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Thema der Woche: BFH zu Rechnungspflichtangaben

19.07.2016  — Timm Haase.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Eine wesentliche Rechnungspflichtangabe ist das Erfordernis, eine Anschrift anzugeben. Ob die Angabe eines Briefkastensitzes ausreichend ist, musste jetzt der BFH entscheiden (vgl. Beschlüsse vom 6. April 2016, V R 25/14 und XI R 20/14, jeweils am 6. Juli 2016 veröffentlicht).

Die beiden Umsatzsteuersenate des Bundesfinanzhofs (BFH) haben mit zwei am gleichen Tag getroffenen Vorabentscheidungsersuchen den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um die Klärung der Anforderungen gebeten, die im Umsatzsteuerrecht an eine ordnungsgemäße Rechnung zu stellen sind, damit der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

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Urteilsfälle

In der Sache geht es um die Frage, ob die von einem Unternehmer geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus Rechnungen auch dann abziehbar sind, wenn es sich unter der in den Rechnungen angegebenen Anschrift des Lieferers lediglich um einen "Briefkastensitz" gehandelt hat oder ob nur die Angabe derjenigen Anschrift des leistenden Unternehmers zum Vorsteuerabzug berechtigt, unter der der leistende Unternehmer seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet.

Im 1. Fall (V R 25/14) erwarb ein KFZ-Händler von einem Unternehmer diverse PKWs, der seinerseits Fahrzeuge im Onlinehandel vertrieb. In den Rechnungen des Unternehmers war eine Anschrift angegeben, an der dieser zwar Räumlichkeiten angemietet hatte, die aber nicht geeignet waren, um dort geschäftliche Aktivitäten zu entfalten.

Im 2. Fall (XI R 20/14) ging es ebenfalls um einen KFZ-Händler, der von einer Kapitalgesellschaft Fahrzeuge erwarb. Unter der von der Gesellschaft in ihren Rechnungen angegebenen Anschrift befand sich zwar ihr satzungsmäßiger Sitz. Es handelte sich hierbei jedoch um einen "Briefkastensitz", unter der die Kapitalgesellschaft lediglich postalisch erreichbar war und wo keine geschäftlichen Aktivitäten stattgefunden haben.

BFH findet keine Klärung

Beide Senate (V und XI) des BFH sehen es als klärungsbedürftig an, ob eine zum Vorsteuerabzug erforderliche Rechnung die "vollständige Anschrift" bereits dann enthält, wenn der leistende Unternehmer in der von ihm über die Leistung ausgestellten Rechnung eine Anschrift angibt, unter der er zwar postalisch zu erreichen ist, oder ob der Vorsteuerabzug die Angabe einer Anschrift des Steuerpflichtigen voraussetzt, unter der er seine wirtschaftlichen Tätigkeiten entfaltet.

Vorlagen an den EuGH

Die Vorlagen sind erforderlich geworden, weil das Urteil des EuGH vom 22. Oktober 2015 (Az. C-277/14) möglicherweise den Schluss zulässt, dass es für den Vorsteuerabzug nicht auf das Vorliegen aller formellen Rechnungsvoraussetzungen ankommt. Es könnte ausreichen, dass zumindest die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen keine Anschrift voraussetzt, unter der wirtschaftliche Tätigkeiten entfaltet wurden. Der V. Senat hat Zweifel, ob seine bisherige ständige Rechtsprechung, nach der die formellen Rechnungsvoraussetzungen die Angabe der zutreffenden Anschrift des leistenden Unternehmers voraussetzt, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet, mit dieser Rechtsprechung des EuGH in Einklang steht. Nach Ansicht des XI. Senats des BFH ist nach der Entscheidung des EuGH im Hinblick auf das Vorsteuerabzugsrecht des Leistungsempfängers möglicherweise nicht entscheidend, ob unter der in der Rechnung angegebenen Adresse i.S. von Art. 226 Nr. 5 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem eine wirtschaftliche Tätigkeit des Leistenden ausgeübt wird.

Fehlen formelle Rechnungsvoraussetzungen, kann nach der Rechtsprechung des BFH der Vorsteuerabzug unter bestimmten Voraussetzungen in einem gesonderten Billigkeitsverfahren aus Vertrauensschutzgesichtspunkten gewährt werden. Beide Senate haben den EuGH in ihren Vorabentscheidungsersuchen insoweit um Klärung der Voraussetzungen für effektiven Vertrauensschutz gebeten.

Quelle:
BFH Beschluss (EuGH-Vorlage) vom 6.4.2016, XI R 20/14
BFH Beschluss (EuGH-Vorlage) vom 6.4.2016, V R 25/15

Links zum Thema:

  Zu den Anforderungen an die Gewährung des Vorsteuerabzugs aus Billigkeitsgründen - Nachprüfung einer Ermessensentscheidung (Kommentar von Udo Cremer)




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