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Nach Enteignung auch noch Steuern zahlen?

13.06.2019  — Markus Hiersche.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Immer wieder werden Immobilienbesitzer*innen enteignet: Sei es wegen Infrastrukturmaßnahmen oder Bebauungsmaßnahmen. Doch muss die finanzielle Entschädigung durch die Kommune auch versteuert werden? Darüber stritt das Finanzamt mit einem Ex-Grundstückseigentümer vor Gericht.

Es kann im Prinzip jeden Immobilienbesitzenden in treffen: Plant die Kommune Infrastrukturmaßen wie Straßen, Bahn- oder Stromtrassen droht die Enteignung gegen finanzielle Entschädigung. Auch wenn Stadt oder Gemeinde Baulücken schließen wollen und sich die Grundstückseigentümer*innen weigern, der Forderung nach Bebauung oder Veräußerung nachzukommen, kann die Kommune nach § 85 Baugesetz Grundbesitz enteignen. Ein solches Vorgehen ist verfassungsrechtlich verbrieft: Art. 14 GG erlaubt Enteignungen, setzt dieser aber enge Grenzen: „Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig“.

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Spekulationsgewinn – oder nicht?

Doch was passiert, wenn eine Enteignung erfolgt? Müssen Grundstückseigentümer*innen den daraus erzielten Gewinn auch noch versteuern? Darüber stritt ein Betroffener vor dem Finanzgericht Münster mit dem zuständigen Finanzamt.

Der Kläger hatte 2005 ein unbebautes Grundstück erworben. Drei Jahre später entschied sich jedoch die Stadt Bodensonderungsverfahren durchzuführen, indessen Folge das Grundstück des Immobilienbesitzers auf die Stadt übergehen sollte. Als finanzielle Entschädigung für die Enteignung erhielt der bisherige Eigentümer 600.000 Euro. Das Finanzamt wollte nun aber Steuern auf den Enteignungsgewinn erheben. Sie betrachteten die Enteignung durch die Stadt nämlich als ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft, da zwischen Erwerb und Enteignung weniger als zehn Jahre vergangen seien und deshalb im Sinne eines „Spekulationsgewinns“ ein Veräußerungsgewinn von circa 175.000 EUR vom ehemaligen Eigentümer zu versteuern sei. Dies wollte der Ex-Grundstücksbesitzer nicht akzeptieren und zog vor Gericht.

Urteil: Kein rechtsgeschäftlicher Wille erkennbar

Das zuständige Finanzgericht gab dem ehemaligen Immobilienbesitzer Recht. Die hoheitliche Übertragung des Grundstücks auf die Stadt sei nicht als Veräußerungsgeschäft anzusehen. Ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft setze nämlich grundsätzlich voraus, dass die Eigentumsübertragung auf eine wirtschaftliche Betätigung des Veräußernden zurückzuführen sei. Hierzu müsse ein auf die Veräußerung gerichteter rechtsgeschäftlicher Wille des Veräußernden vorhanden sein. Ein solcher Wille fehle, wenn ein Grundstück – wie im vorliegenden Fall – enteignet werde. Immerhin eine Steuernachzahlung bleibt dem Ex-Grundstückseigentümer also erspart. Das Finanzamt hat jedoch Revision vor dem Bundesfinanzhof beantragt.

Urteil: Finanzgericht Münster, Urteil vom 28.11.2018 – 1 K 71/16 E

Bild: MichaelGaida (Pixabay, Pixabay License)

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