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Neue Rechtsprechung: Rote Karte zur Lohnkostenoptimierung durch Gehaltsumwandlung (Teil 4)

12.12.2017  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Der Streit, unter welchen Voraussetzungen Arbeitgeberleistungen als zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet gelten, geht weiter.

Fachartikelserie von Volker Hartmann:

Teil 1 / Teil 2 / Teil 3 / Teil 4

Nach wie vor ist streitig, wie das in diversen Passagen im Einkommensteuergesetz formulierte Zusätzlichkeitserfordernis auszulegen ist. Streitig ist, ob die Formulierung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erfüllt ist, wenn der steuerpflichtige Arbeitslohn des Arbeitnehmers in unmittelbarem zeitlichem und kausalen Zusammenhang um genau diese Beträge gemindert wird.

Urteil Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 23.11.16, 2 K 1180/16

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz kam im Urteil vom 23.11.16, 2 K 1180/16 zu dem Ergebnis, dass Leistungen nur dann als zusätzlich anzusehen sind, wenn sie zu Lohnzahlungen hinzukommen, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Eine unzulässige Gehaltsumwandlung liegt hingegen immer dann vor, wenn ein Arbeitnehmer auf einen bestimmten Teil seiner Bezüge zunächst bedingungslos verzichtet und zeitgleich vom Arbeitgeber eine andere Leistung gewährt wird.

Urteil Finanzgericht Münster vom 28.06.17, 6 K 2446/15 L

Das Finanzgericht Münster hat mit Urteil vom 28.06.17, 6 K 2446/15 L eine ganz andere Auffassung vertreten.

Der Sachverhalt

Nachdem der Arbeitgeber bei einem Steuerberater ein Gutachten zur Nettolohnoptimierung in Auftrag gegeben hatte, vereinbarte er mit einigen Arbeitnehmern Zusatzleistungen in Form von Zuschüssen für Internetnutzung, Kinderbetreuungskosten und Zuschüssen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Darüber hinaus wurde ein Firmenhandy zur Verfügung gestellt. In den entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen wurde ausdrücklich klargestellt, dass diese vom Arbeitgeber gewährten Zusatzleistungen auch bei mehrfacher Gewährung keinen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers begründen sollen.

Gleichzeitig mussten die Arbeitnehmer in unmittelbarem zeitlichem und kausalem Zusammenhang in ergänzenden schriftlichen Vereinbarungen auf Arbeitslohn, auf den sie eigentlich einen Rechtsanspruch hatten, verzichten.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung verweigerte das Finanzamt die steuerliche Begünstigung (Steuerfreiheit bzw. Möglichkeit der Pauschalversteuerung), da die Zahlungen des Arbeitgebers nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht worden seien, sondern im Rahmen einer steuerschädlichen Gehaltsumwandlung. Die ergänzenden Vereinbarungen hätten im Ergebnis nicht dazu geführt, dass der Arbeitgeber etwas über den bisherigen Arbeitslohn hinaus schulde. Eine „zusätzliche“ Leistung liege daher nicht vor.

Das Urteil

Das Finanzgericht Münster kam zu dem Ergebnis, dass die im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung durchgeführte Nachversteuerung zu Unrecht erfolgt ist. Das Finanzgericht sah es als erwiesen an, dass die steuerlichen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit bzw. Pauschalversteuerung im hier liegenden Streitfall erfüllt seien.

Tatbestandsmerkmal „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung werden Zuschüsse des Arbeitgebers „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ geleistet, wenn sie zu den Lohnzahlungen hinzukommen, die entweder durch Vereinbarungen oder etwa durch eine dauernde Übung arbeitsrechtlich geschuldet sind.

Wenn das Einkommensteuergesetz Leistungen unterscheidet, die „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht werden, wie etwa in

  • § 3 Nr. 33 EStG (Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern),
  • § 40 Absatz 2 Satz 1 Nr. 5 EStG (Übereignung von Datenverarbeitungsgeräten und Internetzuschüsse) oder
  • § 40 Absatz 2 Satz 2 EStG (Fahrtkostenzuschüsse für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte),

können derartige Leistungen nur dann freiwillige Arbeitgeberleistungen sein, soweit der Arbeitnehmer keinen arbeitsrechtlichen Anspruch auf die Gewährung dieser Zusatzleistungen hat. Nur Leistungen, auf die der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch hat, schuldet der Arbeitgeber nicht ohnehin.

Nach Überzeugung des Finanzgerichts hat der Arbeitgeber die streitrelevanten Zuschüsse zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet, da die Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Zahlung der Zuschüsse eben keinen verbindlichen Rechtsanspruch auf diese Zuschüsse hatten. In den vertraglichen Vereinbarungen hatte der Arbeitgeber schriftlich fixiert, dass er nicht dazu verpflichtet sei, die vereinbarten Zuschüsse an die betroffenen Arbeitnehmer zu leisten.

Obwohl die Arbeitnehmer in unmittelbaren kausalen Zusammenhang auf einen Teil des ursprünglich vereinbarten regulären Barlohns verzichten mussten, sieht das Finanzgericht hierin keine steuerschädliche Gehaltsumwandlung.

Anhängige Verfahren beim Bundesfinanzhof

Nun hat der Bundesfinanzhof das letzte Wort. Sowohl das Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 23.11.16, 2 K 1180/16 als auch das hier diskutierte Urteil des Finanzgerichts Münster vom 28.06.17, 6 K 2446/15 L sind beim Bundesfinanzhof unter den Aktenzeichen VI R 21/17 und VI R 40/17 anhängig.

Wir werden Sie in gewohnter Weise auf dem Laufenden halten.

Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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