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Kündigung aufgrund unterlassener Mülltrennung?

27.02.2024  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: IBR Immobilien & Baurecht.

Ob ein Verstoß gegen die Mülltrennung einen Kündigungsgrund darstellt, erscheint fraglich. Jedenfalls bei geringen Müllmengen ist dies aber zu verneinen. So entschied das AG Hamburg-Blankenese in einem Urteil vom 24.02.2023 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2023.

BGB § 543 Abs. 1, §§ 546, 573 Abs. 2 Nr. 1; ZPO § 448
1. Ob ein Verstoß gegen die Mülltrennung einen Kündigungsgrund darstellt, erscheint fraglich.
2. Jedenfalls bei geringen Müllmengen ist dies aber zu verneinen.
AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 24.02.2023 - 533 C 159/22

In dem Rechtsstreit .... erkennt das Amtsgericht Hamburg-Blankenese - Abteilung 533 - durch die Richterin am Amtsgericht Steiner am 24.02.2023 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2023

für Recht:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 4.560,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Räumung. Die Beklagte mietet seit dem 1.10.2021 von der Klägerin eine 1-Zimmerwohnung im Dachgeschoss des Mehrfamilienhauses ### (Mietvertrag Anlage K1). Auf die Regelungen des Mietvertrages wird Bezug genommen.

In § 18 in Verbindung mit § 30 des Mietvertrages ist die Verpflichtung zur Mülltrennung wie folgt konkretisiert: "Es gilt eine Pflicht zur Mülltrennung durch den gelben Sack, sowie Altglas- und Papier-Container. Diese ist einzuhalten. Gelbe Säcke erhalten Sie unter http://www.stadtreinigung-hh.de". Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte der Verpflichtung zur Mülltrennung nachkommt.

Mit Schreiben vom einen 21.6.2022 (Anlage K4) mahnte die Klägerin die Beklagte im Hinblick auf unterlassene Mülltrennung ab und erklärte, die Beklagte entsorge seit Monaten ihre PET- Flaschen, Plastikverpackungen, Glas, Altkleider, Blumen, Lebensmittel und ähnliches im Hausmüll.
Mit Schreiben vom 8.7.2022 (Anlage K5) mahnte die Klägerin die Beklagte erneut wegen unterlassener Mülltrennung unter Hinweis auf eine mögliche fristlose Kündigung ab.
Mit Schreiben vom 25.8.2022 (Anlage K2) kündigte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Mietverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich wegen der Verletzung der Pflicht zur Mülltrennung.
Mit Schreiben vom 8.9.2022 (Anlage K7) wies der Mieterverein zu Hamburg die Kündigung zurück und bestritt den Vorwurf, die Beklagte habe den Müll nicht ordnungsgemäß getrennt.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe schon kurz nach Einzug ihren Müll nicht ordnungsgemäß getrennt. Sie entsorge Plastik, Glas und Papier im Hausmüll. Die Klägerin legt im Anlagenkonvolut K6 diverse Fotos vor, die von ihr gesichteten Müll zeigen und Vorfälle am 1.6.2022, 28.6.2022, 5.7.2022, 8.7.2022, 6.8.2022, 12.8.2022, 13.8.2022 und 18.8.2022 dokumentieren sollen. Sie bezieht sich für ihre Behauptung, dass es sich um Müll der Beklagten handele und diese ihren Müll auch weiter nicht trenne, auf ihre eigene Parteivernehmung.

Die Klägerin beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, die von ihr bewohnte 1-Zimmer-Wohnung im Mehrfamilienhaus Wittenbergener Weg 87, 22559 Hamburg, Dachgeschoss, bestehend aus 1 Zimmer, nebst Küche, Flur, Bad, WC und 1 Spitzboden zu räumen und geräumt einschließlich 2 Haustür-, 2 Wohnungstür-, 2 Briefkasten- und 1 Kellerschlüssel an die Klägerin herauszugeben,
  2. der Beklagten keine Räumungsfrist zu gewähren,
  3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 540,50 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet die behaupteten Fehlhandlungen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

1. Der Klägerin steht kein Räumungsanspruch nach § 546 BGB zu. Das Mietverhältnis wurde weder durch die fristlose, noch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 25.8.2022 (Anlage K2) wirksam beendet.

