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Minderheitsbeteiligung des Kommanditisten von weniger als 10 % an der Komplementär-GmbH regelmäßig kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen II (Kommentar von Udo Cremer)

22.06.2015  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Experte Udo Cremer zeigt, wann bei der Minderheitsbeteiligung des Kommanditisten kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen II besteht.

Die Minderheitsbeteiligung des Kommanditisten an der geschäftsführungsbefugten Komplementär-GmbH von weniger als 10 % ist nicht dem Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen, wenn ausgehend vom gesetzlich normierten Regelfall in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Abstimmung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erfolgt. Dies gilt auch, wenn die Komplementär-GmbH außergewöhnlich hoch am Gewinn der KG beteiligt ist.

Der Kläger erwarb im Jahr 1996 Kommanditanteile in Höhe von 5 % an der R-GmbH & Co. KG (R-KG) und 5 % der Anteile an deren Komplementärin, der H-GmbH. Die Tätigkeit der nicht am Vermögen beteiligten H-GmbH beschränkt sich auf die Geschäftsführung der R-KG, einen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält sie nicht. Am Gewinn der R-KG sind die H-GmbH mit 99 % und die beiden Kommanditisten, der Kläger und die mit 95 % beteiligte X-KG, insgesamt mit 1 % entsprechend dem Verhältnis ihrer Kommanditanteile beteiligt. Die R-KG ermittelt ihren Gewinn für das abweichende Wirtschaftsjahr vom 1. April bis 31. März. Sie übt aufgrund eines Betriebsüberlassungsvertrags seit Januar 1997 keine eigene aktive Tätigkeit mehr aus.

Mit notariellem Vertrag vom 23.11.2001 veräußerte der Kläger sowohl seinen Geschäftsanteil an der H-GmbH (im Weiteren auch: GmbH-Anteil) als auch seinen Kommanditanteil an der R-KG. Die Verkaufserlöse betrugen 3.728.178,50 DM für den GmbH-Anteil und 35.721,50 DM für den Kommanditanteil. Den Gewinn aus der Veräußerung des GmbH-Anteils erfasste die R-KG in der Feststellungserklärung für 2002 nicht, da dieser im Privatvermögen des Klägers angefallen sei. Demgegenüber ging das FA nach einer Außenprüfung davon aus, dass der GmbH-Anteil dem Sonderbetriebsvermögen II des Klägers bei der R-KG zuzuordnen sei. Er stellte mit geändertem Bescheid vom 27.5.2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2002 für den Kläger einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.922.015 € fest, von dem 1.904.909 € auf den GmbH-Anteil und 17.106 € auf den Kommanditanteil entfielen.

Der Einspruch und die Klage, mit der sich der Kläger gegen die Zuordnung des GmbH-Anteils zum Sonderbetriebsvermögen II wendete, hatten keinen Erfolg. Das FG führte im Wesentlichen aus, dass die Beteiligung des Klägers an der H-GmbH notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der R-KG sei. Denn die Teilhabe des Klägers an den Gewinnen der R-KG sei im Wesentlichen aufgrund seiner Beteiligung an der H-GmbH erfolgt. Die Beteiligung an der H-GmbH sei daher als funktional wesentliche Betriebsgrundlage der R-KG zu qualifizieren. Trotz der der H-GmbH zukommenden Abschirmwirkung entspreche bei wirtschaftlicher Betrachtung die über die H-GmbH vermittelte mittelbare Gesellschafterstellung einer wirtschaftlich nicht unbedeutenden Erweiterung der bestehenden Kommanditbeteiligung des Klägers bei der R-KG. Die Beteiligung des Klägers an der R-KG werde dadurch gestärkt. Es sei nicht erforderlich, dass die Beteiligung an der Komplementär-GmbH einen beherrschenden Einfluss vermittele. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Annahme von Sonderbetriebsvermögen II bestünden nicht.

