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Strafzinsen und Guthabengebühren – Mittelständler in der Zinsfalle

17.03.2015  — Felix Wallenhorst.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik müssen Kunden Zinsen zahlen, um Geld bei ihrer Bank anlegen zu dürfen. Die Commerzbank hat als erste deutsche Großbank Strafzinsen für „große Konzerne und institutionelle Investoren“ eingeführt, die Deutsche Skatbank erhebt bereits ab drei Mio. Euro von Privatkunden einen Negativzins von 0,25%. Es ist absehbar, dass weitere Institute folgen werden – Zeit für mittelständische Unternehmen, ihr Geldmanagement zu überprüfen.

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Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit der Einführung von Negativzinsen einen Schritt vollzogen, der noch vor wenigen Jahren undenkbar war: Mittlerweile müssen Banken 0,2 % Strafzinsen zahlen, um ihre Einlagen bei der EZB parken zu dürfen. Die Schweizerische Nationalbank hat nach Aufgabe des festen Wechselkurses zum Euro sogar einen Strafzins von 0,75% eingeführt, um die Mittelzuflüsse in die Schweiz zu stoppen. So versuchen die Zentralbanken, die Kreditvergabe der Banken anzukurbeln und gleichzeitig für die eigene Exportwirtschaft den Außenwert der eigenen Währung niedrig zu halten.

Der Erfolg dieses Experiments ist ungewiss. Sicher ist jedoch, dass die privaten Institute das Einlagengeschäft nicht dauerhaft zugunsten ihrer Kunden subventionieren werden. Noch beschränkt sich die Belastung von Giro- und Tagesgeldkonten z.B. bei der Commerzbank auf Guthaben im zweistelligen Millionenbereich, der erste Schritt ist jedoch getan. Aktuell wagt sich kein Kreditinstitut mit einem weiteren Zinsschnitt aus der Deckung. Je länger aber die Situation andauert, umso größer wird der Druck auf die Banken, die Kosten zumindest teilweise weiter zu belasten.

Auch Mittelständler sind betroffen

Noch beteuert die Finanzbranche, dass Mittelständler von Negativzinsen verschont bleiben, aber wie lange noch? Viele Mittelständler müssen größere Geldbeträge liquide und verfügbar halten und fragen sich nun, wie mit der Situation umzugehen ist. Im Gegensatz zu Großkonzernen fehlt es meist an einer eigenen Treasury-Abteilung, welche den Liquiditätsbedarf laufend überwacht und freie Mittel fristenkongruent und maximal rentierlich anlegt. Glücklicherweise stehen auch mittelständischen Unternehmen Wege offen, um das Beste aus dieser Situation zu machen.

Die scheinbar einfachste Lösung ist es, anstelle der Sichtguthaben in Geldmarktfonds zu investieren, welche aktuell zumindest noch einen geringfügig positiven Zins liefern. Hier hat fast jedes Kreditinstitut ein Produkt der hauseigenen Fondsgesellschaft im Angebot. Wer sich an die Finanzkrise erinnert, hegt jedoch ein gesundes Misstrauen gegenüber dieser Anlageform: Damals befanden sich in den Portfolien auch (von Rating-Agenturen als sicher eingestufte) Kreditverbriefungen, was zum Teil erhebliche Verluste nach sich zog. Nach wie vor ist es von außen fast unmöglich, die Risiken in einem Geldmarktfonds abzuschätzen, so dass die höhere Rendite durch ein schwer kalkulierbares Risiko erreicht wird.

Professionelles Liquiditätsmanagement

Eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Liquiditätsmanagement des eigenen Unternehmens beginnt mit der Einteilung des Mittelbedarfs in kurz-, mittel- und langfristige Verbindlichkeiten. Die für diese unterschiedlichen Laufzeitenbänder vorgesehenen Mittel können nun entsprechend ihrem Anlagehorizont investiert werden:

  • Kurzfristiger Mittelbedarf
    Für die tägliche Liquiditätsversorgung des laufenden Geschäftsbetriebs sind Anlagen in Wertpapiere ungeeignet. Dadurch besteht keine Alternative zu einem Giro-, Tages- oder Festgeldkonto. Jedoch sind nach der ab dem 1.1.2016 in Kraft tretenden Bankenabwicklungsrichtlinie Gläubiger von Finanzinstituten im Restrukturierungsfall bereits ab einem Guthaben von EUR 100.000,00 negativ betroffen („Bail-in“). Ob in einer solchen Situation eventuell vorhandene private Einlagensicherungsmechanismen den Anleger vor Verlusten schützen, darf bezweifelt werden.

