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vGA - Verdeckte Gewinnausschüttung (Kommentar von Udo Cremer)

20.12.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

VGA bei nicht kostendeckender teilweiser Vermietung eines Gebäudes (Einfamilienhauses) an den Gesellschafter-Geschäftsführer

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  1. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft wird nur dann bereit sein, die laufenden Aufwendungen für den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung eines Einfamilienhauses zu (privaten) Wohnzwecken eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu tragen, wenn der Gesellschaft diese Aufwendungen in voller Höhe erstattet werden und sie zudem einen angemessenen Gewinnaufschlag erhält. Eine Vermietung zu marktüblichen, aber nicht kostendeckenden Bedingungen würde er (ausnahmsweise) in Betracht ziehen, wenn er bezogen auf den jeweils zu beurteilenden Veranlagungszeitraum bereits von der Erzielbarkeit einer angemessenen Rendite ausgehen kann.
  2. Da sich der vorzunehmende Fremdvergleich (nur) auf das dem Gesellschafter konkret vermietete (Teil-)Grundstück bezieht, ist es unerheblich, ob dem Gesellschafter das Grundstück vollständig oder nur teilweise überlassen wird; auch kommt es nicht darauf an, ob die eigenbetriebliche Nutzung der Immobilie überwiegt.

An der Klägerin, einer GmbH, waren in den Jahren 2007 bis 2010 (Streitjahre) T zu 5 % und dessen Schwester L zu 95 % beteiligt. Die Klägerin vermietete in diesem Zeitraum einen Teil von ca. 52 % (243 qm) ihres ansonsten selbst genutzten Gebäudes in B-Stadt zu Wohnzwecken an T und dessen Familie. Das Grundstück stand ursprünglich im Alleineigentum der Ehefrau des T und wurde im Zuge eines Zwangsversteigerungsverfahrens von der Klägerin erworben. Das Gebäude ist im Wohnbereich mit hochwertigen Materialien und Techniken ausgestattet und hat einen Wellnessbereich mit Schwimmbecken, Whirlpool und Sauna. Das Grundstück wurde zu einem marktüblichen Preis (1.290 € monatlich) an T vermietet.

Im Anschluss an eine Außenprüfung setzte das FA aufgrund des von der Klägerin jeweils erzielten Verlusts unter Verweis auf das Senatsurteil vom 17.11.2004 I R 56/03 (BFHE 208, 519) eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) in Höhe der Differenz zwischen der um einen Gewinnaufschlag von 5 % erhöhten Kostenmiete und dem gezahlten (ortsüblichen) Nutzungsentgelt an. An dieser Auffassung hielt das FA auch in seiner Einspruchsentscheidung fest, weil ein fremder Geschäftsführer die Verluste aus der Vermietung an einen zu 5 % beteiligten Gesellschafter der Klägerin nicht akzeptiert hätte; es sei insoweit unerheblich, dass die Klägerin die Immobilie günstig erworben habe bzw. ob langfristig ein Vermietungsgewinn erzielbar gewesen sei.

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG Baden-Württemberg ging in seinem Urteil vom 5. August 2014 6 K 24/13 davon aus, dass eine Erhöhung des Einkommens der Klägerin um vGA nicht in Betracht komme, weil in B-Stadt eine kostendeckende Miete nicht erzielbar gewesen und T also auch kein Vorteil aus einer verbilligten Wohnungsüberlassung zugewandt worden sei; vielmehr hätte auch eine Fremdvermietung zur nämlichen Ertragssituation bei der Klägerin geführt.

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des FG-Urteils sowie zur Klageabweisung (BFH-Urteil vom 27.7.2016, I R 8/15). Das Einkommen der Klägerin in den Streitjahren war jeweils um vGA in Höhe der vom FA zutreffend ermittelten Differenz zwischen der um einen Gewinnaufschlag von 5 % erhöhten Kostenmiete und dem von T gezahlten (ortsüblichen) Nutzungsentgelt zu erhöhen.

Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.

Kapitalgesellschaften verfügen steuerlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre. Aufgrund dessen gehören von einer Kapitalgesellschaft angeschaffte Wirtschaftsgüter zum betrieblichen Bereich und stellen die von ihr hierauf getätigten Aufwendungen und die hieraus erlittenen Verluste Betriebsausgaben dar; bei späteren Veräußerungserlösen handelt es sich um Betriebseinnahmen. Aus welchen Gründen sich die Kapitalgesellschaft entschließt, die Investition vorzunehmen, ist grundsätzlich unbeachtlich. Das schließt es allerdings nicht aus, dass die Verluste aus einer derartigen Investition als vGA zu qualifizieren sind. Davon ist zwar regelmäßig nicht auszugehen, wenn die Kapitalgesellschaft ein Geschäft tätigt, das die Gefahr auch erheblicher Verluste in sich birgt. Es unterliegt der unternehmerischen und kaufmännischen Freiheit, derartige Risiken in Kauf zu nehmen. Anders verhält es sich aber, wenn die Gesellschaft nicht aus eigenem Gewinnstreben, sondern letztlich nur zur Befriedigung privater Interessen der Gesellschafter handelt. Maßstab dafür, ob dies der Fall ist, sind diejenigen Kriterien, die zur Abgrenzung zwischen Einkunftserzielung und sog. Liebhaberei entwickelt worden sind.

Nach den Ausführungen im Senatsurteil in BFHE 208, 519 ist im Rahmen des insoweit anzustellenden Fremdvergleichs zu berücksichtigen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nur dann bereit sein wird, die laufenden Aufwendungen für den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung eines Einfamilienhauses zu (privaten) Wohnzwecken, also im privaten Interesse, eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu tragen, wenn der Gesellschaft diese Aufwendungen in voller Höhe erstattet werden und die Gesellschaft zudem einen angemessenen Gewinnaufschlag erhält. Daran hält der Senat fest.

Die Richtigkeit der vorgenannten Auffassung ergibt sich zunächst daraus, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter bestrebt sein wird, die Gewinne der Kapitalgesellschaft zu maximieren. Er würde deshalb grundsätzlich kein Einfamilienhaus zur Weitervermietung anschaffen, wenn die Miete nicht die Kosten und einen angemessenen Gewinnaufschlag abdeckt. Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter würde sich auch nicht damit zufrieden geben, dass seine Investition in ferner Zukunft einen Gewinn abwirft. Denn im Rahmen des vorzunehmenden Fremdvergleichs kommt es auf die Lage im jeweils zu beurteilenden Veranlagungszeitraum an und ist deshalb nicht darauf abzustellen, ob die Tätigkeit bei rückschauender Betrachtung wirtschaftlich erfolgversprechend war oder nicht. Der Senat hat insoweit zwar anerkannt, dass vorübergehende Verluste in einer Anlaufphase jedenfalls dann nicht auf ein Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht hindeuten, wenn der Unternehmer auf sie mit betriebswirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen reagiert. Das heißt aber nicht, dass im Zusammenhang mit der Prüfung einer vGA generell die Grundsätze für die Einkünfteermittlung aus Vermietung und Verpachtung gelten würden. Daher kann auch nicht der Ansicht gefolgt werden, dass es aus Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ein sinnvolles und auch am Maßstab des Fremdvergleichs akzeptables Investitionsziel wäre, eine Immobilie wie ein fremder Dritter zu marktüblichen Bedingungen an den Gesellschafter zu vermieten, wenn Steuervorteile und ein in Zukunft im Betriebsvermögen anfallender Veräußerungsgewinn bei der Kapitalgesellschaft verbleiben. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde eine Vermietung zu marktüblichen, aber nicht kostendeckenden Bedingungen nur dann ausnahmsweise in Betracht ziehen, wenn er bezogen auf den jeweils zu beurteilenden Veranlagungszeitraum bereits von der Erzielbarkeit einer angemessenen Rendite ausgehen kann.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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