Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen (Kommentar von Udo Cremer)

23.07.2013  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Unser Experte Udo Cremer erläutert, welche Zinsen in diesem Fall Eingang in die Rückstellungsbewertung finden.

1. Eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen kann Finanzierungskosten (Zinsen) für die zur Aufbewahrung genutzten Räume auch dann enthalten, wenn die Anschaffung/Herstellung der Räume nicht unmittelbar (einzel-)finanziert worden ist, sondern der Aufbewahrungspflichtige (hier: eine Sparkasse) seine gesamten liquiden Eigen- und Fremdmittel in einen "Pool" gegeben und hieraus sämtliche Aufwendungen seines Geschäftsbetriebs finanziert hat.

2. Voraussetzung für die Berücksichtigung der Zinsen (als Teil der notwendigen Gemeinkosten) ist in diesem Fall, dass sie sich durch Kostenschlüsselung verursachungsgerecht der Herstellung/ Anschaffung der Räume zuordnen lassen und dass sie nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. B EStG 200 angemessen sind.

Die Klägerin ist eine Sparkasse in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie unterliegt mit ihrem gesamten Geschäftsbetrieb als Betrieb gewerblicher Art der Körperschaftsteuer. Die Klägerin hatte in ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2005, dem Streitjahr, eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen gebildet und hierbei auch Finanzierungskosten im Zusammenhang mit den für Zwecke der Aufbewahrung genutzten eigenen Räumen einbezogen.

Das FA erhob gegen die für die gemieteten und eigenen Archivräume angesetzten laufenden Jahreskosten (vor allem Absetzungen für Ab-nutzung, Miete einschl. Mietnebenkosten, Grundsteuer, Versicherung, Instandhaltungskosten, sonstige Raumkosten) sowie die Aufwendungen der elektronischen Speicherung - insgesamt: 142.058,90 € - keine Einwendungen. Einvernehmen bestand auch darüber, dass 80 % der Unterlagen für einen Zeitraum von zehn Jahren aufzubewahren seien und für die restlichen Unterlagen (20 %) von einer Aufbewahrungsdauer von sechs Jahren auszugehen sei. Nach diesem Schlüssel wurden die (jahresbezogenen) Kostenteile mit dem für die jeweils mittlere Aufbewahrungsfrist der am Bilanzstichtag vorhandenen Unterlagen anzusetzenden Faktor (5,5 und 3,5) multipliziert; zuzüglich einmaliger Kosten (z.B. für das Einlesen der Unterlagen) ergab sich hieraus ein zwischen den Beteiligten nicht streitiger Rückstellungsbetrag in Höhe von gerundet 750.000 €.

Darüber hinaus passivierte die Klägerin Finanzierungskosten für die eigenen Archivräume. Sie ging hierbei von jährlichen Zinsaufwendungen in Höhe von 35.352,85 € aus, die aus den Restbuchwerten der für Aufbewahrungszwecke genutzten Räume sowie der durchschnittlichen Passivverzinsung der Sparkasse in Höhe von 4,11 % abgeleitet wurden. Das FA vertrat hierzu die Auffassung, dass die Finanzierungsaufwendungen nicht passiviert werden könnten, da sie nicht zu den notwendigen Gemeinkosten, sondern in Anlehnung an die Regelungen des § 255 Abs. 2 und 3 des Handelsgesetzbuchs in der im Streitjahr (2005) geltenden Fassung (HGB a.F.) lediglich zu den gewillkürten Gemeinkosten zu rechnen seien. Die Klage gegen die hiernach ergangene und in der Folgezeit mehrfach geänderte Körperschaftsteuerfestsetzung wurde vom FG abgewiesen (FG Münster, Urteil vom 15. Juni 2011 9 K 501/08 K, EFG 2011, 2137). Es hat sich hierbei im Kern darauf gestützt, dass die Klägerin ihre gesamten verfügbaren liquiden Mittel in Form der Eigen- wie auch der aufgenommenen Fremdmittel zum Zweck der Liquiditätssteuerung in einen "Pool" gegeben und hieraus sämtliche Aufwendungen ihres Geschäftsbetriebs finanziert habe (sog. Poolfinanzierung). Demgemäß könnten die Zinsen mangels einer nachvollziehbaren tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel für die Finanzierung der Archivräume der Aufbewahrungsverpflichtung nicht zugeordnet und somit bei der Bewertung der Rückstellung auch nicht berücksichtigt werden.

Die Revision ist begründet (BFH-Urteil 11. Oktober 2012 I R 66/11). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz finden auch diejenigen Zinsen, die als sog. Gemeinkosten der Pflicht der Klägerin, ihre Geschäftsunterlagen aufzubewahren, zuzuordnen sind, Eingang in die Rückstellungsbewertung. Da die tatsächlichen Feststellungen des FG für eine abschließende Beurteilung des Klagebegehrens nicht ausreichen, ist das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

Die aktuellen Seminartermine von Udo Cremer finden Sie hier »

nach oben