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Neues BFH-Urteil zur (nachträglichen) Pauschalversteuerung bei Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte

19.01.2016  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Mit Urteil vom 24.09.15, VI R 69/14 hat sich der Bundesfinanzhof mit der Rechtsfrage auseinandergesetzt, ob eine nachträgliche Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Absatz 2 EStG mit einem Steuersatz von 15% für Arbeitslohn in Zusammenhang mit Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte rechtlich zulässig ist.

Im streitigen Ausgangsfall hat das Finanzamt im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung festgestellt, dass bei einem vom Arbeitgeber bezuschussten Job-Ticket steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt, weil die Sachbezugs­freigrenze in Höhe von 44 Euro nicht anwendbar ist. Bei den Job-Tickets handelte es sich um ermäßigte, auf den Namen der Mitarbeiter ausgestellte, nicht übertragbare Jahreskarten für das Verbundnetz eines Verkehrsverbunds bzw. einer Verkehrsgesellschaft.

Keine Anwendung der Sachbezugsfreigrenze

Weil es sich um Jahreskarten handelte, ging das Finanzamt von einem lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil aus, der nicht monatlich in Raten, sondern zusammengeballt in einer Summe jahresweise zugeflossen sei. Daher sei die Sachbezugsfreigrenze in Höhe von monatlich 44 Euro nicht anwendbar. Hierbei spielte es keine Rolle, dass der von den Arbeitnehmern zu tragende Eigenanteil monatlich geleistet wurde.

§ 40 Absatz 2 Satz 2 EStG versus § 40 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 EStG

Nach Maßgabe von § 40 Absatz 2 Satz 2 EStG kann der Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistete Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bzw. Sachbezüge in Form der unentgeltlichen oder verbilligten Beförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit einem Pauschsteuersatz von 15% pauschal versteuern. Das Finanzamt vertrat jedoch im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung die Auffassung, dass eine nachträgliche Pauschalversteuerung rückwirkend nicht vorgenommen werden könne.

Daher führte das Finanzamt eine Pauschalversteuerung nach Maßgabe von § 40 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 EStG mit einem Bruttosteuersatz in Höhe von 30,10 % durch. Weil der Arbeitgeber hiermit nicht einverstanden war, stellte er einen Antrag auf Pauschalversteuerung § 40 Absatz 2 Satz 2 EStG. Weder das Finanzgericht noch der Bundesfinanzhof konnten abhelfen, weil für die Pauschalierung nach § 40 Absatz 2 Satz 2 EStG ein Antrag des Arbeitgebers oder eine Genehmigung durch das Finanzamt nicht erforderlich sind. Das Wahlrecht wird vielmehr durch die Anmeldung der mit dem Pauschsteuersatz erhobenen Lohnsteuer ausgeübt.

Der Bundesfinanzhof bestätigte, dass die kostenlose oder bzw. verbilligte Abgabe von Job-Tickets grund­sätzlich von § 40 Absatz 2 Satz 2 EStG erfasst wird. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass der Arbeitgeber im Rahmen einer Lohnsteuer-Anmeldung im hier streitigen Fall bislang keine pauschale Lohnsteuer angemeldet und abgeführt hat. Als bloße Absichtserklärung vermag der Antrag des Arbeitgebers weder die erforderliche Erhebung der pauschalen Lohnsteuer in der Lohnsteuer-Anmeldung noch das Pauschalierungsverfahren nach § 40 Absatz 2 EStG in Gang zu setzen.

Weil der Arbeitgeber sein Pauschalierungswahlrecht nach § 40 Absatz 2 EStG nicht ausgeübt hat, kann nach Auffassung des Bundesfinanzhofs die aufgeworfene Rechtsfrage, ob das Wahlrecht des Arbeitgebers, die Lohnsteuer zu pauschalieren, nachträglich im Klageverfahren und damit auch noch nach Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigungen ausgeübt werden kann, ausdrücklich offenbleiben. Damit, so der Bundesfinanzhof weiter, kann auch ausdrücklich dahinstehen, ob an der Rechtsprechung, nach der ein erstmals im Klageverfahren ausgeübtes Pauschalierungswahlrecht gegenüber einem Haftungsbescheid geltend gemacht werden kann, festzuhalten ist.

Fazit

Im Ergebnis präsentiert der Bundesfinanzhof erneut ein Urteil, welches neue Rechtsfragen aufwirft, anstatt eine streitige Rechtsfrage abschließend zu beantworten. Nach wie vor ist und bleibt ungeklärt, ob das Pauschalierungswahlrecht des Arbeitgebers erstmals nach der Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigungen, also nachträglich, z. B. im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung, ausgeübt werden kann.

Im hier streitigen Sachverhalt wurde die nachträgliche Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Absatz 2 Nr. 2 EStG verweigert, weil das Finanzamt bereits einen Haftungsbescheid erlassen und pauschale Lohnsteuer nach § 40 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Steuersatz hier 30,1 %) erlassen hat.

Für den Arbeitgeber ist es daher empfehlenswert, bereits im Vorfeld einer Lohnsteueraußenprüfung sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Zuwendungen des Arbeitgebers steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen. In diesem Fall sollte von der Pauschalversteuerung nach § 40 Absatz 2 EStG bereits im Vorfeld einer Lohnsteuer­außenprüfung Gebrauch gemacht werden.

Lehnt das Finanzamt im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung die Pauschalversteuerung nach § 40 Absatz 2 EStG ab, kann eine Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers nach Maßgabe von § 40 Absatz 1 Nr. 2 EStG erfolgen. Neben einer nicht unerheblich größeren steuerlichen Belastung ist bei einer Pauschalversteuerung nach § 40 Absatz 1 EStG auch eine Verbeitragung zur Sozialversicherung durchzuführen.


Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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