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Kein Vorsteuerabzug, wenn in der zugrunde liegenden Rechnung lediglich ein Scheinsitz des Leistenden angegeben ist (Kommentar von Udo Cremer)

07.12.2015  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Anhand eines Beispiels erläutert Experte Udo Cremer, wann eine Firma, die nur einen Scheinsitz in der zugrunde liegenden Rechnung angegeben hat, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Der Kläger nahm in den Streitjahren (2005 und 2006) u.a. aus der Rechnung der Firma … GmbH (X-GmbH) vom 28.11.2005 und der Firma … GmbH (Y-GmbH) vom 14.12.2006 den Vorsteuerabzug vor. Das FA versagte nach Durchführung einer Außenprüfung in den Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden für die Streitjahre vom 30.1.2012 den Vorsteuerabzug aus den genannten Rechnungen. Das FA nahm an, die X-GmbH sei eine "Briefkastenfirma", die tatsächlich nicht wirtschaftlich tätig gewesen sei. Es sei nicht glaubhaft, dass die X-GmbH die abgerechneten Leistungen erbracht habe. Auch die Y-GmbH habe die abgerechneten Leistungen nicht erbracht; sie sei schon im November 2006 wegen Vermögenslosigkeit aus dem Handelsregister gelöscht worden.

Das FG wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab und ließ die Revision nicht zu. Es führte aus, die X-GmbH habe unter der in der Rechnung angegebenen Anschrift keinen Geschäftssitz gehabt und unter dieser Anschrift keine Geschäftstätigkeit in irgendeiner Form ausgeübt. Es bestünden außerdem Zweifel, ob die X-GmbH die in Rechnung gestellten Leistungen erbracht habe. Ebenso habe die Y-GmbH keinen Sitz an der in der Rechnung genannten Adresse gehabt. Die Gesellschaft sei seit November 2006 gelöscht und ihr Gewerbe überdies unter einer anderen Anschrift angemeldet gewesen. Zudem bestünden hinsichtlich der Y-GmbH Zweifel, ob diese die abgerechneten Leistungen erbracht habe.

Mit seiner Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, die Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (BFH- Beschluss vom 8.7.2015, XI B 5/15). Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet; die geltend gemachten Zulassungsgründe wurden teilweise nicht hinreichend dargelegt und liegen im Übrigen nicht vor.

Eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Divergenz setzt voraus, dass das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als ein anderes Gericht. Das FG muss seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt. Für die Annahme einer Divergenz reichen indes weder eine (angeblich) unzutreffende Tatsachen- und Beweiswürdigung noch eine (angeblich) fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls noch (angebliche) schlichte Subsumtionsfehler aus. Gemessen daran liegt im Streitfall keine Divergenz vor. Der Vortrag des Klägers, das FG habe hinsichtlich der X-GmbH den Rechtssatz aufgestellt, eine Büroserviceadresse reiche als Geschäftssitz nicht aus, trifft nicht zu. Das FG hat vielmehr unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH lediglich den (zutreffenden) abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der Vorsteuerabzug scheide aus, wenn der in der Rechnung angegebene Sitz tatsächlich nicht bestanden habe. Die Angabe einer Anschrift, an der keinerlei geschäftliche Aktivitäten stattfänden, reiche nicht aus. Es hat sodann (für den Senat bindend) festgestellt, dass die X-GmbH an der in der Rechnung angegebenen Anschrift keine Geschäftstätigkeit in irgendeiner Form ausgeübt habe. Dass das FG die seine Würdigung tragenden tatsächlichen Feststellungen teilweise in den Entscheidungsgründen getroffen hat, ist unschädlich.

Soweit der Kläger weiter geltend macht, das FG weiche insoweit vom Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Mahagében und Dávid vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11 (EU:C:2012:373, BFH/NV 2012, 1404) ab, als es den abstrakten Rechtssatz aufgestellt habe, dass der Steuerpflichtige die objektive Feststellungslast für die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs trage, liegt ebenfalls keine Abweichung vor. Dieser Rechtssatz entspricht vielmehr der ständigen Rechtsprechung des BFH und gilt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH jedenfalls hinsichtlich der Frage, ob die Leistung bewirkt worden ist, weiter.

Außerdem hat das FG gar keine Entscheidung nach den Grundsätzen der objektiven Feststellungslast getroffen; denn es war sowohl hinsichtlich der X-GmbH als auch hinsichtlich der Y-GmbH davon überzeugt, dass diese an den in den Rechnungen angegebenen Anschriften nicht ansässig waren, und hat bereits aus diesem Grund den Vorsteuerabzug versagt.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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