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Unser Lohnsteuer-Sommer-Quiz: Zusatzleistungen des Arbeitgebers in der lohnsteuerlichen Praxis - die Auflösung

30.07.2013  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Unser Steuerrechtsexperte Volker Hartmann hat in der letzten Woche den Lesern ein kniffliges Steuerätsel gestellt. Hier kommt nun des Rätsels Lösung.

In der letzten Ausgabe haben wir Ihnen eine Fallstudie zu steuerlich begünstigten betrieblichen Zusatzleistungen präsentiert. Ihre Aufgabe sollte es sein, die richtige Lösung unter vier verschiedenen Lösungsvarianten herauszufinden. Wie haben Sie sich entschieden?

Hier ist noch einmal der Sachverhalt:

Fallstudie Betriebliche Zusatzleistungen

Ein Arbeitgeber gewährt seinen Arbeitnehmern anstelle einer regulären (in vollem Umfang steuer- und beitragspflichtigen) Gehaltserhöhung (steuerlich begünstigte) monatliche Zuschüsse, die von den Arbeitnehmern regelmäßig abgerufen werden können. Soweit es sich um steuerpflichtige Zuschüsse handelt, erklärt sich der Arbeitgeber bereit, die darauf entfallenden pauschalen Steuerabzugsbeträge zu übernehmen. Der Arbeitgeber legt fest, dass der Anspruch auf den monatlichen Zuschuss auf jeweils 50 Euro pro Monat (einschließlich Umsatzsteuer) gedeckelt wird.

Abhängig von der persönlichen Situation und der persönlichen Ansprüche haben die Arbeitnehmer die Wahl zwischen folgenden Zuschüssen:

  • Kindergartenzuschuss (§ 3 Nr. 33 EStG)
  • Maßnahme zur betrieblichen Gesundheitsförderung (§ 3 Nr. 34 EStG)
  • Überlassung eines Smartphones zur privaten Nutzung (§ 3 Nr. 45 EStG)
  • Waren-, Geschenk- oder Tankgutschein (§ 8 Absatz 2 Satz 9 EStG)
  • Fahrtkostenzuschuss für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 40 EStG)

Nun stellt sich die Frage, ob die jeweils vom Arbeitgeber gewährten Zuschüsse in der Praxis steuerlich begünstigt sind (Steuerfreiheit und Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung bei Kindergartenzuschuss, Überlassung eines Smartphones zur privaten Nutzung, Überreichung eines Waren-, Geschenk- oder Tankgutscheins) bzw. pauschalierungsfähiger geldwerter Vor-teil bei einem Fahrtkostenzuschuss.

Eine Steuerfreiheit für die gewährten Waren-, Geschenk- oder Tankgutscheine kommt jedoch nicht in Betracht, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Erläuterungen zur Lösung

Immer wenn der Arbeitgeber eine Steuervergünstigung in Anspruch nimmt, z.B. Arbeitslohn steuerfrei auszahlt oder von einer Pauschalierungsvorschrift Gebrauch macht, müssen ganz bestimmte rechtliche Voraussetzungen vorliegen und auch nachgewiesen werden. Haben die Voraussetzungen nicht vorgelegen oder kann der Arbeitgeber nicht nachweisen, dass diese Voraussetzungen vorgelegen haben, kann das Finanzamt im Rahmen einer Lohnsteueraußen-prüfung den zu Unrecht steuerfrei belassenen Arbeitslohn in steuerpflichtigen Arbeitslohn umqualifizieren. Hinzu kommen noch die Sozialversicherungsanteile. Soweit das gesetzliche Rückbelastungsverbot greift, muss der Arbeitgeber nicht nur die Arbeitgeberanteile, sondern darüber hinaus auch die Arbeitnehmeranteile übernehmen.

Für einige betriebliche Zusatzleistungen ist Voraussetzung, dass diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Hier schieden sich in der Vergangenheit immer wieder die Geister, weil diese fünf Worte unterschiedlich ausgelegt wurden.

Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn

Die betrieblichen Sonderleistungen fallen nur dann unter die steuerliche Begünstigung, wenn diese zusätzlich zu dem Arbeitslohn hinzukommen, den der Arbeitgeber ohnehin schuldet. Ohnehin geschuldeter Arbeitslohn ist der Betrag, auf den der Arbeitnehmer einen arbeitsrechtlichen Rechtsanspruch hat. Diese Voraussetzung liegt z.B. nicht vor, wenn das Brutto-gehalt eines Arbeitnehmers vermindert und gleichzeitig um einen steuerlich begünstigten Fahrtkostenzuschuss um denselben Betrag erhöht wird.

Rechtsanspruch auf die betriebliche Sonderzahlung

Darüber hinaus war heftig umstritten, ob der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf die betriebliche Sonderzahlung haben durfte. Laut Bundesfinanzhof (vgl. BFH-Urteile vom 19.09.12, VI R 54/11 und VI R 55/11) durfte der Arbeitnehmer – so wie im hier besprochenen Sachverhalt – keinen Rechtsanspruch auf die betrieblichen Sonderzahlungen haben.

Bei unserer Fallstudie haben die Arbeitnehmer keine klassische Lohnerhöhung bekommen. Anstelle einer klassischen Lohnerhöhung wurde den Arbeitnehmern ein Anspruch auf betriebliche Sonderzahlungen gewährt.

BMF-Schreiben vom 22.05.13

Das Bundesfinanzministerium hat entgegen der sehr restriktiven Auffassung des Bundesfinanzhofs eine deutlich großzügigere Meinung. Danach spielt es keine Rolle, ob der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf die betriebliche Sonderzahlung hat. Entscheidend ist lediglich, dass die betriebliche Sonderzahlung zu dem Arbeitslohn hinzukommt, den der Arbeitgeber ohnehin schuldet.

Lösungsvariante Nr. 1, wonach es sich um Arbeitslohn handelt, der sowohl der Lohnversteuerung als auch der Verbeitragung zur Sozialversicherung zu unterwerfen ist, scheidet entspre-chend aus.

Waren-, Geschenk- und Tankgutscheine

Die Lösungsvarianten Nr. 3 und 4 warfen Schwierigkeiten auf, die in Zusammenhang mit der rechtlichen Problematik bei Waren-, Geschenk- und Tankgutscheinen zu bedenken sind. Hier ist es nicht erforderlich, dass die Gutscheine zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.

Bis vor einiger Zeit hat die Finanzverwaltung die Rechtsauffassung vertreten, dass es sich bei Geschenkgutscheinen nicht um Sachzuwendungen, sondern um Geldzuwendungen handelt. Daher würden weder die Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro (§ 8 Absatz 2 Satz 9 EStG) noch die Freigrenze für Aufmerksamkeiten in Höhe von 40 Euro (R 19.6 Abs. 1 LStR) in Betracht kommen.

Der Bundesfinanzhof hat mit diversen Urteilen vom 11.11.10 klargestellt, dass es sich bei Waren-, Geschenk- und Tankgutscheinen grundsätzlich um Sachzuwendungen handelt. Daher können – soweit die jeweiligen rechtlichen Voraussetzungen vorliegen – auch die Sachbe-zugsfreigrenze bzw. die Freigrenze für Aufmerksamkeiten in Anspruch genommen werden.

Damit scheidet auch die Lösungsvariante 3 aus.

Weil sich der Anspruch der Arbeitnehmer auf 50 Euro beläuft und ein Gutschein in dieser Größenordnung in Anspruch genommen wird, ist die Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro überschritten. Damit scheidet auch die Lösungsvariante 1 aus. Es verbleibt die Lösungs-variante Nr. 4.

Hätten Sie es gewusst??? Soweit Sie es nicht gewusst haben – es soll hierbei nicht darum gehen, Sie bloßzustellen. Es geht im Wesentlichen darum, Sie zu sensibilisieren und Ihnen noch einmaldeutlich vor Augen zu führen, dass das Steuerrecht sehr tückisch ist. Wenn es bei Lohnsteueraußenprüfungen richtig um Geld geht, geht es meistens um winzige Kleinigkeiten, denen im Alltagsstress keine hinreichende Bedeutung beigemessen wurde.

Wenn Sie es gewusst haben, herzlichen Glückwunsch. Bleiben Sie dennoch am Ball, denn nichts ist neben dem Wetter so unbeständig und unberechenbar wie das deutsche Steuerrecht.

Herzliche Grüße
Ihr

Volker Hartmann


Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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