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Sale-and-lease-back (Kommentar von Udo Cremer)

16.08.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Sale-and-lease-back-Geschäften. Sale-and-lease-back-Geschäfte können als Mitwirkung des Käufers und Leasinggebers an einer bilanziellen Gestaltung des Verkäufers und Leasingnehmers zu steuerpflichtigen sonstigen Leistungen führen.

Die Klägerin ist eine 2006 gegründete GbR mit dem Zweck, elektronische Informationssysteme der Firma I zu erwerben und sofort an I zurück zu verleasen. Im Jahr 2006 kaufte die Klägerin die Informationssysteme zu einem Gesamtkaufpreis von 960.000 € zzgl. 153.600 € Umsatzsteuer. Zugleich gewährte I der Klägerin ein verzinsliches Darlehen in Höhe von 640.000 € für einen Zeitraum von 48 Monaten. Die Informationssysteme waren im Betrieb eines Dritten aufgestellt. Anstelle der Übergabe trat die I der Klägerin ihren Herausgabeanspruch ab.

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Ebenfalls 2006 verleaste die Klägerin die elektronischen Informationssysteme für die Dauer von 48 Monaten zurück an die I. Bei einer zugrunde gelegten Netto-Berechnungsgrundlage in Höhe von 960.000 € wurden monatliche Leasingraten in Höhe von 23.500 € zuzüglich 3.760 € Umsatzsteuer vereinbart. Die I trug die Gefahr des Untergangs, Verlusts, Diebstahls oder von Beschädigungen des Leasingguts.

Mit Rechnung vom 5.3.2007 rechnete die Klägerin gegenüber der I über die Leasinggebühren ab. Hierin war eine 19 %ige Umsatzsteuer in Höhe von 4.465 € monatlich offen ausgewiesen. In der Rechnung war als Übergabedatum der 29.12.2006 vermerkt. Die erste Rate war ab Februar 2007 fällig, alle weiteren Raten jeweils am 1. eines Monats im Voraus. Die Rechnung galt für die volle Vertragslaufzeit. Rechnungen für die einzelnen Raten wurden nicht gestellt. I zahlte lediglich am 26.3.2007 eine Leasingrate und leistete danach keine weiteren Zahlungen. Mit Schreiben vom 16.2.2008 kündigte die Klägerin den Leasingvertrag wegen Zahlungsunregelmäßigkeiten fristlos. Am 23.1.2008 wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter über das Vermögen der I eingesetzt und am 2.7.2008 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. In der Umsatzsteuererklärung für 2007 erklärte die Klägerin Umsätze von netto 23.500 € (Umsatzsteuer 19 % 4.465 €), Vorsteuern aus Rechts- und Beratungskosten von 190 € und eine verbleibende Umsatzsteuer von 4.275 €. Mit Bescheid vom 17.6.2010 setzte das FA die Umsatzsteuer auf 51.465 € fest, weil er im Hinblick auf die Leasinggegenstände keine Lieferungen, sondern nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreie Kreditgewährungen annahm und deshalb den Vorsteuerabzug versagte sowie die im Leasingvertrag vereinbarte Umsatzsteuer als eine solche nach § 14c UStG ansah. Der dagegen gerichtete Einspruch hatte in der Sache nur insoweit Erfolg, als die Umsatzsteuer auf 49.115 € herabgesetzt wurde, da anstatt 12 nur 11 Monatsraten zu berücksichtigen seien, weil die erste Rate erst im Februar 2007 zu leisten gewesen sei.

Die daraufhin erhobene Klage wurde vom FG mit dem in EFG 2015, 774 abgedruckten Urteil abgewiesen. Das FG schloss sich darin der Würdigung des FA an. Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (BFH Urteil vom 6.4.2016, V R 12/15). Zu Unrecht hat das FG der Klägerin den Vorsteuerabzug versagt und angenommen, sie schulde Umsatzsteuer nach § 14c UStG. Für eine abschließende Entscheidung bedarf es aber weiterer Feststellungen.

Die Klägerin ist zum Vorsteuerabzug berechtigt. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet. Zwar hat die Klägerin keine steuerpflichtige Lieferung ausgeführt, es liegt aber eine steuerpflichtige sonstige Leistung vor.