Die Revision des Klägers ist begründet (BFH Urteil vom 16.4.2015, IV R 1/12). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Die bisherigen Feststellungen des FG tragen nicht dessen Würdigung, dass die Beteiligung des Klägers an der H-GmbH als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II anzusehen und deshalb der Gewinn aus der Veräußerung des Geschäftsanteils an der H-GmbH als tarifbegünstigter (Sonder-)Veräußerungsgewinn des Klägers im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der R-KG für das Streitjahr festzustellen ist. Zum notwendigen Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft gehören nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG zusätzlich zu den im Gesamthandseigentum der Mitunternehmer stehenden Wirtschaftsgütern auch solche Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören, wenn sie geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen II) zu dienen.

Der Senat hält an der ständigen Rechtsprechung fest, dass Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören und ausschließlich der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft dienen, dem Betriebsvermögen der Personengesellschaft als sog. Sonderbetriebsvermögens II zuzuordnen sind. Die Einbeziehung des Sonderbetriebsvermögens II in die Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft beruht auf einer Auslegung von § 2 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. §§ 4 ff. und § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und bewegt sich innerhalb der Grenzen verfassungsrechtlich zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung.

Notwendiges Sonderbetriebsvermögen II ist anzunehmen, wenn die dem Mitunternehmer gehörenden Wirtschaftsgüter zur Begründung oder Stärkung seiner Beteiligung eingesetzt werden. Ein solches Wirtschaftsgut kann auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sein. Da die Beteiligung des Klägers an der H-GmbH ersichtlich nicht der Begründung seiner Mitunternehmerstellung an der R-KG gedient hat, kann im Streitfall eine Zuordnung der Beteiligung zum Sonderbetriebsvermögen II nur dann in Betracht kommen, wenn durch die Beteiligung des Klägers an der H-GmbH dessen Mitunternehmerstellung in der R-KG gestärkt worden ist. Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft kann die Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft sowohl dadurch stärken, dass sie für das Unternehmen der Personengesellschaft wirtschaftlich vorteilhaft ist als auch dadurch, dass sie der Mitunternehmerstellung selbst dient, weil durch die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft der Einfluss des Gesellschafters in der Personengesellschaft steigt bzw. gestärkt wird. Ein wirtschaftlicher Vorteil der Kapitalbeteiligung für das Unternehmen der Personengesellschaft wird nach der Rechtsprechung regelmäßig nur dann bejaht, wenn zwischen dem Unternehmen der Personengesellschaft und demjenigen der Kapitalgesellschaft eine enge wirtschaftliche Verflechtung besteht, der Mitunternehmer der Personengesellschaft ggf. zusammen mit anderen Mitunternehmern die Kapitalgesellschaft beherrscht und die Kapitalgesellschaft neben ihren geschäftlichen Beziehungen zur Personengesellschaft keinen anderen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält. Ungeachtet der von der Rechtsprechung geforderten Einflussnahme des Gesellschafters auf die Komplementär-GmbH wurde die Höhe der Beteiligungsquote regelmäßig nicht weiter thematisiert, entweder deshalb nicht, weil die Gesellschafter der Personengesellschaft in ihrer Gesamtheit die wesentlichen Anteile an der Komplementär-GmbH hielten, oder aber weil der Anteil an der Komplementär-GmbH jedenfalls über 20 % lag. Eine Beteiligung des Kommanditisten an der geschäftsführungsbefugten Komplementär-GmbH ist grundsätzlich nicht dem Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen, wenn er auf Grund der Höhe der Beteiligung nicht in der Lage ist, über diese Einfluss auf die Geschäftsführung der KG zu nehmen. Eine solche Einflussnahme ist jedenfalls bei einem Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH unter 10 % liegt, regelmäßig ausgeschlossen. In diesem Fall ist es, ausgehend von dem in § 47 Abs. 1 GmbHG gesetzlich normierten Regelfall, wonach die Abstimmung in der Gesellschaft nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erfolgt, dem Gesellschafter unter keinem denkbaren Gesichtspunkt möglich, auf die Geschäftsführung der Komplementär-GmbH und damit mittelbar auf deren Geschäftsführungstätigkeit in der KG Einfluss zu nehmen.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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