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Verdeckte Gewinnausschüttung (Kommentar von Udo Cremer)

04.06.2015  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Experte Udo Cremer erläutert die verdeckte Gewinnausschüttung infolge der Übernahme der Kaufpreiszahlung für ein vom alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH erworbenes Grundstück durch die GmbH.

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr (2003) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war im Streitjahr alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, die auf dem Gebiet des Maschinenbaus tätig war. Für seine Geschäftsführertätigkeit erhielt er keine Vergütung. Mit Kaufvertrag vom 26. April 2001 erwarb der Kläger ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück (C-Straße 1 in Z) zu einem Kaufpreis von 620.000 DM, den er in zwei Raten mit zwei von der GmbH ausgestellten Verrechnungsschecks (in Höhe von 200.000 DM sowie in Höhe von 420.000 DM) bezahlte. Die Schecks wurden ausweislich der Kontoauszüge am 22. Mai 2001 bzw. 2. Juli 2001 einem Bankkonto der GmbH belastet. Im Anschluss an den Erwerb führte der Kläger an dem erworbenen Gebäude Um- bzw. Ausbauarbeiten durch. Mit Mietvertrag vom 30. Mai 2001 vermietete er an die GmbH eine in dem erworbenen Gebäude belegene Gewerbeeinheit ("Gewerbeeinheit im EG des Hauses C-Straße 1 in Z"), die laut Mietvertrag zwei Büroräume und ein separat zugängliches WC mit insgesamt 48 qm sowie einen Lagerraum (separate Garage) mit 18 qm umfasste. Das Mietverhältnis begann am 1. Juni 2001. Die monatliche Miete betrug 343 € und war "jährlich im Nachhinein" zu zahlen. Mit Kaufvertrag vom 15. Februar 2002 erwarb der Kläger außerdem zum --im Streitjahr 2003 gezahlten-- Kaufpreis von 281.209,50 EUR ein weiteres mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebautes Grundstück. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgte ebenfalls über ein Bankkonto der GmbH. Zum Zeitpunkt des Erwerbs waren den Angaben der Kläger zufolge alle Mieteinheiten mit Ausnahme eines Schuppens vermietet. Am 18. Januar 2006 entstand in sämtlichen Stockwerken dieses Gebäudes ein Wasserschaden, der von der Versicherungsgesellschaft, bei der das Gebäude versichert war, erst nach einem Zivilrechtsstreit im Jahre 2009 ausgeglichen wurde.

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Anlässlich einer Außenprüfung bei der GmbH für die Jahre 2003 bis 2005 teilte der Prüfer dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt = FA) durch Kontrollmitteilung vom 25. März 2008 mit, dass der Kläger von der GmbH im Streitjahr 295.700 € erhalten habe und dieser Betrag beim Kläger als vGA bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen anzusetzen sei. Der Kontrollmitteilung war die mit "VGA, die den Gewinn erhöhen" überschriebene Teilziffer (Tz.) 34 des (später geänderten) Berichts über die Außenprüfung bei der GmbH beigefügt, in der u.a. Folgendes ausgeführt ist: "In 2003 wurde der Kaufpreis i. H. v. 281.209,50 € für ein privates Grundstück von Herrn P. über das betriebliche Bankkonto in voller Höhe finanziert (weitere Ausführungen hierzu vgl. Tz 18 b). Da hierdurch der Bfa eine Vermögensminderung entstanden ist, die die Bfa bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters unter sonst gleichen Umständen gegenüber einem Nichtgesellschafter nicht hingenommen hätte, war die Kaufpreiszahlung als verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 KStG anzusetzen. (...) Die verdeckten Gewinnausschüttungen sind beim Gesellschafter als Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Nr. 1 Satz 2 EStG anzusetzen." In einem der Erstellung des Prüfungsberichts vorausgegangenen Schreiben vom 6. November 2007 an die GmbH hatte der Prüfer zuvor Folgendes ausgeführt: "Die Bezahlung der Kaufpreise der privat erworbenen Grundstücke in Z, C Straße 1 und D Straße 2 durch das Bankkonto der GmbH stellt jeweils eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dar, da weder gesonderte Darlehensverträge abgeschlossen wurden, noch Grundpfandrechte zugunsten der GmbH eingetragen wurden und auch kein Lohn an Sie gezahlt wurde, musste im Zeitpunkt der Bezahlung der Kaufpreise mit der Uneinbringlichkeit der Forderung gerechnet werden."

