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Identität zwischen dem ursprünglich geplanten und dem tatsächlich errichteten Gebäude (Kommentar von Udo Cremer)

12.07.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Inwiefern die investitionszulagenrechtliche Begünstigung von einer Identität zwischen dem ursprünglich geplanten und dem tatsächlich errichteten Gebäude abhängig ist, erklärt Experte Udo Cremer anhand eines Beispiels.

Die Klägerin schloss am 31.3. / 29.5.2008 mit der B-GmbH einen Immobilien-Leasingvertrag über eine nach den Wünschen der B-GmbH in der Gemeinde R zu errichtende Produktionsstätte, die bis spätestens 1.6.2009 errichtet werden sollte. Auf den am 15.5.2008 gestellten Bauantrag erhielt die Klägerin am 14.8.2008 eine Baugenehmigung. Am 10.9.2008 schloss die Klägerin mit der Gemeinde R einen notariellen Grundstückskaufvertrag. Der Kaufpreis betrug 500.000 €. Die Klägerin verpflichtete sich gegenüber der R, auf dem Grundstück innerhalb von zwei Jahren ab bestandskräftiger Baugenehmigung ein Betriebsgebäude bezugsfertig zu errichten, widrigenfalls sollte der R ein Rücktrittsrecht zustehen.

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Im Jahr 2008 begann die Klägerin mit der Errichtung der Industriehalle. Für die im Jahr 2008 getätigten Herstellungsmaßnahmen (Planungsleistungen, Tiefbauarbeiten, Ver- und Entsorgungsinfrastruktur, Fundamentierung, Regenrückhaltung etc.) erhielt sie mit Bescheid des vormals zuständigen Finanzamts vom 19.3.2009 eine Investitionszulage nach dem InvZulG 2007 in Höhe von 251.057,85 €. Für die im Jahr 2009 begonnenen Hochbauarbeiten beantragte die Klägerin keine Investitionszulage.

Nachdem die B-GmbH den Leasingvertrag am 15.9.2009 gekündigt hatte und Bemühungen, das Objekt anderweitig zu vermarkten, gescheitert waren, trat die Gemeinde R gemäß einer in einem gerichtlichen Vergleich getroffenen Vereinbarung zum 1.5.2011 vom Grundstückskaufvertrag zurück. R ließ die bereits errichteten Hochbauten im Frühjahr 2013 abbrechen und verkaufte das Grundstück mit Vertrag vom 15.7.2013 für 496.360 € an die L-GmbH. Es wurde vereinbart, die L-GmbH werde die Fundamente, Leitungen und Kanäle (sofern erforderlich) auf eigene Kosten beseitigen. Ferner sollte sie innerhalb eines halben Jahres eine Baugenehmigung beantragen und innerhalb von zwei Jahren nach bestandskräftiger Baugenehmigung eine Produktionsanlage errichten.

Der durch Sitzverlagerung inzwischen zuständig gewordene FA setzte durch Änderungsbescheid vom 28.11.2012 die Investitionszulage auf 0 € und die zu leistenden Zinsen für den Rückforderungsanspruch auf 56.486 € fest. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 22.10.2014).

Das FG wies die dagegen gerichtete Klage als unbegründet ab und ließ die Revision nicht zu. Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (BFH-Beschluss vom 5.4.2016, III B 83/15). Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Eine Rechtsfrage ist nicht (mehr) klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erfordern. Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob es im Hinblick auf die investitionszulagenrechtliche Förderung der Herstellung eines Gebäudes unschädlich ist, wenn ein geförderter Teil einer Baumaßnahme (hier: der Tiefbau) auf der Grundlage einer veränderten Baugenehmigung in ein geändertes Nutzungskonzept einbezogen wird.

Insoweit besteht kein erneuter Klärungsbedarf, da die maßgeblichen Fragen bereits durch die Rechtsprechung des BFH geklärt sind. Schon nach dem noch zum InvZulG 1986 ergangenen Senatsurteil vom 10.5.2001 III R 10/97 (BFH/NV 2001, 1450) ist die investitionszulagenrechtliche Begünstigung eines Gebäudes u.a. von einer Identität zwischen dem ursprünglich geplanten und dem tatsächlich errichteten Gebäude abhängig. Der Senat hat dabei seine Rechtsprechung zu § 4b InvZulG 1975 und § 4b InvZulG 1982 fortgeschrieben, wonach eine Identität zwischen dem im Bauantrag ausgewiesenen Gebäude und dem tatsächlich errichteten Gebäude nicht mehr gegeben ist, wenn das tatsächlich errichtete Gebäude gegenüber dem im ursprünglichen Bauantrag beabsichtigten Bauvorhaben Änderungen aufweist, die es in seinen wesentlichen baurechtlich bedeutsamen Merkmalen erfassen und es damit nachhaltig verändern. Unerheblich ist dabei, wie die Planungsänderungen formal und kostenmäßig von den zuständigen Bauordnungsbehörden behandelt wurden, wenn in tatsächlicher Hinsicht das ursprüngliche Bauvorhaben und das verwirklichte Bauvorhaben erhebliche Unterschiede aufweisen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Senat im Urteil vom 20.12.2012 III R 40/11 (BFHE 239, 570, BStBl II 2013, 340) nicht offengelassen, ob Nutzungsänderungen, die bautechnische Änderungen oder das Erfordernis einer geänderten oder neuen Baugenehmigung nach sich ziehen, investitionszulagenschädlich sind. Vielmehr hat er gerade seine Ausführungen, wonach eine Änderung der Nutzungskonzeption während der Bauphase (z. B. fremd- statt eigenbetriebliche Nutzung) investitionszulagenunschädlich ist, durch Verweis auf das Senatsurteil in BFH/NV 2001, 1450 dahingehend eingeschränkt, dass dies nur gelte, wenn die Nutzungsänderung nicht mit bautechnischen Änderungen oder Abweichungen von der erteilten Baugenehmigung einhergeht. Entgegen der von der Klägerin im Schriftsatz vom 22.2.2016 dargelegten Auffassung ist das Senatsurteil in BFH/NV 2001, 1450 daher hinsichtlich der Auswirkungen bautechnischer Änderungen auf die Identität des Gebäudes auch nicht durch das Senatsurteil in BFHE 239, 570, BStBl II 2013, 340 überholt.

Diese Rechtsprechungsgrundsätze hat das FG auf die entsprechenden Regelungen im InvZulG 2007 übertragen und ist gerade nicht von einer bloßen Nutzungsänderung eines als selbständiges Wirtschaftsgut zu qualifizierenden identischen Gebäudes oder Gebäudeteils ausgegangen. Vielmehr nahm es an, es seien allenfalls einzelne unselbständige Gebäudeteile (insbesondere der Tiefbau) auf der Grundlage einer neuen Planung und eines neuen Genehmigungsverfahrens in ein anderes als das ursprünglich geplante und genehmigte Gebäude einbezogen worden.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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