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Innergemeinschaftliche Lieferung (Kommentar von Udo Cremer)

26.10.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Die gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV a.F. erforderliche Angabe des Bestimmungsorts ergibt sich nur dann aus der für die Lieferung ausgestellten Rechnung, wenn von einer Beförderung zu dem in der Rechnung angegebenen Unternehmensort des Abnehmers auszugehen ist.

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Die Klägerin ist Organträger einer Organ-GmbH (GmbH), die in den Streitjahren 2007 und 2008 auf Vermittlung des P Kaufverträge mit den in Spanien und der Tschechischen Republik ansässigen Firmen C, M und PA für die Durchführung steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen abgeschlossen hatte. Bei diesen Firmen handelte es sich um Scheinunternehmen, deren Existenz und Unternehmereigenschaft P fingiert hatte, um PKW ohne Umsatzsteuerbelastung erwerben zu können. Neben den Rechnungen an die Firmen C, M und PA lagen der GmbH Verbringungserklärungen vor, die der GmbH bei der jeweiligen Abholung übergeben worden waren und in denen als Bestimmungsort Spanien oder Tschechien angegeben war. Die Klägerin zeichnete gemäß § 17c Abs. 1 UStDV die diesen Firmen erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummern auf. Der Transport der PKW in das übrige Gemeinschaftsgebiet erfolgte nach der Abholung bei der GmbH durch Sammeltransporte aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet.

Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung bei P ging das FA davon aus, dass die Lieferungen aufgrund der für die Firmen C, M und PA abgeschlossenen Kaufverträge steuerpflichtig seien und erließ entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide. Ein Einspruch hiergegen hatte nur insoweit Erfolg, als die von der GmbH vereinnahmten Kaufpreise als Gegenleistung behandelt wurden. Die hiergegen eingelegte Klage wies das FG als unbegründet ab. Die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 1 UStG lägen unstreitig nicht vor. Es sei der Klägerin auch kein Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG zu gewähren, da die Klägerin keinen hinreichenden Belegnachweis erbracht habe. Zudem habe die Klägerin nicht in gutem Glauben gehandelt.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH- Urteil vom 10.8.2016, V R 45/15). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Lieferungen nicht als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, sondern steuerpflichtig sind. Die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 1 UStG liegen nicht vor, da es sich bei den als Abnehmer geführten Firmen C, M und PA um Scheinfirmen handelte, so dass es an der gemäß § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und Nr. 3 UStG erforderlichen Lieferung an einen zur Erwerbsbesteuerung verpflichteten Unternehmer fehlt. Die Klägerin kann die Steuerfreiheit auch nicht aufgrund eines Beleg- und Buchnachweises gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV in Anspruch nehmen. Es fehlt sowohl am Beleg- als auch am Buchnachweis. Im Streitfall liegen, wie das FG insoweit zu Recht entschieden hat, Versendungs-, nicht aber Beförderungsfälle vor, da die PKW im maßgeblichen Zeitpunkt des Verlassens des Inlands nicht durch den Lieferer oder den Abnehmer befördert, sondern durch Einschaltung selbständiger Dritter versendet wurden. Versendungsbelege liegen der Klägerin nicht vor. Die Klägerin hat den Belegnachweis aber auch dann nicht erbracht, wenn zu ihren Gunsten zu unterstellen wäre, dass sie zu einer Nachweisführung wie im Beförderungsfall berechtigt wäre.

Die unionsrechtliche Befugnis zur gesetzlichen Anordnung des Belegnachweises ergibt sich aus Art. 131 MwStSystRL. Danach wird die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung nur "unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiung[en] sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen". Da sich der Mitgliedstaat der Erwerbsbesteuerung nach dem Bestimmungsort der Lieferung richtet, ist diese Angabe zur Wahrung der Korrespondenz von innergemeinschaftlicher Lieferung und innergemeinschaftlichem Erwerb nicht verzichtbar. Im Streitfall reicht die Nennung eines Bestimmungslandes in den Verbringungserklärungen zur Angabe des Bestimmungsorts nicht aus. Der Bestimmungsort ergibt sich auch nicht aus den für die Lieferungen ausgestellten Rechnungen. Zwar kann sich aus der Rechnungsanschrift im Einzelfall der belegmäßig nachzuweisende Bestimmungsort ergeben. Dies setzt aber voraus, dass von einer Beförderung zu dem in der Rechnung angegebenen Unternehmensort des Abnehmers auszugehen ist. Dies trifft auf Abrechnungen gegenüber Scheinunternehmen nicht zu.

Der Buchnachweis ist widerlegt. Der Unternehmer soll nach § 17c Abs. 1 UStDV die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers aufzeichnen. Zwar hat die Klägerin die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern der Firmen C, M und PA aufgezeichnet. Da es sich aber bei diesen Firmen, die die Klägerin als ihre Abnehmer ansah, um Scheinfirmen handelte, ergibt sich aus der Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern dieser Firmen nicht auch deren Unternehmereigenschaft. Denn steht fest, dass die buchmäßige aufgezeichnete Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mangels tatsächlich fehlender Unternehmereigenschaft diese nicht bezeugen kann, entfällt die Beweiskraft dieser buchmäßigen Aufzeichnung. Es kann dann nicht zu einer Inanspruchnahme der Steuerfreiheit auf formeller Beweisgrundlage kommen. Die Klägerin kann keinen Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG beanspruchen. Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte.

Die Steuerfreiheit gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer den Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV ihrer Art nach nachgekommen ist. Im Streitfall hat die Klägerin formal zwar den – entkräfteten - Buchnachweis, nicht aber auch den Belegnachweis in der erforderlichen Art erbracht, da die Angaben zu den Bestimmungsorten fehlten.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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