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Neue Abmahngefahren bei Zufriedenheitsgarantien

03.11.2023  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Rückgaben bei Unzufriedenheit oder sonstige Versprechen? Der Handel wirbt häufig mit Zufriedenheitsgarantien. Da stellt sich rechtlich die Frage, ob solche an subjektive Empfindungen geknüpfte Versprechen mit den normalen Garantien gleichzusetzen sind und ob dann alle Informationspflichten auch dazu gelten.

Das Fehlen entsprechender Informationen führt dann in neue Abmahngefahren. Der Europäische Gerichtshof stellte jetzt solche Garantien den normalen Haltbarkeitsgarantien etc. gleich (EuGH, Urteil vom 28.09.2023 – Az.: C-133/22). Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei Wienke & Becker, erläutert die Folgen der Entscheidung.

Einmal mehr hat der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in einem sog. Vorabentscheidungsverfahren um die Auslegung von EU-Recht ersucht (BGH, Beschluss v. 10.02.2022, Az. I ZR 38/21).

Zufriedenheitsgarantie am Hängeetikett

Die verklagte Herstellerin trieb das Verfahren zur Garantie bis vor den BGH. Sie vertreibt über Einzel- und Onlinehändler Sport- und Fitnessprodukte unter der Marke „L“. Sie brachte zumindest bis zum Jahr 2013 an ihren T‑Shirts Hängeetiketten („Hang-Tags“) an, auf denen folgender Text stand:

„L…-Garantie
Jedes L…-Produkt ist mit unserer eigenen lebenslangen Garantie ausgestattet. Wenn Sie mit einem unserer Produkte nicht voll und ganz zufrieden sind, schicken Sie es bitte an den Händler zurück, bei dem Sie es erworben haben. Sie können es auch direkt an ‚L…‘ zurückschicken, aber vergessen Sie nicht, uns mitzuteilen, wo und wann Sie es gekauft haben.“

Eine Gesellschaft, die Waren für den Sport- und Fitnessbedarf verkauft, machte Testkäufe und reklamierte unzureichende Informationen zur Garantie. Dem folgte nach einem abweisenden Urteil des LG München das OLG München. Das verurteilte das beklagte Unternehmen,

es zu unterlassen, bei Produkten der Kategorie Bekleidung eine Garantieerklärung beizufügen, ohne den Verbraucher auf seine gesetzlichen Rechte nach den §§ 437 ff. BGB hinzuweisen und/oder auf den Umstand hinzuweisen, dass diese Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, und/oder ohne den Inhalt der Garantie zu nennen und/oder ohne alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, nämlich ohne den räumlichen Geltungsbereich der Garantie und den Namen und die Anschrift des Garantiegebers aufzuführen, wie geschehen beim Vertrieb des T-Shirts "W. " über den Händler "O. -W. " wie nachfolgend eingeblendet:

Im Kern geht es um die Frage, wann denn eine Garantie bzw. ein Garantieversprechen überhaupt vorliegt. Das Gesetz verlangt – wie aus dem Antrag ersichtlich - eine Reihe von Informationen bei einer Garantie, die hier natürlich kaum auf ein Hang-Tag gepasst hätten.

Subjektives Empfinden der Zufriedenheit als Anforderung

Im Rahmen der Revision war der BGH der Ansicht, dass die „Zufriedenheit des Verbrauchers mit der erworbenen Ware“ zwar nicht zur „Beschaffenheit der Kaufsache“ gehöre, sie aber eine „andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderung“ im Sinne von § 443 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs darstellen könne. Dieses zweite Kriterium sei dieser Bestimmung mit Wirkung vom 13. Juni 2014 hinzugefügt worden, um den Begriff „gewerbliche Garantie“ in Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 in das deutsche Recht umzusetzen.

EuGH lässt Garantien auch bei subjektiven Kriterien zu

Der EuGH räumt in seinem Urteil ein, dass man aus dem Wortlaut der entsprechenden EU-Richtlinien keine eindeutige Lösung entnehmen kann.

Der BGH hatte zudem die Frage aufgeworfen, ob überhaupt die Vorschriften zu Garantien bei einer Zufriedenheitsgarantie anwendbar seien, da es an objektiven Kriterien, die für einen Garantiefall normalerweise nötig sind, bei der Zufriedenheit fehlt.

Und dann kommt, was immer kommt: Der Verweis auf das Ziel der Regelungen zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus. Mit diesem Ziel stehe eine Auslegung im Einklang, die auch bei einer Zufriedenheitsgarantie die Pflichten zur Information begründet:

„Nach dieser Auslegung kann der Verbraucher nämlich zum einen von der Verpflichtung dieses Unternehmers Kenntnis nehmen und im Vorfeld die Bedingungen des Vertrags, den er abzuschließen beabsichtigt, besser kennen, um die Entscheidung, ob er diesen Vertrag abschließt, in Kenntnis der Sachlage zu treffen, und zum anderen mit einer einfachen Erklärung, er sei nicht zufrieden, vom Unternehmer den Kaufpreis erstattet bekommen, was sein Schutzniveau dem Unternehmer gegenüber erhöht.“

Zudem sei eine solche Garantie Ausdruck der unternehmerischen Freiheit.

Der EuGH meint, dass eine Garantie auch an subjektive Kriterien, wie die Zufriedenheit anknüpfen kann, auch wenn man eine solche Zufriedenheit oder ihr Fehlen letztlich nicht prüfen kann. Das sei unschädlich.

Fazit

Künftig unterfallen alle möglichen Garantieversprechen dem Garantiebegriff und lösen dann bei demjenigen, der mit solchen Versprechen wirbt, Informationspflichten aus. Unternehmen sollten ihre Webseiten und Werbung durchforsten und insbesondere Zufriedenheitsgarantien unter die Lupe nehmen. Dort sind künftig eine Reihe von Informationen unterzubringen, deren Fehlen abgemahnt werden kann.

Bild: Pavel Danilyuk (Pexels, Pexels Lizenz)

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