Auf dieser Grundlage erließ das FA am 10. April 2008 gegen die Kläger einen Einkommensteueränderungsbescheid für das Streitjahr, in dem es Einnahmen des Klägers aus Kapitalvermögen in Höhe von 147.850 € (= 50 v.H. der angenommenen vGAen in Höhe von insgesamt --aufgerundet-- [281.209,50 € + 14.490 € =] 295.700 €) ansetzte. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Nachdem hinsichtlich der von der GmbH gebuchten Rechts- und Beratungskosten weitere Belege vorgelegt worden waren, führte der Prüfer in Tz. 30d des geänderten Prüfungsberichts vom 24. November 2009 aus, der durch eine Klage verursachte Teilbetrag der Rechts- und Beratungskosten in Höhe von 9.657,62 € sei nicht als Betriebsausgabe der GmbH, sondern als vGA an den Kläger zu berücksichtigen. Dagegen behandelte der Prüfer von den beim Aus-/Umbau des Gebäudes C-Straße 1 in Z angefallenen Aufwendungen für Heizungs- und Sanitärmaterial, die er zunächst in voller Höhe als vGA beurteilt hatte, im Hinblick auf die teilweise Nutzung des Gebäudes für Zwecke der GmbH nur noch einen Teilbetrag in Höhe von 10.143 € (= 70 v.H. der Gesamtaufwendungen in Höhe von 14.490 €) als vGA (vgl. Tz. 30c des Prüfungsberichts vom 24. November 2009). Dadurch ergaben sich beim Kläger nach den Berechnungen des Prüfers Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 150.505 € (= 50 v.H. der angenommenen vGAen in Höhe von insgesamt [281.209,50 € + 9.657,62 € + 10.143 € =] 301.010 €).

Dementsprechend änderte das FA die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr nach § 164 Abs. 2 AO (weiterhin unter Vorbehalt der Nachprüfung) durch Einkommensteueränderungsbescheid vom 2. Juli 2010, in dem es die Einnahmen des Klägers aus Kapitalvermögen mit 150.505 EUR ansetzte. Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das FG mit seinem Urteil vom 8. Februar 2012 4 K 3298/10 als unbegründet ab.

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (BFH-Urteil vom 21.10.2014, VIII R 32/12). Zu Recht hat das FG im Streitfall eine dem Kläger zuzurechnende vGA bejaht. Eine vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil im Sinne einer bei ihr eintretenden Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zuwendet, diese Zuwendung ihren Anlass oder zumindest ihre Mitveranlassung im Gesellschaftsverhältnis hat, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Das ist in der Regel der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte. Der bei der Kapitalgesellschaft eintretende Vermögensnachteil muss danach "eine Vermögensminderung im Sinne einer Verminderung des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG" sein. Demgegenüber liegt ein Vermögensvorteil beim Gesellschafter immer dann vor, wenn dieser über ein bestimmtes, messbares Gut in Geld oder Geldeswert verfügen kann.

Für die Feststellung einer vGA unerheblich ist dagegen, ob die Kapitalgesellschaft, handelnd durch ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, erkannt hat, dass sie durch ihre Handhabung vGA bewirkt hat. Denn weder die Absicht der Kapitalgesellschaft, den Gewinn verdeckt zu verteilen, noch eine Einigung darüber, dass der Vorteil aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zugewendet wird, gehören zu den Voraussetzungen der vGA. Ist der begünstigte Gesellschafter-Geschäftsführer (wie im Streitfall der Kläger) ein beherrschender, kann die Vermögensminderung schon dann ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung an den Gesellschafter oder eine diesem nahestehende Person keine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zugrunde liegt. Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die vGA in diesen Fällen beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der Vermögensvorteil zufließt. Ob Leistungen einer Kapitalgesellschaft an Gesellschafter oder dessen Angehörige als Aufwendungen im Rahmen eines zwischen Gesellschaft und Angehörigen bestehenden Vertragsverhältnisses oder als vGA zugunsten dieses Gesellschafters zu erfassen sind, ist nach der Rechtsprechung zur Vermeidung steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere danach zu beurteilen, ob der jeweilige Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist. Diese Anforderungen an die steuerliche Anerkennung von Verträgen nach den Grundsätzen des Fremdvergleichs stellen allerdings keine besonderen ungeschriebenen Merkmale des steuergesetzlichen Tatbestandes, sondern Beweiswürdigungsregeln dar. Rechtsgrundlage des Fremdvergleichs sind die §§ 85 und 88 AO sowie § 76 Abs. 1 FGO. Der Fremdvergleich ermöglicht aufgrund einer Würdigung von Beweisanzeichen den Schluss, aus welchen Gründen ein Leistungsaustausch zwischen GmbH und Gesellschafter oder dessen Angehörigen stattgefunden hat. Erst das Ergebnis dieser der Tatsachenfeststellung zuzuordnenden Indizienwürdigung ermöglicht die nachfolgende rechtliche Subsumtion, ob es sich im Einzelfall um eine vGA handelt. Die entsprechende Würdigung obliegt grundsätzlich dem FG als Tatsacheninstanz. Verstößt die Gesamtabwägung weder gegen Erfahrungssätze noch gegen die Denkgesetze, so ist der BFH daran gebunden. Diese zum Begriff der vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG entwickelten Rechtsgrundsätze sind auch für die Auslegung des Begriffs der vGA in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG maßgeblich.

Nach diesen Maßstäben ist die Würdigung des FG, nach den Grundsätzen des Fremdvergleichs könne die behauptete Darlehensvereinbarung zwischen der GmbH und dem Kläger deshalb nicht als fremdüblich anerkannt werden, weil weder der Kläger noch die GmbH im Streitjahr oder in den Folgejahren den Vertrag vereinbarungsgemäß (hinsichtlich vereinbarter Zinsen sowie hinsichtlich der Tilgung) durchgeführt hätten, nicht zu beanstanden.


Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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