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Umsatzzurechnung (Kommentar von Udo Cremer)

18.12.2017  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Unser Experte Udo Cremer nimmt für Sie ein aktuelles Urteil zur Umsatzzurechnung näher in den Blick.

Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt,

  • nach welchen Grundsätzen zu beurteilen ist, ob Umsätze in einem Bordell dem unmittelbar Handelnden oder dem Unternehmer, in dessen Unternehmen er eingegliedert ist, zuzurechnen sind,
  • dass auch im Bereich der Prostitution Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG grundsätzlich derjenige ist, der als Unternehmer nach außen auftritt,
  • dass es insoweit darauf ankommt, ob der Unternehmer (z.B. in seiner Werbung) gegenüber dem Kunden als Inhaber eines Bordellbetriebs und Erbringer sämtlicher Dienstleistungen (einschließlich der Verschaffung von Geschlechtsverkehr) aufgetreten ist und nicht nur als Zimmervermieter und Gastwirt sowie
  • dass trotz der Bezeichnung einer Leistung als Vermietungsleistung nach dem objektiven Inhalt eine sonstige Leistung des Bordellinhabers anzunehmen sein kann, wenn dieser nach den nach außen erkennbaren Gesamtumständen aufgrund von Organisationsleistungen selbst derjenige ist, der durch die Anwerbung von Prostituierten und Unterbringung das Bordell betreibt.

Der Kläger erzielte seit Februar 2012 Umsätze aus einem unter der Bezeichnung "X" angemeldeten Betrieb "gewerbliche Zimmervermietung (Bordellbetrieb)" sowie "Ausschank von alkoholischen Getränken in einem Bordell" in der Y-Straße ... in A. Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung gab der Kläger als ausgeübtes Gewerbe "Bordell mit Barbetrieb" an. Im Erdgeschoss des Hauses befanden sich eine Bar, eine Terrasse und ein Whirlpool. Im Obergeschoss befanden sich sechs Zimmer, die einzeln an jeweils eine Prostituierte vermietet wurden. Die Zimmermiete betrug, wenn die Prostituierten einen Umsatz tätigten, in den Monaten Februar bis einschließlich April 2012 brutto 50 €, ab Mai 2012 brutto 80 €. Ab dem 15. Dezember 2012 hatte der Kläger außerdem das "Wellness-Massage-Studio" in der Z-Straße ... in A angemietet, in dem ebenfalls Prostituierte tätig waren. Nach Durchführung einer Außenprüfung u.a. für das Jahr 2012 (Streitjahr) vertrat das FA im Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Streitjahr vom 12. Februar 2014 die Auffassung, dem Kläger seien auch die Umsätze der Prostituierten zuzurechnen. Aus Sicht der Freier sei der Kläger als Inhaber und Betreiber des Clubs "X" aufgetreten und habe die Umsätze der Prostituierten im Rahmen seines Bordellbetriebs ausgeführt. Er, der Kläger, habe in Zeitungsanzeigen sowie auf der Homepage des Clubs mit der Erbringung sämtlicher in einem Bordell erwarteten Dienstleistungen geworben, für den reibungslosen Ablauf im Club (Hausdame, Öffnungszeiten, bargeldloser Zahlungsverkehr) gesorgt, den Kunden Getränke angeboten (Barbetrieb) und das erforderliche Personal einschließlich der Prostituierten organisiert. Außerdem habe er für die erforderlichen Meldungen bei der Polizei gesorgt und die Bedingungen für bestimmte Sonderaktionen des Clubs festgelegt. Im Rahmen der Schätzung der Höhe der Prostitutionsumsätze nahm das FA an, dass der Kläger mindestens 50 % des Dirnenlohns den Prostituierten überlassen habe. Deshalb sei eine Hinzuschätzung in Höhe von 100 % der bisher erklärten Vermietungsumsätze gerechtfertigt. Bezüglich der Getränkeumsätze nahm das FA an, dass die erklärten Umsätze erheblich unter den ermittelten kalkulatorischen Umsätzen lägen. Unter Berücksichtigung von Verderb, Schankverlust und Eigenverbrauch sei ein Zuschlag von 50 % vorzunehmen.

Das FG wies die Klage, mit der der Kläger geltend machte, ihm seien die Umsätze der Prostituierten nicht zuzurechnen und die Hinzuschätzungen des FA seien unzutreffend, ab und ließ die Revision nicht zu. Es führte aus, das FA habe zu Recht die Umsätze der Prostituierten dem Kläger zugerechnet sowie bei den Umsätzen in nicht zu beanstandender Weise Hinzuschätzungen vorgenommen. Der Kläger habe den Nachtclub "X" betrieben und Bordellleistungen erbracht. Für diese Beurteilung sei ohne Bedeutung, ob die Prostituierten Arbeitnehmerinnen des Klägers oder selbständig tätige Subunternehmerinnen gewesen seien. Aus Sicht der Freier als Leistungsempfänger sei der Kläger und nicht die Prostituierten Vertragspartner gewesen. Mit dieser Beurteilung weiche das FG nicht von der vom Kläger zitierten Rechtsprechung ab.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind überwiegend nicht hinreichend dargelegt und liegen im Übrigen nicht vor (BFH-Beschluss vom 26.9.2017, XI B 65/17).

Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Wird die Beschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet, hat der Beschwerdeführer zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen eine hinreichend bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Hierzu ist schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darzulegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Obwohl der Kläger in seinen Schreiben zahlreiche abstrakte Rechtsfragen aneinanderreiht und der Meinung ist, diese seien von grundsätzlicher Bedeutung, geht er dabei aber nicht hinreichend auf die vorhandene Rechtsprechung des BFH ein, wonach die Grundsätze, nach denen zu beurteilen ist, ob eine Leistung dem unmittelbar Handelnden oder dem Unternehmer, in dessen Unternehmen er eingegliedert ist, zuzurechnen ist, auch im Verhältnis zwischen Prostituierten und Betreibern von Bordellen geklärt sind. Von den bisher vom BFH aufgestellten Rechtsgrundsätzen ist das FG ausgegangen und hat den Streitfall dahingehend gewürdigt, dass aus Sicht der Leistungsempfänger (Freier) Leistender der Kläger gewesen sei, der als solcher nach außen aufgetreten sei.

Soweit der Kläger dem FG einen schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO vorwirft, kommt eine Zulassung der Revision nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Fehlern des FG im Sinne einer objektiv willkürlichen und unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbaren Entscheidung in Betracht. In der Beschwerdebegründung muss bei Geltendmachung dieses Zulassungsgrundes substantiiert dargelegt werden, weshalb die Vorentscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist. Darzulegen sind insbesondere der schwerwiegende Fehler, seine Offensichtlichkeit, seine Entscheidungserheblichkeit sowie seine Korrekturmöglichkeit im Revisionsverfahren; hieran fehlt es im Streitfall.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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