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Neues zur Anpassung von Betriebsrenten – Auf die Handelsbilanz kommt es an

07.10.2014  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Taylor Wessing Deutschland.

Wann ist ein Arbeitgeber verpflichtet, die Betriebsrenten seiner ehemaligen Arbeitnehmer zu erhöhen? - Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts.

Einleitung

Die Deckungsmittel deutscher Unternehmen für die betriebliche Altersversorgung betrugen im Jahr 2011 insgesamt 500,7 Milliarden Euro. Allein die Pensionsrückstellungen für Direktzusagen trugen mit 264,6 Milliarden Euro zu diesem Gesamtbetrag bei – bei steigender Tendenz – während gleichzeitig die Finanzierung der öffentlichen Rentensysteme immer mehr in Frage gestellt wird. Da erstaunt die steigende Zahl von arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten nicht, die zu betriebsrentenrechtlichen Themen geführt werden. Einen maßgeblichen Anteil machen dabei Klagen ehemaliger Arbeitnehmer aus, die eine Erhöhung ihrer Betriebsrente fordern.

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Mit dem neuen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht nochmals umfassend beschrieben, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitgeber die Betriebsrente erhöhen muss. Dabei hat das Gericht auch zu einigen Einzelfragen Stellung genommen, die wir nachfolgend in der erforderlichen Kürze schildern.

Sachverhalt

Der Kläger hatte fast 40 Jahre für den beklagten Arbeitgeber – ein Großunternehmen – gearbeitet, bevor er in Rente ging. Seit dem 1. Januar 1998 bezog er eine Betriebsrente in Höhe von rund 850 €, die zuletzt zum 1. Januar 2007 erhöht worden war auf inzwischen rund 1.000 €. Im Jahr 2007 hatte der Arbeitgeber noch Gewinne erwirtschaftet, während in den Jahren 2008 und 2009 deutliche Verluste zu verzeichnen waren. Aus diesem Grund fällte der Arbeitgeber die Entscheidung, dass eine Anpassung der Renten für die rund 4.000 Betriebsrentner zum 1. Januar 2010 nicht gewährt werden könnte. Gegen diese Entscheidung wandte sich der Kläger. Er forderte eine Anpassung um rund 5,5 % gemäß der Entwicklung des Verbraucherpreisindex in den vorangegangenen drei Jahren. Wie in den Vorinstanzen blieb die Klage auch vor dem BAG ohne Erfolg.

Entscheidung

Das BAG hat in rund 30 Jahren seine Grundsätze zur Anpassungspflicht von Betriebsrenten nach § 16 Abs. 1 BetrAVG entwickelt. Der Arbeitgeber schuldet demnach nur dann eine Betriebsrentenanpassung, wenn in den vergangenen drei Jahren vor der Anpassungsentscheidung eine angemessene Eigenkapitalverzinsung zu verzeichnen war, weil nur auf diese Weise die Prognose gerechtfertigt ist, dass die Erhöhung in Zukunft bezahlt werden kann, ohne das Unternehmen zu gefährden. Wann aber ist die Eigenkapitalverzinsung angemessen? Das BAG vergleicht anhand der Handelsbilanz das durchschnittliche Eigenkapital im Laufe mit dem erzielten Gewinn. Entspricht der Gewinn im Verhältnis zum Eigenkapital mindestens der Umlaufrendite öffentlicher Anleihen zuzüglich eines Risikozuschlags von 2 %, so ist eine angemessene Eigenkapitalverzinsung zu bejahen.