Ein wichtiger Grund für die Beendigung eines Mietverhältnisses im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB liegt nur dann vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Eine ordentliche Kündigung setzt ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses voraus, dass nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB dann vorliegt, wenn der Mieter seine vertraulichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat.

Weder die Voraussetzungen für eine fristlose noch die für eine ordentliche Kündigung sind ausreichend dargelegt. Streitig ist schon die Frage, ob die Beklagte gegen das Gebot zur Mülltrennung verstößt. Die Klägerin hat sich für ihren Vortrag, die Beklagte trenne den Müll nicht ordnungsgemäß und entsorge Plastik, Glas und Papier im Hausmüll, lediglich auf ihre eigene Parteivernehmung berufen. Diese kommt nach § 448 ZPO nur dann in Betracht, wenn für die unter Beweis gestellte Behauptung eine gewisse Anfangswahrscheinlichkeit vorliegt. Das ist fraglich, da im Haus ### mehrere Mietparteien leben und die Klägerin nicht dargelegt hat, aufgrund welcher Kriterien sie den nicht getrennten Müll der Beklagten zugeordnet hat. Dass es sich bei dem von der Klägerin beanstandeten Müll um solchen der Beklagten handelt, könnte sich allenfalls aus dem Foto aus dem Anlagenkonvolut K6 mit dem Datum 1.6.2022 ergeben, auf dem ist ein Zettel mit dem aufgedruckten Namen der Beklagten zu erkennen ist.

Aber auch unterstellt, alle 8 von der Klägerin vorgetragenen Vorfälle, die sie mit den Fotos Anlagenkonvolut K6 dokumentiert hat, seien der Beklagten zuzuordnen, ergibt sich zur Auffassung des Gerichts kein Grund für eine fristlose oder ordentliche Kündigung des Mietvertrages. Dies beruht auf einer Abwägung des Interesses der Beklagten an dem Fortbestand des Mietvertrages gegenüber dem Umfang der dokumentierten Verstöße gegen die Mülltrennung.

Den Fotos ist zwar zu entnehmen, dass die dort gezeigten Müllstücke eine Vielzahl von Plastikmüll enthalten. Es handelt sich aber jeweils um geringe Müllmengen. Ein Verstoß gegen das Gebot der Aussonderung von Papier oder Glas ist auf den Fotos nicht bzw. kaum zu erkennen. Soweit einzelne bedruckte Zettel zu sehen sind, dürften diese wie beispielsweise Fahrkarten in den Hausmüll gehören. Auch leere Klopapierrollen dürften im Haushaltsmüll zu entsorgen sein, da sie immerhin noch Reste von Klebespuren enthalten können. Auf den eingereichten Fotos ist nur unter dem Datum 28.06.2022 ein Behältnis (für eine Peanut Butter) zu erkennen, das aus Glas sein könnte. Erhebliche negative Auswirkungen auf die Mietsache, andere Mieter oder die Vermieterin sind nicht ersichtlich.

Es ist weder vorgetragen, dass aufgrund der fehlenden Mülltrennung nicht mehr ausreichend Plau im Hausmüll für andere Mieter vorhanden wäre, noch dass die Müllabholung aufgrund fehlender Mülltrennung verweigert oder der Klägerin ein Bußgeld auferlegt wurde.

Das Gericht verkennt nicht, dass es eine gesetzliche Vorgabe zur Mülltrennung gibt und die Klägerin diese mit §§ 18 und 30 des Mietvertrages wirksam an die Beklagte weitergegeben hat. Eine solche Mülltrennung dürfte nach heutigem Verständnis aufgrund umweltpolitischer Erwägungen für jeden selbstverständlich sein. Ob allein ein Verstoß dagegen einen Kündigungsgrund darstellt, ist jedoch fraglich. Das Gericht muss diese Grundsatzfrage nicht entscheiden. Vorliegend kommt es nur darauf an, ob die vorgetragenen Verstöße eine Kündigung rechtfertigen, was nach den obigen Ausführungen nicht der Fall ist. Die Entscheidung mag anders ausfallen, wenn es sich um umfangreichere Verstöße über einen längeren Zeitraum handelt, der Müll wiederholt nicht abgeholt wird, Bußgelder ergehen oder sich andere erhebliche Auswirkungen auf das Mietobjekt, andere Mieter oder den Vermieter bzw. die Vermieterin ergeben.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Verkündet am: 24.02.2023

Bild: blickpixel (Pixabay, Pixabay License)

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