aufgabe – Verantwortung beim CFO

Auch wenn das Thema eine gesamtunternehmerische Aufgabe ist, fällt Working Capital Management in den kaufmännischen Verantwortungsbereich: „Working Capital Management sollte eindeutig beim Kaufmann oder CFO angesiedelt sein – dieser erkennt die finanziellen Auswirkungen und steuert übergreifend“, beschreibt Helmut Friesdorf die gängige Unternehmenspraxis. „Dort wird es geplant, gesteuert und kontrolliert. Dies allerdings in enger Abstimmung mit den übrigen Unternehmensbereichen Einkauf, Produktion und Vertrieb, die hier die operative Verantwortung haben.“

Über TreuenFels:
Die Personalberatung TreuenFels ist spezialisiert auf die Rekrutierung und Auswahl von Fach- und Führungskräften im Finanz-, Rechnungs-, Bank- und Versicherungswesen sowie im Controlling. Von der Personalberatung über Projekt- und Interim Management, Personalvermittlung und Premium-Zeitarbeit bietet die Treuenfels GmbH sowohl temporäre als auch permanente Personallösungen. Gegründet wurde TreuenFels 1999 von Bernhard von Treuenfels, Inhaber des Unternehmens mit Hauptsitz in Hamburg. Geschäftsführerin ist seit 2008 Doris Mailänder. Mehr über TreuenFels unter: www.treuenfels.com   Kontakt:
Treuenfels GmbH
Steinhöft 11
20459 Hamburg
Tel. 040/70 70 84-0
Fax: 040/70 70 84-499
E-Mail: info@treuenfels.com
nach oben