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Verhältnis Umsatzsteuer zur Grunderwerbsteuer (Kommentar von Udo Cremer)

11.08.2015  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Experte Udo Cremer erklärt anhand eines Beispiels in welchem Verhältnis Umsatz- und Grunderwerbsteuer stehen.

Die Antragstellerin vermittelte für H. den Verkauf von Wohneinheiten. H. hatte der Antragstellerin eine notarielle Vollmacht erteilt. Nach den zwischen der Antragstellerin und H. bestehenden Vereinbarungen war die Antragstellerin berechtigt, Verkaufspreise, die über den jeweils festgelegten Mindestverkaufspreis hinausgingen (Mehrerlös) für sich zu vereinnahmen. Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das FA davon aus, dass die Antragstellerin umsatzsteuerpflichtige Vermittlungsleistungen an H. erbracht habe, wobei der jeweilige Mehrerlös als Entgelt anzusehen sei und erließ entsprechende Änderungsbescheide für die Streitjahre 2007 bis 2009. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist, und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Das FA lehnte die Vollziehungsaussetzung ab. Ein beim FG gestellter Antrag auf Vollziehungsaussetzung hatte nur in Bezug auf die Bestimmung der Entgelthöhe Erfolg. Das FG ging demgegenüber im Grundtatbestand davon aus, dass die Antragstellerin umsatzsteuerpflichtige Vermittlungsleistungen an H. erbracht habe. Eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG bestehe nicht. Zwar liege eine Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 2 GrEStG vor, da die Antragstellerin als atypische Maklerin aufgrund der ihr notariell erteilten Verkaufsvollmachten und ihrer Erlösbeteiligung eine Verwertungsbefugnis erlangt habe. Dies begründe aber keine Umsatzsteuerfreiheit, da sich die gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG geschuldete Grunderwerbsteuer nach dem an H. auszukehrenden Mindestkaufpreis bestimme, während sich die Umsatzsteuer für die Vermittlung nach dem Mehrerlös richte. Damit fehle es an einer grunderwerbsteuerrechtlichen Belastung der umsatzsteuerrechtlichen Vermittlungsleistung. Es liege kein Zwischenerwerb vor, da die Antragstellerin im Namen von H. gehandelt hat.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der vom FG zugelassenen Beschwerde, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt. Die grunderwerbsteuerrechtliche Fiktion des Zwischenerwerbs begründe für sie eine wirtschaftliche Verfügungsmacht i.S. von § 39 Abs. 2 AO. Sie führe Umsätze aus, die unter das GrEStG fielen. Insoweit sei auf den Gesamtumsatz abzustellen, wie er beim Grundstückserwerber als Leistungsempfänger ankomme. Auch in Höhe ihrer Kaufpreisanteile liege ein grunderwerbsteuerrechtlicher Vorgang vor. Das FA habe die an sie ausgekehrten Kaufpreisanteile zu Unrecht der Umsatzsteuer unterworfen. Zweifel ergeben sich auch aus einer Revisionszulassung durch das FG Köln.

Die gemäß § 128 Abs. 3 FGO zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet und im Übrigen unzulässig; sie ist daher durch Beschluss zurückzuweisen (BFH-Beschluss vom 28.5.2015, V B 15/15).

Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken. Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt. Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen.

Im Streitfall ist das FG zu Recht von Vermittlungsleistungen der Klägerin ausgegangen, da sie bei den Grundstücksverkäufen im fremden Namen gehandelt hat, so dass ein Zwischenerwerb nicht in Betracht kommt. Zudem hat das FG ernstliche Zweifel an der Steuerpflicht dieser Vermittlungsleistungen dem Grunde nach zu Recht verneint. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG befreit von der Umsatzsteuer die Umsätze, die unter das GrEStG fallen. Die Vorschrift beruht unionsrechtlich auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. j und k sowie auf Art. 371 i.V.m. Anhang X Teil B Nr. 9 der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG. Danach besteht für die Mitgliedstaaten die Befugnis, die Lieferung von Gebäuden und Gebäudeteilen von der Umsatzsteuer zu befreien. Der Grunderwerbsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 2 GrEStG auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Dabei wendet der BFH diese Vorschrift auch auf Rechtsvorgänge an, bei denen ein sog. atypischer Makler aufgrund besonderer Abreden in einem Vermittlungsauftrag über Grundstückseigentum eine Rechtsstellung erhält, die es ihm als eine "Chance zur Beteiligung an der Substanz des Grundstücks" einräumt und ihm ermöglicht, das Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten, da der Grundstückseigentümer zum Abschluss von Kaufverträgen mit vom Makler benannten Käufern verpflichtet ist und dem Makler der über den festgelegten Mindestkaufpreis hinausgehende Betrag als Vermittlungsprovision zusteht.

Der nach § 1 Abs. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegende Rechtsvorgang des atypischen Maklervertrages ist nicht identisch mit der von der Antragstellerin erbrachten Vermittlungsleistung. Die Vermittlungsleistung ergibt sich aus dem der Antragstellerin erteilten Vermittlungsauftrag, während der sich aus § 1 Abs. 2 GrEStG ergebende Steuertatbestand darauf beruht, dass der Vermittler zusätzlich zum Vermittlungsauftrag besondere Befugnisse erhält, die ihm eine Verwertung auf eigene Rechnung ermöglichen.

Bestätigt wird die Trennung zwischen Vermittlung und Verwertungsbefugnis dadurch, dass sich die Grunderwerbsteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG nach dem Mindestverkaufspreis, nicht aber nach dem Mehrerlös als Entgelt für die Vermittlung richtet.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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