10.06.2015 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Wir haben Sie an dieser Stelle bereits darüber informiert, dass ein Museumsführer selbständig tätig sein kann (vgl. Urteil Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 24.02.15, L 11 R 5165/13) und im Gegensatz dazu ein in einem Krankenhaus tätiger Intensivpfleger (vgl. Urteil Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 26.11.14, L 8 R 573/12) als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer anzusehen ist.
Nun gibt es zwei weitere aktuelle Urteilsfälle, in denen es erneut um die Abgrenzung zwischen einem abhängigen lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtigem Beschäftigungsverhältnis und einer freiberuflichen selbständigen Tätigkeit geht, für die der Auftraggeber keine steuerlichen Pflichten zu erfüllen hat. Diese Einordnung ist nicht nur für die Mitarbeiter der Lohn- und Gehaltsabrechnung von zentraler Bedeutung, sondern wegen möglicher umsatzsteuerlicher Konsequenzen auch für die Steuerabteilung.
Stellt das Betriebsstättenfinanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung fest, dass es sich nicht um ein freiberufliches Auftragsverhältnis, sondern um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt, kann das Betriebsstättenfinanzamt den Vorsteuerabzug versagen und den Arbeitgeber für die nicht einbehaltenen Lohnsteuern in Haftung nehmen. In diesem Fall kann die in der Eingangsrechnung des Auftragnehmers ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer geltend gemacht werden.
Wesentliche Anknüpfungspunkte in den beiden nachfolgend erläuterten Urteilen sind die Bewertung der Eigenständigkeit der erbrachten Leistung und die Frage, wie sehr der Auftragnehmer in die betriebliche Organisation des Auftraggebers eingebunden ist.
Je eigenverantwortlicher der Auftragnehmer tätig ist, desto mehr spricht im Grundsatz für eine selbständige Tätigkeit. Je mehr der Auftragnehmer in die innerbetrieblichen Arbeitsabläufe des Auftraggebers integriert ist und je höher der Grad der Zusammenarbeit mit anderen Arbeitnehmern, desto mehr spricht für eine abhängige Beschäftigung.
Analog zur Einordnung eines auf einer Intensivstation als Pflegekraft eingesetzten Krankenpflegers ist nach Auffassung des Landessozialgerichtes Hessen (vgl. Urteil vom 26.03.15, L 8 KR 84/13) auch eine in einem Krankenhaus beschäftigte OP-Krankenschwester nichtselbständig tätig. Die „selbständige“ Krankenschwester war zunächst in einem Krankenhaus als Arbeitnehmerin beschäftigt, im Anschluss daran dann als freie Mitarbeiterin.
Gemäß vertraglicher Vereinbarung mit dem Krankenhaus war die freie Mitarbeiterin mit der „Erbringung von Dienstleistungen gemäß Berufsbild einer Fachkrankenschwester im Operationsdienst betraut.
Ihr Aufgabengebiet bestand in
Die erforderlichen Hilfsmittel und Materialien (z.B. Einmal-Schutzhandschuhe sowie spezielle Dienstkleidung) wurden der freien Mitarbeiterin vom Krankenhaus unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Die freie Mitarbeiterin hatte keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Das Landessozialgericht Hessen folgte der Rechtsauffassung der Krankenschwester nicht und stellte klar, dass eine Fachkrankenschwester im Operationsdienst (OP-Krankenschwester), die in die Planung und Koordinierung durchzuführender Operationen seitens der Klinik verbindlich einbezogen wird, den hygienischen Bestimmungen der Klinik und den Anweisungen des behandelnden Arztes unterliegt, im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und nicht als freie Mitarbeiterin tätig ist.
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Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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