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Zufluss von Gewinnausschüttungen an beherrschende Gesellschafter (Kommentar von Udo Cremer)

27.03.2015  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Ausschüttungen an den beherrschenden Gesellschafter einer zahlungsfähigen GmbH fließen diesem in der Regel auch dann zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gewinnverwendung i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zu, wenn die Gesellschafterversammlung eine spätere Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs beschlossen hat.

Der Kläger war im Streitjahr mit 80,98 % am Stammkapital der X GmbH beteiligt. Weitere Gesellschafter waren sein Sohn F (12,87 %) und seine Tochter S (6,15 %). Die X GmbH war ihrerseits mit 97,5 % an der Y GmbH beteiligt. Die übrigen 2,5 % an der Y GmbH hielt F. Am 5.11.2004 beschlossen die Gesellschafter der X GmbH eine Vorabausschüttung für das laufende Geschäftsjahr 2004 in Höhe von 4.140.000 €, die am 21.1.2005 zur Auszahlung fällig sein sollte. Der Beschluss über die Vorabausschüttung wurde in der Gesellschafterversammlung getroffen, in der auch der Jahresabschluss 2003 festgestellt wurde. Der Bilanzgewinn für 2003 in Höhe von 722.550 € wurde dabei auf neue Rechnung vorgetragen. Für 2003 war zuvor eine Vorabausschüttung in Höhe von 1.923.187 € an die Gesellschafter gewährt worden. Die Vorabausschüttung wurde wie festgelegt am 21.1.2005 an die Gesellschafter ausgezahlt. Auf den Kläger entfiel entsprechend seiner Beteiligungsquote ein Betrag in Höhe von 3.352.572 €.

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Der Auszahlungsbetrag belief sich nach Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag auf 2.645.179,08 €. Die X GmbH meldete die Kapitalertragsteuer zum Februar 2005 an; der Kläger deklarierte den ausgeschütteten Betrag in seiner Einkommensteuererklärung 2005 als Einnahmen aus Kapitalvermögen. Zuvor hatten die Gesellschafter der Y GmbH bereits am 27.9.2004 eine Vorabausschüttung für das laufende Geschäftsjahr 2004 in Höhe von 5 Mio. EUR beschlossen. Nach dem Ausschüttungsbeschluss war auch diese Ausschüttung am 21.1.2005 zur Auszahlung fällig. Die Y GmbH wies in ihrer Bilanz zum 31.12.2003 einen Kassenbestand in Höhe von 21.355.534 € und zum 31.12.2004 einen Kassenbestand in Höhe von 30.867.577 € aus. Der Gewinnvortrag zum 31.12.2003 betrug 16.766.381 € und der Gewinnvortrag zum 31.12.2004 lag bei 20.247.385,85 €. Das Eigenkapital der Y GmbH betrug zum 31.12.2003 28.023.500 € und zum 31.12.2004 33.208.106 €. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Y GmbH zu jeder Zeit in der Lage gewesen wäre, die beschlossene Vorabausschüttung an die X GmbH sofort auszubezahlen. Zur Fälligkeit von Ausschüttungen waren in den Gesellschaftsverträgen der X GmbH wie der Y GmbH keine Regelung getroffen worden.

In ihrer Bilanz zum 31.12.2004 wies die X GmbH einen Kassenbestand in Höhe von 299.402 € und zum 31.12.2003 einen solchen in Höhe von 23.501 € aus. Im Übrigen enthielt die Bilanz zum 31.12.2004 als Finanzanlage Anteile an verbundenen Unternehmen in Höhe von 2.605.010 €, Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen in Höhe von 3.846.375 € (Anspruch auf Vorabausschüttung gegenüber der Y GmbH nach Abzug der Kapitalertragsteuer inkl. Solidaritätszuschlag) und sonstige Vermögensgegenstände in Höhe von 1.408.849 €. Die Passivseite der Bilanz der X GmbH wies gezeichnetes Kapital in Höhe von 2 Mio. €, eine Kapitalrücklage in Höhe von 605.010 € (zum 31.12.2004 und zum 31.12.2003 jeweils identisch) und einen Bilanzgewinn in Höhe von 1.372.784 € zum 31.12.2004 und in Höhe von 722.550 € zum 31.12.2003 aus. In dem unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid 2004 hatte das FA die Vorabgewinnausschüttung nicht erfasst, da der Kläger diese in seiner Steuererklärung 2005 angegeben hatte.

Anlässlich einer Betriebsprüfung für die Jahre 2001 bis 2004 vertrat der Prüfer die Auffassung, der Anspruch des Klägers auf Auszahlung der Vorabausschüttung sei bereits mit dem Ausschüttungsbeschluss der Gesellschafterversammlung entstanden und sofort fällig. Bei einem beherrschenden Gesellschafter könne nur dann ein späterer Zuflusszeitpunkt angenommen werden, wenn die Satzung bindende Regelungen über eine spätere Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs enthalte, was im Streitfall unstreitig nicht gegeben sei. Entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung erließ das FA am 24.10.2007 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2004, in dem es dem Kläger unter Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens in Bezug auf die Vorabausschüttung Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.676.286 € hinzurechnete. Die dagegen nach --insoweit-- erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das FG mit in EFG 2012, 834 veröffentlichtem Urteil vom 17. Oktober 2011 7 K 783/08 ab.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH-Urteil vom 2.12.2014, VIII R 2/12). Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die Vorabausschüttung, die der Kläger von der X GmbH erhalten hat, diesem bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung, d.h. im Streitjahr 2004, zugeflossen ist. Die Auffassung des FG, die Vorabausschüttung stelle im Jahr 2004 gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu erfassende Gewinnanteile dar, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

Einnahmen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind, d.h. in dem er über diese wirtschaftlich verfügen kann. Geldbeträge fließen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Bankkonto des Empfängers gutgeschrieben werden. Bei beherrschenden Gesellschaftern ist der Zufluss eines Vermögensvorteils aber nicht erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto des Gesellschafters, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung anzunehmen; denn ein beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen. Diese Zuflussregel gilt jedenfalls dann, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist und sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet.

Im Streitfall hielt der Kläger 80,98 % der Geschäftsanteile der X GmbH und war daher beherrschender Gesellschafter. Sein Zahlungsanspruch gegen die X GmbH aufgrund der von der X GmbH beschlossenen Vorabausschüttung war der Höhe nach eindeutig und unbestritten. Darüber hinaus war der Anspruch auch fällig und richtete sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft. Zwar hatte die Gesellschafterversammlung der X GmbH die Fälligkeit der Vorabausschüttung auf den 21.1.2005 bestimmt. Der Beschluss über die Vorabausschüttung wurde indes bereits im November 2004, d.h. im Streitjahr, von der Gesellschafterversammlung gefasst. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist beim beherrschenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft als Zeitpunkt des Zuflusses von Gewinnanteilen in der Regel der Zeitpunkt der Beschlussfassung anzusehen und zwar selbst dann, wenn in dem Beschluss über die Ausschüttung ein späterer Fälligkeitszeitpunkt bestimmt war.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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