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Neue höchstrichterliche Rechtsprechung zu Sachbezügen (Fortsetzung)

28.02.2011  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Wie wir bereits berichtet haben, hat der Bundesfinanzhof mit fünf Urteilen vom 11.11.2010 die bisherige Verwaltungspraxis bei der lohnsteuerlichen Behandlung von Waren-, Geschenk- oder Tankgutscheinen komplett auf den Kopf gestellt. Der Bundesfinanzhof weist die Finanzverwaltung deutlich in die Schranken und erweitert damit den Spielraum der Arbeitgeber bei der Anwendung der Sachbezugsfreigrenze deutlich.

Teil 1 können Sie hier noch einmal nachlesen »

Sachbezugsfreigrenze gemäß § 8 Absatz 2 Satz 9 EStG1

Nach Maßgabe von § 8 Absatz 2 Satz 9 EStG bleiben Sachbezüge, die mit dem ortsüblichen Endpreis am Abgabeort zu bewerten sind, bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung außer Ansatz, soweit der hierbei entstehende geldwerte Vorteil nach Abzug evtl. Zuzahlungen des Arbeitnehmers einen Betrag in Höhe von insgesamt 44 Euro im Kalendermonat nicht übersteigt.

Regelung in R 8.1 Absatz 1 Satz 7 LStR2

Wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern einen Waren-, Geschenk- oder Tankgutschein zukommen lässt, liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. R 8.1 Absatz 1 Satz 7 LStR) kein Sachbezug vor, wenn neben der Bezeichnung der abzugebenden Ware oder Dienstleistung ein anzurechnender Betrag oder Höchstbetrag angegeben ist. Weil es sich in derartigen Fällen nicht um einen Sachbezug handelt, kommen nach Auffassung der Finanzverwaltung weder die Sachbezugsfreigrenze noch die Freigrenze für Aufmerksamkeiten (R 19.6 Absatz 1 LStR) zur Anwendung. Daher sind derartige Sachzuwendungen nach dem Willen der Finanzverwaltung sowohl der Lohnversteuerung als auch der Verbeitragung zur Sozialversicherung zu unterwerfen.

1. BFH-Urteil vom 11.11.10, VI R 21/09

Im hier streitigen Sachverhalt hat der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern zum Geburtstag Geschenkgutscheine einer Buchhandelskette im Wert von jeweils 20 Euro zukommen lassen. Der Arbeitgeber behandelte die Geschenkgutscheine als steuerfreie Sachzuwendungen. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, es handele sich um steuerpflichtige Sachzuwendungen.

Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass bei Sachbezügen stets auf den Anspruch des Arbeitnehmers abzuzielen ist. Im hier vorliegenden Fall hat der Arbeitnehmer aufgrund des Gutscheins einen Anspruch auf eine Sachzuwendung und nicht auf eine Barlohnzuwendung. Es spielt hierbei keine Rolle, ob der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unmittelbar eine Sache zukommen lässt oder mittelbar über einen Geschenkgutschein. Hinsichtlich der einschränkenden Regelung in den Lohnsteuerrichtlinien führt der Bundesfinanzhof aus, dass die Zuwendung eines Geschenkgutscheins nicht zu einerGeldzuwendung führt, wenn der Arbeitgeber eine Wertobergrenze für die Sache bestimmt. Die vom Arbeitgeber ausgegebenen Geschenkgutscheine berechtigtendie Arbeitnehmer lediglich, Waren einer bestimmten Firma zu erwerben und den Wert derGutscheine auf den Kaufpreis anrechnen zu lassen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor,dass die Arbeitnehmer darüber hinaus das Recht hatten, anlässlich ihres Geburtstages auch eine Geldleistung in Höhe von 20 Euro beanspruchen zu können.

Im Ergebnis handelt es sich bei Waren-, Geschenk- oder Tankgutscheinen stets um einen Sachbezug, unabhängig davon ob auf dem Gutschein eine Wertobergrenze angegeben ist oder nicht. Soweit der Wert dieser Sachzuwendung die Sachbezugsfreigrenze nicht übersteigt, handelt es sich um steuerfreien Arbeitslohn. Wenn eine Aufmerksamkeit im Sinne von R 19.6 Absatz 1 LStR vorliegt, handelt es sich nicht um Arbeitslohn. Eine Lohnversteuerung sowie eine Verbeitragung zur Sozialversicherung kommen insoweit in beiden Fällen nicht in Betracht.

Fortsetzung folgt.

Anhang

Leitsatz: BFH-Urteil vom 11.11.10, VI R 21/09
  • Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ob Barlohn oder Sachbezügevorliegen, entscheidet sich nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, also danach, was der Arbeitnehmervom Arbeitgeber beanspruchen kann. Es kommt nicht darauf an, auf welche Art und Weise derArbeitgeber den Anspruch erfüllt und seinem Arbeitnehmer den zugesagten Vorteil verschafft.

  • Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen bei einer größeren Buchhandelsketteeinlösbaren Gutschein über einen in Euro lautenden Höchstbetrag für den Bezug einer Sache ausderen Warensortiment, so wendet er seinem Arbeitnehmer eine Sache i.S. des § 8 Abs. 2 Sätze 1 und9 EStG zu.
Vorinstanz: FG München vom 3. März 2009 8 K 3213/07 (FEG 2009, 1011)

1 § 8 Absatz 2 Satz 9 EStG: Sachbezüge, die nach Satz 1 zu bewerten sind, bleiben außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 Euro im Kalendermonat nicht übersteigen.

2 R 8.1 Absatz 1 Satz 7 LStR - überholt durch die nachfolgende BFH-Rechtsprechung: Ein bei einem Dritten einzulösender Gutschein ist dann kein Sachbezug, wenn neben der Bezeichnung der abzugebenden Ware oder Dienstleistung ein anzurechnender Betrag oder Höchstbetrag angegeben ist; die Freigrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG findet keine Anwendung.



Quelle: Diplom-Finanzwirt (FH) Volker Hartmann, Hamburg

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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