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Vorsteuerabzug bei zu Wohnzwecken genutztem Geschäftsgebäude einer GmbH (Kommentar von Udo Cremer)

26.05.2014  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Welche Teile eines sowohl für den unternehmerischen Bereich als auch für den privaten Bereich eines Unternehmers vorgesehen Einfamilienhaus kann man bei der Umsatzsteuerjahreserklärung geltend machen? Diese Frage klärt unser Experte Udo Cremer.

Die Klägerin, eine GmbH, erbringt steuerpflichtige EDV-Dienstleistungen. Gesellschafter der Klägerin waren B.S. zu 88 % und seine Ehefrau A.S. zu 12 %. B.S. war und ab Juni 2004 als Firmensitz nutzte. B.S. war berechtigt, die außerdem seit 1.1.2001 Geschäftsführer der Klägerin. Die Klägerin begann im Streitjahr (2003), ein Einfamilienhaus zu errichten, das sie ab dem 1.5.2004 teilweise zu Wohnzwecken nicht durch die Klägerin genutzten Räumlichkeiten "unentgeltlich" zu privaten Wohnzwecken zu nutzen. Aufgrund ihrer am 17.3.2005 beim FA eingegangenen Umsatzsteuerjahreserklärung für das Streitjahr (2003) begehrte sie den vollen Vorsteuerabzug auch für diejenigen Gebäudeteile, die vom Geschäftsführer und Gesellschafter sowie seiner Familie zu Wohnzwecken genutzt wurden.

Nachdem das FA zunächst der Jahreserklärung zugestimmt hatte, versagte es im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung im Hinblick auf den Anteil von 55,1 % privat genutzter Räume den Vorsteuerabzug in Höhe von … €. Das FG wies in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 985 veröffentlichten Urteil die Klage mit der Begründung ab, der Vorsteuerabzug für den Wohnteil sei unabhängig vom Anteil der Nutzung zu Wohnzwecken ausgeschlossen, da von einer nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG 1999 steuerfreien Vermietung der Wohnung an den Geschäftsführer auszugehen sei.

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an das FG (BFH Urteil vom 20.3.2014, V R 27/12), weil Feststellungen zur Rechtzeitigkeit der Dokumentation einer Zuordnungsentscheidung hinsichtlich des Wohnteils zum Unternehmensvermögen bis zum 31.5. des Folgejahres nach der neueren Rechtsprechung des BFH, die das FG noch nicht berücksichtigen konnte, fehlen.

Der Unternehmer kann gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Ist ein Gegenstand - wie das nach den Feststellungen des FG im Streitfall hergestellte Einfamilienhaus - sowohl für den unternehmerischen Bereich als auch für den nichtunternehmerischen privaten Bereich des Unternehmers vorgesehen (gemischte Nutzung), wird der Gegenstand nur dann für das Unternehmen bezogen, wenn und soweit der Unternehmer ihn seinem Unternehmen zuordnet. Insoweit hat der Steuerpflichtige (Unternehmer) nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH ein Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen oder den Gegenstand entsprechend dem --geschätzten-- unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin gelten dieselben Grundsätze auch dann, wenn der Unternehmer keine natürliche, sondern eine juristische Person (GmbH) ist. Will eine juristische Person die Vorsteuern aus Herstellungskosten eines teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch (zu Wohnzwecken des Geschäftsführers) genutzten Gebäudes abziehen, muss sie bis zum 31.5. des Folgejahres erklären, dass sie das Gebäude insgesamt ihrem Unternehmen zugeordnet hat. Zur weiteren Begründung wird auf das Urteil des XI. Senats des BFH vom 12. Januar 2011 XI R 9/08 verwiesen, dem sich der Senat insoweit anschließt.

Das Erfordernis einer rechtzeitigen Dokumentation der Zuordnungsentscheidung gilt auch bei einem gestreckten Herstellungsvorgang, wie vorliegend bei dem im Jahre 2003 begonnenen und 2004 fertiggestellten Einfamilienhaus. Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil in BFHE 234, 531, BStBl II 2014, 81) kommt es wegen des Grundsatzes des Sofortabzugs der Vorsteuer hinsichtlich der beabsichtigten privaten oder nichtunternehmerischen Verwendung für die Zuordnungsentscheidung zum Unternehmen der Klägerin auf das Jahr des Leistungsbezuges an. Die Zuordnungsentscheidung kann nicht in späteren Zeiträumen (etwa nach Fertigstellung des Hauses) nachgeholt werden.

Die im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu treffende Zuordnungsentscheidung des Unternehmers wird in der Regel in der Umsatzsteuer-Voranmeldung des Voranmeldungszeitraums, in den der Leistungsbezug fällt, spätestens aber (mit endgültiger Wirkung) in der zeitnah erstellten Umsatzsteuerjahreserklärung erfolgen, wobei eine "zeitnahe" Dokumentation der Zuordnungsentscheidung nur dann vorliegt, wenn diese bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen dem Finanzamt, also bis zum 31.5. des Folgejahres, gegenüber abgegeben wurde (BFH-Urteil vom 7. Juli 2011 V R 42/09, BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76). Im Streitfall wurde nach den Feststellungen des FG die Umsatzsteuerjahreserklärung für das Streitjahr am 17.3.2005 abgegeben, somit erst nach Ablauf des 31.5.2004. Es fehlen Feststellungen des FG dazu, ob - entsprechend der Behauptung der Klägerin - sich eine Zuordnungsentscheidung ausdrücklich oder sinngemäß aus den Voranmeldungen der Klägerin entnehmen lässt. Ergibt sich aus den Voranmeldungen mangels Vorsteuerabzugs für den Wohnteil keine rechtzeitige Zuordnungsentscheidung, ist der Vorsteuerabzug zu versagen. Liegt eine rechtzeitige Zuordnungsentscheidung hingegen vor, ist weiter zu prüfen, ob die Klägerin beabsichtigte, die Wohnräume für Zwecke einer den Vorsteuerabzug ausschließenden steuerfreien Vermietung zu nutzen.

Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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