    Deshalb sollte nach dem Grundsatz der Risikostreuung die Liquidität auf unterschiedliche Institute verteilt werden. Dadurch wird einerseits die Sicherheit bei einer Insolvenz eines Instituts erhöht und andererseits kann man unter Umständen durch Stückelung des Anlagebetrags einem Strafzins auf hohe Guthaben entgehen.

  • Mittelfristig benötigte Mittel
    Für größere Teile des liquiden Vermögens besteht oftmals keine Notwendigkeit einer unmittelbaren Verfügbarkeit. Gleichzeitig soll das Vermögen schwankungsarm und liquide angelegt werden, um planmäßig größere Investitionen vornehmen zu können. Hier bieten sich Investitionen in Anleihen hoher Bonität mit Laufzeiten bis maximal fünf Jahre an, welche überwiegend noch eine positive Rendite auf Endfälligkeit aufweisen. Zentral ist es in diesem Bereich, die Fälligkeiten der Wertpapiere entsprechend des voraussichtlichen Mittelbedarfs zu staffeln, um nicht zur Unzeit zu Verkäufen gezwungen zu werden.

    Neben einer höheren Verzinsung kann der Unternehmer zusätzlich eine verbesserte Risikostreuung erreichen: Er kann seine Investition auf diverse Emittenten unterschiedlicher Länder und Branchen verteilen, anstatt ein Klumpenrisiko bei „seiner“ Bank einzugehen. Da der Anleger bei einer Insolvenz der depotführenden Bank ein Aussonderungsrecht hat (d.h. er erhält seine Vermögenswerte vorab, ohne an einem Insolvenzverfahren teilnehmen zu müssen), wäre er auch bei einer Bankeninsolvenz nicht negativ betroffen.

  • Langfristig anzulegende Mittel
    Sofern im Unternehmen Mittel verfügbar sind, welche in absehbarer Zeit für keinen bestimmten unternehmerischen Zweck benötigt werden (z.B. Vermögen aus Rücklagenbildung oder Deckungsvermögen für Pensionszusagen), können diese langfristig angelegt werden. Hier kann ein breit gestreuter Mix aus Anleihen, Aktien, Spezialrenten (z.B. sog. CAT-Bonds) und Fonds zum Einsatz kommen. Dank positiver Diversifikationseffekte können in Verbindung mit Wertsicherungskonzepten Renditen erzielt werden, welche deutlich über der Geldmarktverzinsung liegen. Das Anlagerisiko kann mit zunehmendem Anlagehorizont und einem funktionierenden Risikomanagement wirksam reduziert werden.

Organisatorische Voraussetzungen

Entscheidet sich ein Unternehmen für eine Neustrukturierung seines Liquiditätsmanagements, sollten vor einer Investition in passende Wertpapiere die notwendigen organisatorischen Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Dies beginnt mit einem auf die Finanzmittelbedarfsplanung abgestimmten Anlagekonzept. Kernbestandteil des Anlagekonzepts sind verbindliche Anlagerichtlinien, welche den Rahmen für die operative Verwaltung des liquiden Vermögens bilden. Die Einhaltung dieser Anlagerichtlinien sollte personell unabhängig von den Anlageentscheidungen überwacht werden. Ebenso muss der Informationsfluss an die Buchhaltung und die sachgerechte Verbuchung der Transaktionen sichergestellt werden.

Das Konzept sollte darüber hinaus festlegen, welche Bestandteile intern abgebildet werden können und für welche Bereiche Spezialisten von außen benötigt werden. Von der fachmännischen Auswahl eines geeigneten Vermögensverwalters über die Verwaltung des Wertpapierbestands bis zu der Abbildung der Transaktionen in der firmeneigenen Buchhaltung müssen alle wesentlichen Prozessschritte analysiert werden. Nur durch gezielte Schulung der am Prozess beteiligten Mitarbeiter und die selektive Auslagerung einzelner Tätigkeiten ist ein reibungsloser Übergang sichergestellt.

Fazit

Die Gefahr negativer Einlagezinsen sollte von Mittelständlern als Weckruf verstanden werden, ihr Liquiditätsmanagement krisenfest zu machen. Auf Basis eines schlüssigen Gesamtkonzepts sollten die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden, um eine professionelle Verwaltung und Überwachung der liquiden Mittel zu gewährleisten und die korrekte Abbildung in der Rechnungslegung sicherzustellen. So kann durch die Anlage in geeigneten Wertpapieren neben Renditevorteilen auch eine verbesserte Risikodiversifikation erreicht werden.

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