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Vorsteuerabzug bei beabsichtigter Unternehmensgründung (Kommentar von Udo Cremer)

26.04.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Wann der Gesellschafter einer noch zu gründenden GmbH im Hinblick auf eine beabsichtigte Unternehmenstätigkeit der GmbH zum Vorsteuerabzug berechtigt sein kann, erklärt Experte Udo Cremer anhand eines Beispiels.

Der Gesellschafter einer noch zu gründenden GmbH kann im Hinblick auf eine beabsichtigte Unternehmenstätigkeit der GmbH nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn der Leistungsbezug durch den Gesellschafter bei der GmbH zu einem Investitionsumsatz führen soll.

Der Kläger beabsichtigte die Aufnahme einer unternehmerischen (wirtschaftlichen) Tätigkeit über eine von ihm zu gründende GmbH, deren Alleingesellschafter er sein sollte. Geplant war der Erwerb der Vermögensgegenstände der bereits langjährig im Geschäft mit Bauelementen tätigen B-GmbH. Der Kläger bezog hierfür Beratungsleistungen einer Unternehmensberatung zur Existenzgründung sowie eines Rechtsanwalts zu einem (geplanten) Unternehmenskauf. Der Erwerb der Vermögensgegenstände der B-GmbH unterblieb ebenso wie die GmbH-Gründung. Der beim FA nicht als Unternehmer geführte Kläger machte in seiner Umsatzsteuerjahreserklärung für das Streitjahr 2008 den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG für die von ihm bezogenen Beratungsleistungen geltend. Das FA lehnte dies ab. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Demgegenüber gab das FG der Klage mit dem in EFG 2015, 686 veröffentlichtem Urteil statt.

Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger ist nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (BFH Urteil vom 11.11.2015, V R 8/15). Der Vorsteuerabzug steht nach den insoweit übereinstimmenden Regelungen des nationalen Rechts wie auch des Unionsrechts nur Unternehmern ("Steuerpflichtigen") zu. So setzt § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG einen Leistungsbezug durch einen Unternehmer für dessen Unternehmen voraus und berechtigt Art. 168 MwStSystRL den Steuerpflichtigen "für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze" zum Vorsteuerabzug. Der Kläger ist nicht aufgrund einer eigenen unternehmerischen (wirtschaftlichen) Tätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Er beabsichtigte nicht, als Einzelunternehmer eine derartige Tätigkeit aufzunehmen.

Der Kläger ist auch nicht als Gesellschafter einer zu gründenden GmbH zum Vorsteuerabzug berechtigt. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist der Gesellschafter nur dann Unternehmer (Steuerpflichtiger), wenn er entgeltliche Leistungen im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit erbringt. Danach sind der bloße Erwerb und das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen keine wirtschaftlichen Tätigkeiten, die den Gesellschafter zum Steuerpflichtigen (Unternehmer) machen, da der bloße Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen darstellt. Anders ist es nur, wenn die Beteiligung mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft einhergeht und es sich hierbei um eine wirtschaftliche Tätigkeit gegen Entgelt handelt. Hieran fehlt es im Streitfall. Nach den Feststellungen des FG beabsichtigte der Kläger nicht, gegenüber der zu gründenden GmbH entgeltliche Leistungen zu erbringen.

Der Kläger ist schließlich auch nicht aufgrund eines Übertragungsvorgangs auf eine zu gründende Gesellschaft zum Vorsteuerabzug berechtigt. Der Gesellschafter einer noch zu gründenden GmbH kann im Hinblick auf eine beabsichtigte Unternehmenstätigkeit der GmbH nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn der Leistungsbezug durch den Gesellschafter bei der GmbH zu einem Investitionsumsatz führen soll. Dabei scheitert der Vorsteuerabzug nicht daran, dass die Gründung der GmbH entgegen der ursprünglichen Planung des Klägers als künftiger GmbH-Gesellschafter unterblieben ist. Maßgeblich ist vielmehr, dass die vom Kläger bezogenen Beratungsleistungen (anders als die Vermögensgegenstände in den EuGH-Urteilen Faxworld (EU:C:2004:267) und Polski Trawertyn (EU:C:2012:107) zugrunde liegenden Rechtssachen) auch im Fall einer tatsächlich gegründeten GmbH nicht auf die GmbH übertragbar waren. Durch die vom Kläger bezogenen Leistungen sind demzufolge keine auf eine GmbH übertragbaren Vermögenswerte ("Investitionsgüter") entstanden.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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