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Vorsteuerabzug für privat genutzten Gebäudeteil (Kommentar von Udo Cremer)

07.06.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Was beim Vorsteuerabzug zu beachten ist, wenn ein Gebäudeteil dem Geschäftsführer zur privaten Nutzung überlassen wird, erklärt Experte Udo Cremer anhand eines Beispiels.

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1. Wird ein von einer GmbH bebautes Grundstück teilweise dem Geschäftsführer zu Wohnzwecken überlassen, so scheidet ein Vorsteuerabzug für den Wohnteil gemäß § 15 Abs. 2 UStG aus, wenn dieser steuerfrei vermietet wurde.

2. Das Recht zur Nutzung zu Wohnzwecken aufgrund des Arbeitsvertrags des Geschäftsführers kann Teilentgelt für seine Arbeitsleistung darstellen.

Die Klägerin (eine GmbH) erbrachte im Streitjahr 2003 steuerpflichtige EDV-Dienstleistungen. Im Streitjahr begann sie ein Einfamilienhaus zu errichten, das ab dem 1.5.2004 vom Gesellschafter-Geschäftsführer (Geschäftsführer) und dessen Familie teilweise zu Wohnzwecken und ab Juni 2004 auch für die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin genutzt wurde. Zur privaten Nutzung war der Geschäftsführer aufgrund einer Ergänzung vom 1.5.2004 zu seinem Anstellungsvertrag mit der Klägerin berechtigt. Diese Ergänzung lautet wie folgt: "Der Geschäftsführer hat die Möglichkeit, die momentan nicht durch die [Klägerin] genutzten Räumlichkeiten, bis auf weiteres unentgeltlich zu privaten Wohnzwecken zu nutzen."

In ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung sowie in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen für 2003 zog die Klägerin die auf die Herstellung des Gebäudes entfallenden Vorsteuerbeträge insgesamt ab. Nachdem das FA der Jahreserklärung zunächst zugestimmt hatte, versagte es im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung den auf die private Gebäudenutzung (55,1 %) entfallenden anteiligen Vorsteuerbetrag von 23.939,82 € und erließ am 3.8.2005 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2003.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das FG wies die Klage (Az. 3 K 1502/11) im ersten Rechtsgang durch das in EFG 2013, 985 veröffentlichte Urteil ab. Auch nach Zurückverweisung durch den BFH an das FG zur anderweitigen Entscheidung wies das FG die Klage (Az. 3 K 1122/14) auch im zweiten Rechtsgang aus den in EFG 2014, 2183 veröffentlichten Gründen ab. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH-Urteil vom 18.2.2016, V R 23/15).

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin die auf die Herstellungskosten des privat genutzten Wohnteils entfallende Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen kann. Die Einordnung der Überlassung des Wohnteils an den Geschäftsführer als steuerfreie Vermietung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Der Unternehmer ist danach zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt.

Ausgehend davon ist die Klägerin im Streitjahr nur dann zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt, wenn sie das Gebäude insgesamt für steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu verwenden beabsichtigt. Das ist indes nicht der Fall: Die Klägerin erbringt steuerbefreite Vermietungsleistungen, indem sie dem Geschäftsführer einen Teil des Gebäudes entgeltlich zur Nutzung (Vermietungsleistung) überlässt. Nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG ist u. a. "die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken" steuerfrei. Diese Vorschrift beruht unionsrechtlich auf Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG.

Es ist deshalb eine Frage der konkreten Umstände des Einzelfalls, ob das Grundstück gegen eine Vergütung oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird und ob dem Mieter vom Vermieter das Recht eingeräumt wird, es auf bestimmte Zeit in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Die Würdigung obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Sie ist für das Revisionsgericht nur dann nicht bindend, soweit Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze vorliegen. Im Streitfall geht das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon aus, die Klägerin habe das teils zu Wohnzwecken überlassene Gebäude ihrem Geschäftsführer (steuerfrei) vermietet.

Die Klägerin hat den Wohnteil des Grundstücks an ihren Geschäftsführer gegen eine Vergütung überlassen. Eine juristische Person als Unternehmerin kann einen ihr gehörenden Gegenstand (z. B. Gebäude) einem ihrer Gesellschafter oder einem Vertretungsorgan auf vertraglicher Grundlage entgeltlich oder unentgeltlich überlassen. Die Vergütung für eine Nutzungsüberlassung kann in einer Geldzahlung sowie in einer Sach- oder Dienstleistung (sog. tauschähnlicher Umsatz) und damit auch in einer Arbeitsleistung bestehen. Voraussetzung ist, dass zwischen der Leistung (z. B. Nutzungsüberlassung) und der Gegenleistung (z. B. Vergütungsleistung in Form einer Arbeitsleistung) ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang besteht regelmäßig, wenn die unternehmerisch tätige juristische Person mit ihrem Vertretungsorgan einen Mietvertrag geschlossen oder die Nutzungsüberlassung im Rahmen eines Anstellungsvertrags vereinbart hat. Das FG geht zu Recht davon aus, dass eine im Anstellungsvertrag vereinbarte Wohnungsüberlassung durch einen Arbeitgeber an seinen Arbeitnehmer in der Regel als Gegenleistung für die Arbeitsleistung erbracht wird und damit gegen eine Vergütung erfolgt. Dem steht im Streitfall die Vertragsbestimmung im Anstellungsvertrag nicht entgegen, wonach der Geschäftsführer die Räumlichkeiten "unentgeltlich" nutzen darf. Das FG hat dem die mögliche Bedeutung beigemessen, dass der Geschäftsführer neben seiner Arbeitsleistung kein weiteres Entgelt schulde. Diese nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffene und nicht gegen die Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßende Auslegung bindet den Senat des BFH. Weil eine Arbeitsleistung im Wirtschaftsleben stets vergütet wird, durfte das FG davon ausgehen, dass auch die Wohnungsüberlassung (wie üblich) das Geschäftsführergehalt erhöht hat und folglich die Nutzungsüberlassung in unmittelbarem Zusammenhang mit der geschuldeten Arbeitsleistung steht.

Nachdem die Nutzungsüberlassung zwischen der Klägerin und ihrem Geschäftsführer im (ergänzenden) Anstellungsvertrag geregelt wurde, kommt eine unentgeltliche Überlassung aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zwischen der Klägerin und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer durch eine anderweitige oder eine fehlende Vereinbarung nicht in Betracht.

Nachdem im Streitfall eine steuerfreie Vermietung der Klägerin an den Geschäftsführer vorliegt, sind die auf die Herstellung des Gebäudes entfallenden Vorsteuerbeträge nur insoweit abziehbar, soweit sie mit steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen in Zusammenhang stehen (§ 15 Abs. 4 Satz 1 UStG). Der auf die private Gebäudenutzung (55,1 %) entfallende anteilige nichtabziehbare Vorsteuerbetrag ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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