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Zu Unrecht erstattete Vorsteuern sind Betriebseinnahmen - einkunftsartbezogene Beurteilung bei späterer Rückzahlung von fehlerhaft erstatteten Vorsteuerbeträgen (Kommentar von Udo Cremer)

09.03.2015  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Experte Udo Cremer erklärt, warum zu Unrecht erstattete Vorsteuern als Betriebseinnahmen gewertet werden.

Die Kläger sind Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In den Streitjahren erzielte die Klägerin aus einer Beratungstätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Ab dem Jahr 2004 war auch der Kläger im Bereich der Unternehmensberatung gewerblich tätig. Die Kläger ermittelten ihre Gewinne jeweils durch Einnahmeüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Die Kläger haben in den Streitjahren Zahlungen an ihren Sohn (S) aufgrund eines mit ihm abgeschlossenen Freien-Mitarbeiter-Vertrages geleistet und als Betriebsausgaben abgezogen. Die in den entsprechenden Rechnungen des S gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer wurde von den Klägern als Vorsteuer gemäß § 15 UStG geltend gemacht. In der für die Jahre 2002 bis 2006 durchgeführten Prüfung im Wege der betriebsnahen Veranlagung kam der Prüfer zum Ergebnis, dem Vertragsverhältnis mit S sei die steuerliche Anerkennung zu versagen, weil es einem Drittvergleich nicht standhalte. Das FA ließ infolgedessen die von S in Rechnung gestellten Beträge einschließlich der ausgewiesenen Umsatzsteuer nicht mehr als Betriebsausgaben zum Abzug zu. Dementsprechend wurden am 28.11.2008 die Einkommensteuerbescheide 2002 und 2003 gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sowie die Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert. Die von ihm aufgrund der Rechnungen des S bislang erstatteten Vorsteuerbeträge sah das FA dabei weiterhin als betrieblich veranlasste Einnahmen an. Die Kläger wandten sich im Einspruchsverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide u.a. gegen die Qualifikation der Vorsteuererstattungen als Betriebseinnahmen.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Für die Verpflichtung zur Erfassung von Vorsteuererstattungsansprüchen als Betriebseinnahmen sei der Zeitpunkt der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Erstattungsbeträge maßgeblich. Unerheblich sei demgegenüber, ob der Zufluss zu Recht erfolgt sei.

Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (BFH-Urteil vom 12.11.2014, X R 39/13). Das FG ist zwar im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die vom FA erstattete Umsatzsteuer, die in den Rechnungen des Sohnes der Kläger ausgewiesen worden war, bei diesen zu Betriebseinnahmen geführt hat. Daran hat sich auch dadurch nichts geändert, dass das FA im Jahr 2008 den geltend gemachten Zahlungen an S samt der von ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer den steuerlichen Abzug versagt hat. Anhand der bislang getroffenen Feststellungen kann der erkennende Senat aber nicht abschließend beurteilen, zu welchem Zeitpunkt die Kläger die entsprechenden Vorsteuererstattungsbeträge tatsächlich vereinnahmt haben.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt eine Umsatzsteuererstattung bei dem Empfänger, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, zu Betriebseinnahmen. Dies gilt auch, wenn sich die Vorsteuer im Vorjahr nicht einkommensmindernd ausgewirkt hat (BFH-Urteil vom 29. Juni 1982 VIII R 6/79, BFHE 136, 238, BStBl II 1982, 755) oder wenn die Erstattung auf der Berücksichtigung eines Steuerabzugsbetrages gemäß der Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG beruht. Ebenfalls ist es unbeachtlich, ob der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist oder ob er seine Umsätze versteuert hat. Dass den Zahlungen und damit auch dem Vorsteuerabzug zu einem späteren Zeitpunkt die steuerliche Anerkennung versagt worden ist und die Kläger die erhaltene Vorsteuererstattung zurückzahlen mussten, ändert hieran nichts.

Der erkennende Senat kann jedoch nicht beurteilen, ob die Vorsteuern den Klägern bereits aufgrund der eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen in den Jahren erstattet worden sind, in denen S ihnen die Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hat. Es ist nicht auszuschließen, dass die Erstattungen erst im Laufe des jeweiligen Folgejahres vom FA an die Kläger geleistet wurden, so dass die Vorsteuererstattungen in diesen Veranlagungszeiträumen als Betriebseinnahmen zu erfassen wären. Bei der Einnahmeüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ist zu berücksichtigen, dass diese im Wesentlichen eine reine Geldrechnung ist, bei der Betriebseinnahmen und -ausgaben in erster Linie die betrieblich veranlassten Geldeingänge und Geldabgänge sind. Da es bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG infolgedessen auf die tatsächliche Erstattung der einzelnen Vorsteuerbeträge an die Kläger ankommt, wird das FG die genauen Zeitpunkte im zweiten Rechtsgang klären müssen.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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