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Thema der Woche: Abgabe von Steuererklärungen auf Papier ist unter Umständen noch möglich

07.02.2017  — Timm Haase.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Betriebliche Steuererklärungen müssen in elektronischer Form beim zuständigen Finanzamt eingereicht werden. So sieht es der Regelfall vor. Den Begriff der Härtefallregelung haben dabei die wenigsten im Sinn. Unter welchen Voraussetzungen eine Abgabe der Erklärungen in Papierform möglich ist, zeigt nun ein Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 12. Oktober 2016, Az. 2 K 2352/15).

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Hintergrund

Unternehmer sind dazu verpflichtet, ihre Steuererklärungen online beim Finanzamt einzureichen. Als Unternehmer gelten in diesem Zusammenhang Gewerbetreibende, Freiberufler, Land- und Forstwirte und Personengesellschaften. Nach § 150 Abs. 8 AO besteht unter den dort aufgeführten Voraussetzungen (wirtschaftliche oder persönliche Unzumutbarkeit) ein Anspruch des Steuerpflichtigen auf Abgabe der Erklärungen in Papierform, während § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG einen darüber hinausgehenden, d. h. für den Fall, dass die Voraussetzungen des § 150 Abs. 8 AO nicht erfüllt werden, bestehenden Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag des Steuerpflichtigen auf einen Verzicht des Finanzamtes auf die Abgabe in elektronischer Form regelt.

Urteilsfall

Streitig war, ob der Kläger berechtigt ist, seine Einkommensteuererklärungen weiterhin in Papierform abzugeben. Der in 1969 geborene Kläger ist selbständiger Zeitungszusteller. Seine hieraus im Wege der Einnahmen-Überschussrechnung ermittelten Gewinne betrugen lt. den erklärungsgemäß ergangenen Veranlagungen in 2013 etwa 2.800 Euro und in 2014 etwa 2.900 Euro bei Einnahmen i. H. v. ca. 5.700,00 Euro bzw. 5.100,00 Euro. Darüber hinaus hatte der Kläger Einkünfte aus einem Kapitalvermögen, das sich nach seinen Angaben auf 200.000 Euro bis 250.000 Euro belief.

Die Einkommensteuererklärung 2014 wurde vom Finanzamt unter Hinweis auf die Pflicht zur elektronischen Abgabe zunächst wieder an den Kläger zurückgeschickt. Der Kläger beantragte daraufhin, die Einkommensteuererklärungen aus Billigkeitsgründen gem. § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG auch weiterhin in Papierform abgeben zu dürfen, da er weder die entsprechende Hardware noch einen Internetanschluss besitze. Die Anschaffung der erforderlichen Ausstattung und der Abschluss eines Internetvertrages verursachten erhebliche Kosten.

Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Zur Begründung führte es aus, der Gesetzgeber erwarte auch von denjenigen Steuerpflichtigen die elektronische Übermittlung, die dazu erst noch die Technik anschaffen und sich das Wissen im Umgang mit ihr aneignen müssten. Dies sei vom BFH auch als verfassungsgemäß bestätigt worden. Nur wenn dem Steuerpflichtigen die mit der Schaffung und dem Unterhalt verbundenen Kosten nach seinen persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden könne, rechtfertige dies eine Ausnahme. Gleiches gelte in Bezug auf seine individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten. Auf einen solchen Ausnahmefall könne sich der Kläger nicht berufen. Ausgehend von den von ihm erzielten Einkünften liege die Anschaffung der entsprechenden Hardware innerhalb seiner wirtschaftlichen Verhältnisse.

Entscheidung der Richter

Die Richter befanden, dass der Kläger einen Anspruch auf Befreiung von der Verpflichtung zur Abgabe elektronischer Einkommensteuererklärungen nach § 150 Abs. 8 AO habe.

Bei der Beurteilung, ob eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit vorliegt, was nach der gesetzgeberischen Entscheidung in § 150 Abs. 8 Satz 2 AO insbesondere dann der Fall sein soll, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre, ist zwar nicht lediglich auf die Einkommens-, sondern auch auf die Vermögensverhältnisse abzustellen. Auch trifft es zu, dass § 25 Abs. 4 Satz 1 EStG eine Verpflichtung zur elektronischen Abgabe bei Gewinneinkünften ohne Rücksicht auf deren Höhe vorsieht.

Jedoch können, so die Richter, nicht das Gesamteinkommen und das Gesamtvermögen des Steuerpflichtigen und die bloße Tatsache der Erzielung von Gewinneinkünften dafür ausschlaggebend sein, ob die Voraussetzungen der Härtefallregelung vorliegen. Vielmehr müssen die Kosten der Umstellung auf den elektronischen Verkehr mit dem Finanzamt, wozu nicht nur die Aufwendungen für die Anschaffung der Hard- und Software, sondern auch für deren Einrichtung und die Wartung sowie für die Hilfestellung bei Fehlfunktionen gehören, in einer wirtschaftlich sinnvollen Relation zu dem Betrieb, der die grundsätzliche Verpflichtung zur Abgabe elektronischer Einkommensteuererklärungen auslöst stehen.

Handelt es sich – wie im Urteilsfall – um einen Kleinstbetrieb, so besteht daher ein Anspruch auf Befreiung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit.

Quelle:
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.10.2016, Az. 2 K 2352/15

Links zum Thema:

  Modernisierung des Besteuerungsverfahrens
  Steuererklärungsfristen für das Kalenderjahr 2016
  Elektronische Steuererklärungen

 



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