Ob beim Leasinggeschäft die Verfügungsmacht über den Gegenstand übertragen wird, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auf Grundlage der konkreten vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung. Dabei können mehrere formal selbständige Verträge als Einheit anzusehen sein, wenn sich aus der Interessenlage der Vertragsparteien ergibt, dass der eine Vertrag nicht ohne den anderen geschlossen worden wäre. Sieht ein Leasingvertrag vor, dass das Eigentum am Leasinggut am Ende der Vertragslaufzeit auf den Leasingnehmer übertragen wird oder dass der Leasingnehmer über wesentliche Elemente des Eigentums an dem Leasinggut verfügt, insbesondere, dass die mit dem rechtlichen Eigentum an dem Leasinggut verbundenen Chancen und Risiken zum überwiegenden Teil auf ihn übertragen werden und die abgezinste Summe der Leasingraten praktisch dem Verkehrswert des Leasingguts entspricht, ist der Umsatz mit dem Erwerb des Leasingguts gleichzusetzen. Nach diesen Grundsätzen hat das FG die Verträge vom 27. Dezember 2006 und deren Durchführung rechtsfehlerfrei dahingehend gewürdigt, dass die Informationssysteme (ungeachtet der zivilrechtlichen Übereignung) weder von der I an die Klägerin noch von der Klägerin zurück an die I geliefert wurden.

Der Leasingvertrag ist im Zusammenhang mit dem Kauf- und Darlehensvertrag zu beurteilen. Die Annahme des FG, dass beide Verträge eine rechtliche und wirtschaftliche Einheit bilden, lässt keine Rechtsfehler erkennen. Die Klägerin wurde zu dem Zweck gegründet, Informationssysteme zu erwerben und sofort wieder zurück zu verleasen. Schon dies legt nahe, dass der Kauf- und Darlehensvertrag nicht ohne den Leasingvertrag geschlossen worden wäre. Unbeachtlich ist daher, dass der Leasingvertrag mehrere Regelungen enthält, die bei isolierter Betrachtung eine Lieferung der Informationssysteme an die I nahe legen könnten. Dies betrifft insbesondere die Gefahrtragung für Untergang, Beschädigung, Verlust oder Diebstahl durch die I sowie die Vereinbarung einer Bemessungsgrundlage in Höhe des Nettokaufpreises. Im Übrigen sieht der Leasingvertrag vom 27.12.2006 auch nicht vor, dass das Eigentum an den Informationssystemen am Ende der Vertragslaufzeit an die I übertragen wird. Er begründet lediglich eine Rückkaufpflicht der I auf Verlangen der Klägerin.

Die Klägerin hat entgegen der Auffassung des FG aber keine steuerfreie, sondern eine steuerpflichtige sonstige Leistung ausgeführt, indem sie bei einer bilanziellen Gestaltung mitgewirkt hat. Sale-and-lease-back-Geschäfte können als Mitwirkung des Käufers und Leasinggebers an einer bilanziellen Gestaltung des Verkäufers und Leasingnehmers anzusehen sein. So verhält es sich auch im Streitfall. Nach § 248 Abs. 2 HGB in der im Streitjahr geltenden Fassung durfte für immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die nicht entgeltlich erworben wurden, ein Aktivposten nicht angesetzt werden. Ertragsteuerrechtlich ist nach § 5 Abs. 2 EStG für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Die I durfte daher das für die elektronischen Informationssysteme selbst entwickelte Know-how, Software und Patente zunächst nicht aktivieren. Das Sale-and-lease-back-Geschäft ermöglichte ihr aber, einen Gegenwert in Gestalt des Kaufpreises oder der Forderung an die Klägerin als Aktivposten anzusetzen. Sie konnte dadurch mehr Eigenkapital ausweisen, höhere Gewinne ausschütten und bessere Bonität in Anspruch nehmen. Die Mitwirkung an dieser bilanziellen Gestaltung ist umsatzsteuerrechtlich eine sonstige Leistung, da der Leistungsempfänger dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil erhält. Sie ist auch nicht von der Umsatzsteuer befreit.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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