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Mittelbare Beteiligung - Werbungskosten des Arbeitnehmers aus Bürgschaftsverlusten (Kommentar von Udo Cremer)

08.03.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Experte Udo Cremer erläutert anhand eines Beispiels die Werbungskosten des Arbeitnehmers aus Bürgschaftsverlusten.

Erwerbsaufwand ist den Einkünften zuzurechnen, zu denen der engere und wirtschaftlich vorrangige Veranlassungszusammenhang besteht. Die Übernahme einer Bürgschaft durch den Arbeitnehmer zu Gunsten seines Arbeitgebers kann durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sein.

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Der Kläger war vom 1.1.2001 bis 31.12.2010 am Stammkapital der C u. D GMBH (E), die im Bereich Automotiv tätig war, mit 50 % (25.000 €) beteiligt und als ihr Geschäftsführer tätig. Weiterer Geschäftsführer war Herr C. Der Kläger war für Betriebsleitung und Controlling zuständig. Mit weiterem Gesellschaftsvertrag vom 14.2.2006 beteiligte sich der Kläger am Stammkapital der neu gegründeten F GmbH mit 20 % (11.900 €) sowie an der gleichzeitig gegründeten F KG aA, an der die F GmbH voll haftender Gesellschafter war, mit zuletzt 5,71 % (240.000 €) unmittelbar am Grundkapital.

Am 14.6.2007 übernahm die F KG aA die G AG, die alleinige Gesellschafterin der A u. B GmbH (A & B) war. Herr H wurde Geschäftsführer der A & B und der Kläger übernahm die Vertriebsleitung innerhalb der A & B. Dabei stellte E der A & B die Arbeitsleistung des Klägers zur Verfügung; Grundlage war der am 2.4.2008 vereinbarte und bis zum 31.12.2008 befristete "Dienstleistungsvertrag Interimsmanagement".

Am 5.6.2008 schlossen A & B und der Kläger einen Geschäftsführeranstellungsvertrag, mit dem der Kläger ab 1.1.2009 zum "Geschäftsführer-Vertrieb" berufen wurde. Der Kläger erhielt seitdem von der A & B ein Geschäftsführergehalt von monatlich 15.000 €. Der A & B wurden nach Ausarbeitung eines Sanierungskonzepts zur notwendigen Kapitalausstattung seitens der Hausbanken Darlehen gewährt, nämlich ein Betriebsmitteldarlehen von 4 Mio. € und ein Kontokorrentkredit von 1 Mio. €, u.a. gesichert durch eine Landesbürgschaft. Voraussetzung der Landesbürgschaft war allerdings, dass sich auch die in der operativen Führungsebene tätigen Geschäftsführer, u.a. der Kläger, vorrangig gegenüber der Landesbürgschaft verbürgten. Dementsprechend verbürgte sich der Kläger am 25.9.2008 mit einem Betrag von 120.000 € und am 24.10.2008 mit einem weiteren Betrag von 43.400 €. Mit Beschluss vom 2.7.2009 wurde das Insolvenzverfahren über die A & B eröffnet und der Insolvenzantrag auch für die F KG aA gestellt. Der Kläger leistete daraufhin nach Inanspruchnahme durch die Banken auf die Bürgschaft Zahlungen in Höhe von 120.000 € am 3.11.2009, 20.000 € am 27.12.2010 und 23.400 € am 30.3.2011. Der Kläger und seine Ehefrau, die Klägerin und Revisionsbeklagte, machten in ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 2009 die Zahlungen in Höhe von 163.400 € bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb i.S. des § 17 EStG geltend.

Das FA ließ im streitigen Einkommensteuerbescheid die Verluste aus der Bürgschaftsinanspruchnahme unberücksichtigt und wies den dagegen erhobenen Einspruch zurück, weil eine Verlustberücksichtigung bei der hier nur gegebenen mittelbaren Beteiligung ausscheide. Das FG gab der Klage mit den in EFG 2014, 256 veröffentlichten Gründen statt.

Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH-Urteil vom 3.9.2015, VI R 58/13). Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung liegen solche Werbungskosten vor, wenn die Aufwendungen durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Dies gilt auch für nachträgliche Werbungskosten. Diese können entstehen, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses Aufwendungen im Zusammenhang mit demselben erbringen muss. Dann muss schon in dem Zeitpunkt, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt wurde, der dargestellte berufliche Zusammenhang bestehen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Stehen die Aufwendungen zu mehreren Einkunftsarten in einem wirtschaftlichen Zusammenhang, entscheidet nach ständiger Rechtsprechung der engere und wirtschaftlich vorrangige Veranlassungszusammenhang. Danach sind Aufwendungen der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt. Das entspricht den Rechtsgrundsätzen, die auch für die Frage heranzuziehen sind, ob eine Zuwendung des Arbeitgebers auf dem Arbeitsverhältnis oder auf anderen Rechtsbeziehungen gründet.

Diese Rechtsgrundsätze hat der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung in Bezug auf die Frage, ob Bürgschaftsverluste durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind, konkretisiert. Ist der Arbeitnehmer zugleich als Gesellschafter an seiner in Form einer Kapitalgesellschaft betriebenen Arbeitgeberin beteiligt, spricht umso mehr für eine innere wirtschaftliche Verbindung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und damit für nachträgliche Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung, je höher die Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers ist. Denn ein fremder, nicht mit dem Arbeitgeber durch eine Kapitalbeteiligung verbundener Arbeitnehmer wird nur in Ausnahmefällen bereit sein, zu Gunsten seines offenbar gefährdeten Arbeitsplatzes das Risiko einer Bürgschaft zu übernehmen. Umgekehrt bedeutet dies zugleich, dass bei einem an der Gesellschaft in nur sehr geringem Umfang beteiligten Arbeitnehmer, der eine Bürgschaft für seinen Arbeitgeber übernimmt, dies als Indiz dafür gilt, dass diese Bürgschaftsübernahme durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist. Dies gilt erst recht, wenn der Arbeitnehmer an der Gesellschaft überhaupt nicht beteiligt ist und durch die Bürgschaftsübernahme keine weiteren Einkünfte erzielt und dementsprechend damit ausschließlich seine Lohneinkünfte zu sichern und zu erhalten sucht.

Dies gilt im Grundsatz auch dann, wenn der Arbeitnehmer an seinem Arbeitgeber noch nicht gesellschaftsrechtlich beteiligt ist, aber eine solche Beteiligung anstrebt, oder wenn der Arbeitnehmer an seinem Arbeitgeber zwar nicht unmittelbar, aber mittelbar gesellschaftsrechtlich beteiligt ist. Denn so, wie ein Erwerbsaufwand durch eine zunächst nur angestrebte künftige Beteiligung gesellschaftsrechtlich veranlasst sein kann, kann dieser auch durch eine mittelbare Beteiligung veranlasst sein, etwa um die unmittelbare Beteiligung finanziell zu stärken.

Das FG hat die vorgenannten Rechtsgrundsätze beachtet und ist im Rahmen seiner weder gegen Denkgesetze noch Erfahrungssätze verstoßenden Gesamtwürdigung zu dem möglichen und in sich schlüssigen Ergebnis gelangt, dass die Übernahme der Bürgschaft durch den Kläger in Zusammenhang mit dessen Beruf und dessen Arbeitnehmerstellung bei der A & B gestanden hat. Das FG hat diese Würdigung insbesondere darauf gestützt, dass die Darlehen nur mit einer Landesbürgschaft zu erhalten gewesen seien, das Land sich aber nur zu einer Bürgschaft bereit erklärt hätte, wenn auch der Kläger eine solche Bürgschaft abgegeben hätte. Damit hingen wiederum dessen erhebliche Gehalts- und Tantiemezahlungen als Geschäftsführer von der Bürgschaftsübernahme ab.

Im Ergebnis widerspricht damit das Urteil des FG nicht dem Grundsatz, dass Aufwendungen der Einkunftsart zuzurechnen sind, zu der sie die engere Beziehung haben. Denn es ist nichts dazu festgestellt, dass die einkommensteuerrechtlich unerhebliche mittelbare Gesellschafterstellung des Klägers gegenüber dessen gegenwärtig ausgeübter mit konkreten Einkünften verbundener nichtselbständiger Tätigkeit als Geschäftsführer der A & B in einem vorrangigen Veranlassungszusammenhang zur Bürgschaftsübernahme gestanden hätte.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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