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Rückstellungen für Mietrückzahlungen aus der Vermietung von Kraftfahrzeugen (Kommentar von Udo Cremer)

17.01.2012  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Experte Udo Cremer erläutert die bilanziellen Auswirkungen anhand eines aktuellen BFH-Urteils.

1. Verpflichtet sich der Vermieter von Kraftfahrzeugen gegenüber den Mietern, das Fahrzeug zum Ende der Mietzeit zu veräußern und den Veräußerungserlös insoweit an den Mieter auszuzahlen, als er einen vertraglich vereinbarten, unter dem Buchwert der Fahrzeuge zum Vertragsende liegenden Restwert übersteigt, kann er für diese Pflicht ratierlich eine Rückstellung in der Höhe bilden, in der der vereinbarte Restwert unter dem Buchwert der Fahrzeuge liegt.

2. Verpflichtungen aus einem Erfüllungsrückstand sind abzuzinsen.

Die Klägerin vermietete im Streitjahr 2001 Fahrzeuge mit unterschiedlichen Vertragslaufzeiten überwiegend an Kunden aus Italien. Bereits im Mietvertrag wurde jeweils ein Fahrzeugrestwert nach Beendigung des Mietverhältnisses vereinbart. Dieser betrug im Streitjahr durchschnittlich 20 % der Anschaffungskosten des jeweiligen Fahrzeugs und ist Abrechnungsgrundlage bei Beendigung des Mietvertrags. Nach Ablauf der Mietzeit wurden die Fahrzeuge an Dritte verkauft. Der Mieter durfte das Fahrzeug nicht erwerben, konnte aber einen Käufer benennen. Der aus der Veräußerung erzielte Verkaufspreis lag in der Regel über dem kalkulierten Fahrzeugrestwert. Die Klägerin war gegenüber dem jeweiligen Mieter verpflichtet, den tatsächlichen Verkaufspreis unter Abzug des kalkulierten Fahrzeugrestwerts zurückzuzahlen. Die Klägerin vereinnahmte daher im Ergebnis nicht mehr als den kalkulierten Fahrzeugrestwert; alles, was sie über diesen Fahrzeugrestwert hinaus erzielte, erhielt der Kunde. Die Klägerin hatte unter Berücksichtigung des kalkulatorischen Restwerts die Fahrzeuge auf die Mietdauer von 25 Monaten abgeschrieben. Demgegenüber vertrat das FA die Auffassung, die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für Fahrzeuge betrage sechs Jahre. Die Klägerin bildete daraufhin aufgrund der latenten Rückzahlungsverpflichtung eine Rückstellung für die Mietrückgewährungen entsprechend den Grundsätzen des Urteils des BFH vom 15.4.1993 IV R 75/91 (BFHE 171, 434). Dies lehnte das FA ab und setzte die Körperschaftsteuer im Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr ohne Berücksichtigung der Rückstellungen fest. Mit ihrer dagegen gerichteten Klage begehrte die Klägerin den mindernden Abzug eines passiven RAP bzw. die Bildung einer Rückstellung für die Rückkaufverpflichtung. Das FG Baden-Württemberg wies die Klage mit Urteil vom 28.5.2010 - 6 K 4384/08 ab.

Die Revision ist zulässig (BFH Urteil vom 21.9.2011, I R 50/10). Entgegen der Auffassung des FG kann die Klägerin für den Anspruch der Mieter, am Veräußerungserlös der Fahrzeuge insoweit beteiligt zu werden, als dieser den zwischen den Vertragsparteien kalkulierten Restwert übersteigt, Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden. Es bedarf indes noch weiterer tatsächlicher Feststellungen zur Höhe der zu bildenden Rückstellungen. Nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 1997 hat die Klägerin das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Die "handelsrechtlichen" GoB ergeben sich vornehmlich aus den für alle Kaufleute geltenden Vorschriften der §§ 238 ff. HGB.

Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH entweder das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen Verbindlichkeit. Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen. Dieser muss darüber hinaus ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen müssen. Des Weiteren ist ein wirtschaftlicher Bezug der Verbindlichkeit zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich.

Beruht die ungewisse Verbindlichkeit auf einem so genannten schwebenden Geschäft aus einem gegenseitigen Vertrag, der von der zur Sach- oder Dienstleistung verpflichteten Partei noch nicht voll erfüllt ist, hat die Passivierung regelmäßig zu unterbleiben. Anders ist dies nur zu beurteilen, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehung durch schuldrechtliche Vorleistungen oder einen Erfüllungsrückstand gestört ist. Das gilt auch für Dauerschuldverhältnisse.

Ein derartiger Erfüllungsrückstand ist im Streitfall gegeben. Die Klägerin schuldet ihren Vertragspartnern zum einen die Überlassung der Fahrzeuge während der Mietzeit entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen. Zum anderen ist sie jedoch auch verpflichtet, am Ende der Mietzeit die Fahrzeuge jeweils zu veräußern und den Erlös abzüglich des vereinbarten Restwerts an die Mieter herauszugeben. Die Verpflichtung zur Auskehrung des Veräußerungserlöses ist ohne Abschluss der Mietverträge nicht denkbar. Sie ist rechtlich und wirtschaftlich mit den Mietverträgen über die Fahrzeuge verknüpft. Denn die Klägerin erleidet hierdurch bei isolierter Betrachtung einen Verlust in Höhe der Differenz zwischen dem kalkulierten Restwert der Fahrzeuge und dem Buchwert zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Fahrzeuge aus der Bilanz, ohne dass sie hierfür vertraglich eine gesonderte Gegenleistung erhält. Diese Vereinbarung lässt sich nur durch die Höhe der Mietraten erklären, die so bemessen werden, dass sie auch den Fall einer außergewöhnlichen Abnutzung des Fahrzeugs auf den kalkulierten Restwert abdecken. Wirtschaftlich betrachtet handelt es sich um eine Mietrückzahlung, die unter der Bedingung steht, dass sich das Fahrzeug zum Ende der Mietzeit noch im Betriebsvermögen der Klägerin befindet und der Veräußerungserlös den kalkulierten Restwert übersteigt. Für diese Pflicht, die die Klägerin am Ende der Laufzeit der Mietverträge trifft, vereinnahmt sie die Gegenleistung bereits während der Mietzeit in Form "überhöhter" Mietraten. Da diese Erlöse mit der Vergütungspflicht zum Ende des Vertrags belastet sind, befindet sich die Klägerin insoweit in einem Erfüllungsrückstand (Verpflichtungsüberhang), dem zur Vermeidung eines überhöhten Gewinnausweises durch die Bildung einer Rückstellung bilanziell Rechnung getragen werden muss.

Udo Cremer Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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