Im vorliegenden Fall hatte die Eigenkapitalverzinsung im Geschäftsjahr 2007 6,3 % betragen, während in den Jahren 2008 und 2009 Verluste erwirtschaftet worden waren. Das Bundesarbeitsgericht folgerte daraus, dass eine hinreichende Eigenkapitalverzinsung während der nächsten drei Jahre nicht erwartet werden könne. Damit sei es gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber die Erhöhung der Betriebsrenten ablehne. Das BAG nutzte die Entscheidung aus gegebenem Anlass zu folgenden zusätzlichen Klarstellungen:

  1. Zur Ermittlung der Eigenkapitalverzinsung kommt es auf die Handelsbilanz an. Dagegen sind Bilanzen unmaßgeblich, die nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS, IAS) erstellt werden.
  2. Bei der Berechnung des Gewinns sind außerordentliche Aufwendungen (§ 277 Abs. 4 HGB) ausdrücklich nicht zu berücksichtigen. Aber: Aufwendungen aus Verlustübernahmen, die auf einem Ergebnisabführungsvertrag beruhen, sind keine außerordentliche Aufwendungen, sondern Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, sodass sie gewinnmindernd wirken.
  3. Der Umstand, dass der Arbeitgeber die zur Ausfinanzierung der Pensionslasten erforderlichen Mittel an einen rechtlich selbstständigen Dritten (Treuhänder) übertragen hatte, spielte für das BAG keine Rolle. Das BAG lehnte die Berücksichtigung dieser Finanzmittel ab, weil – wie bei derartigen Treuhandmodellen üblich – der Arbeitgeber keinen Zugriff auf das beim Treuhänder gebundene Vermögen hatte. Es komme allein auf die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers an, nicht auf die wirtschaftliche Lage des Treuhänders.
  4. Auch dass der Vorstand des Arbeitgebers sowie die Leitenden Angestellten in den vergangenen Jahren hohe Bonuszahlungen erhalten hatten und erhebliche Gelder für Werbemaßnahmen ausgegeben worden waren, war für das BAG irrelevant. Die Höhe der Vergütung von Vorständen und Leitenden Angestellten sowie Engagements zu Werbezwecken seien Teil der freien Unternehmenspolitik. Die damit verbundenen Ausgaben ließen keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Belastbarkeit des Unternehmens zu.
  5. Auch das Argument des Klägers, in der Vergangenheit habe das Unternehmen die Betriebsrenten mehrfach angepasst, ohne das eine angemessene Eigenkapitalverzinsung vorgelegen hätte, überzeugte das BAG nicht. Insbesondere könne daraus nicht auf eine betriebliche Übung zugunsten der Betriebsrentner geschlossen werden. Sollte der Arbeitgeber seine mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mehrfach nicht zum Anlass genommen haben, die Anpassung zu verweigern, könne daraus nicht geschlossen werden, dass auch bei künftigen Anpassungsstichtagen so verfahren werden sollte.

Praxishinweis

Das BAG zementiert seine bisherige Rechtsprechung und macht deutlich, dass es ganz maßgeblich auf die angemessene Eigenkapitalverzinsung ankommt. Eine Verlagerung auf „Nebenkriegsschauplätze“ versucht das BAG strikt zu vermeiden, wie etwa die Argumentation zum Treuhandvermögen belegt.

Schon in früheren Entscheidungen hatte das BAG deutlich gemacht, dass die ohnehin komplexe Anpassungsentscheidung und deren Überprüfung im Sinne der Rechtssicherheit nicht unnötig erschwert werden dürften. So in einer Entscheidung vom 23. Mai 2000 (3 AZR 146/99), in der das BAG es ablehnte, die Angemessenheit der Eigenkapitalverzinsung anhand der spezifischen Verhältnisse des jeweiligen Arbeitgeber-Unternehmens zu berechnen. Demnach gilt für alle Unternehmen: Umlaufrendite plus 2 % Risikozuschlag gleich angemessene Eigenkapitalverzinsung.

Arbeitgeber sind gut beraten, jede Betriebsrentenanpassung angesichts der damit verbundenen Kosten mit der erforderlichen Gründlichkeit zu prüfen und zu diesem Zweck die weitere Entwicklung der BAG-Rechtsprechung im Blick zu haben.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15. April 2014 (3 AZR 51/12)

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