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Palettentausch und Umsatzsteuer

16.12.2014  — Peter Scheller.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Der Transport und die Lagerung von Waren und Gütern ohne Transport-, Lade- und Packmitteln sind nicht denkbar. Industrie, der Groß- und Einzelhandel sowie die gesamte Logistikbranche sind hierauf angewiesen. Betroffene Unternehmen, die Finanzverwaltung und die Steuerberater haben sich lange nicht mit den umsatzsteuerlichen Fragen des Tausches von Paletten und anderen Ladungsträgern beschäftigt. Dies hat sich allerdings mit dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 5. November 2013 (BMF IV D 2 – S 7200/07/10022:001) grundlegend geändert. Seither sind die Mitarbeiter betroffener Unternehmen auf das Thema aufmerksam geworden.

Das BMF-Schreiben behandelt die umsatzsteuerliche Behandlung von Transporthilfsmitteln im Rahmen von Pfand- und Tauschsystemen. Pfandsysteme sind insbesondere im Rahmen des Getränkehandels weit verbreitet. Bei Paletten und anderen Ladungsträgern werden nur bei hochwertigen Ladungsträgern Pfandsysteme eingesetzt. Der Umlauf der weitverbreiteten Euro-Flachpaletten und Euro-Gitterboxpaletten erfolgt überwiegend in offenen Tauschsystemen. Daneben gibt es auch geschlossene Poolsysteme wie das der Firma CHEP.

Laut Auffassung der Finanzverwaltung ist ein tatsächlich durchgeführter Palettentausch ein nicht steuerbarer Vorgang; also ein steuerliches Nullum. Der tatsächlich durchgeführte Tausch führt also zu überhaupt keinen umsatzsteuerlichen Auswirkungen. Die Vermietung von Paletten gegen Gebühr, sowie Handling- und Palettentauschgebühren führen allerdings zu steuerpflichtigen Umsätzen, die mit 19 Prozent abzurechnen sind.

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Interessant sind die Aussagen des BMF zu den häufig auftretenden Fällen, in denen Paletten nicht zurückgegeben, sondern Fehlbestände in Geld ausgeglichen werden. Kommt es zu keiner Rückgabe von Paletten, sind zwei Szenarien zu unterscheiden:

  • Variante 1:
    Sofern die Paletten aufgrund von Diebstahl, eines nicht reparierbaren Defekts oder aus einem anderen Grund aus dem Tauschsystem ausgeschieden sind und nicht in gleicher Art, Güte und Menge zurückgegeben werden können, handelt es sich bei der Ausgleichszahlung des Empfängers um einen Schadenersatz. Dieser ist nicht steuerbar. Das bedeutet, der Ausgleich erfolgt ohne Umsatzsteuer. Eine Rechnung im umsatzsteuerlichen Sinne muss nicht gestellt werden.
  • Variante 2:
    Liegt keine Leistungsstörung vor, werden Palettenkonten also aus einem anderen Grund ausgeglichen, handelt es sich bei dem Ausgleichsbetrag um ein Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung des Ausgleichsverpflichteten. Dies ist dann der Fall, wenn der Unternehmer mit einem Palettenguthaben im Nachhinein und im beidseitigen Einvernehmen auf die Rückgabe der Paletten gegen Ausgleichszahlung verzichtet. Dies ist steuerbar und im Inland auch steuerpflichtig. Der Ausgleichsverpflichtete muss eine Rechnung bzw. der Empfänger des Geldes eine Gutschrift mit allen notwendigen Pflichtangaben erstellen.

Das BMF lässt die beteiligten Unternehmen allerdings im Unklaren, wie die beiden Fallkonstellationen abzugrenzen sind. Wie soll denn der die Ausgleichszahlung erhaltende Unternehmer wissen, ob eine Palette aus den Tauschkreislauf ausgeschieden ist? Aber hierauf kann es eigentlich gar nicht ankommen. Die Unterscheidung ist gar nicht notwendig, weil die umsatzsteuerliche Behandlung steuersystematisch nämlich gleich sein müsste.

In der Variante 1 stellt die Ausgleichszahlung zivilrechtlich tatsächlich ein Schadenersatz dar. Damit er dies umsatzsteuerlich aber auch ist, muss der Geldzahlung keine Gegenleistung des Ausgleichenden gegenüberstehen. Das bedeutet, er darf aus der Transaktion keinen wirtschaftlichen Vorteil haben. Aber genau den hat er doch. Der ausgleichsverpflichtete Unternehmer hat ursprünglich Paletten erhalten, die er unternehmerisch weiter verwendet hat. Durch die Ausgleichszahlung wird er von der Verpflichtung frei, Paletten physisch zurückgeben zu müssen. Hat er keine Paletten im Bestand, müsste er Paletten gleicher Art und Güte anschaffen, um seine Rückgabeverpflichtung zu erfüllen. Diese Verpflichtung erfüllt er nun dadurch, dass er keine Paletten zurückgibt, sondern eine Ausgleichszahlung leistet. Im Gegenzug verzichtet die Gegenseite auf ihre Ausgleichsforderung. Damit ist ein Leistungsaustausch gegeben, der im Inland steuerbar und steuerpflichtig ist. Unternehmen ist dennoch zu raten, der Meinung des BMF zu folgen, selbst wenn diese Meinung falsch sein sollte. Die Finanzverwaltung ist an ihre Äußerungen so lange gebunden, so lange sie diese nicht widerruft oder höchste Gerichte sie für unanwendbar erklären.

Unternehmen, die grenzüberschreitend Paletten tauschen, werden dennoch vor Problemen stehen. Es ist zu erwarten, dass ausländische Steuerbehörden den Palettentausch und insbesondere den Barausgleich für Fehlbestände anders beurteilen werden. Damit wären Ungereimtheiten im Datenabgleich zwischen den Steuerverwaltungen innerhalb der EU geradezu vorprogrammiert. An dieser Stelle kommt wieder ein altbekanntes Verhalten unserer höchsten Finanzverwaltung zum Vorschein. Selbst wenn der internationale Bezug der zu regelnden Sachverhalte offensichtlich ist, wird hierüber kein Wort verloren. Eine Abstimmung mit den Finanzverwaltungen benachbarter Länder ist ganz offensichtlich nicht erfolgt. Das wird versäumt, obwohl Ladungsträger jeden Tag millionenfach die innereuropäischen Grenzen überqueren. Man schätzt die Gesamtzahl aller in Europa zirkulierender Ladungsträger auf über ein Milliarde. Die deutsche Finanzverwaltung tut so, als sei das alles nur ein nationales Problem und blendet den internationalen Bezug einfach aus.

Hinzuweisen ist auf ein aktuelles BMF-Schreiben vom 20. Oktober 2014, das aber nur eine Änderung im Zusammenhang mit Pfandsystemen betrifft. Für den Palettentausch bringt dieses Schreiben keine neuen Erkenntnisse. Außerdem gibt es gleichlautende Verfügungen verschiedener Oberfinanzdirektionen aus dem Jahr 2010, die sich mit der umsatzsteuerlichen Behandlung des so genannten Reparaturtausches beschäftigt.

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