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Grundstückstausch: Ermittlung der Anschaffungskosten bei Grundstücksentnahme (Kommentar von Udo Cremer)

17.04.2018  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Udo Cremer über die Ermittlung des Entnahmewerts eines aus dem Betriebsvermögens entnommenen Grundstücks, das im Tausch erworben wurde.

  1. Wird ein Grundstück aus dem Betriebsvermögen entnommen, ist bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG der Entnahmegewinn durch Abzug der Anschaffungskosten vom Entnahmewert (Teilwert) des Grundstücks zu ermitteln. Dies gilt auch dann, wenn es vor Jahren im Wege der Tauschs gegen ein anderes betriebliches Grundstück erworben, der hierbei erzielte Veräußerungsgewinn seinerzeit aber nicht erklärt wurde.
  2. Der Steuerpflichtige ist in diesem Fall nicht so zu stellen, als habe er bei dem Grundstückstausch von seinem Wahlrecht nach § 6c i.V.m. § 6b EStG Gebrauch gemacht.
  3. Aus dem BFH-Urteil vom 14. Dezember 1999 IX R 62/96 (BFHE 190, 438, BStBl II 2000, 656) ist kein allgemeiner Grundsatz abzuleiten, dass Steuerpflichtige, die in ihrer Einkommensteuererklärung aufgedeckte stille Reserven aus einer Veräußerung oder Entnahme nicht erklärt haben, hinsichtlich weiterer Geschäftsvorfälle so zu stellen sind, als habe es die Gewinnrealisierung nicht gegeben.

Der Kläger ist der Alleinerbe seiner im Jahr 2010 verstorbenen Ehefrau (E). Diese hatte bis zu ihrem Tod aus der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen sowie einer in geringem Umfang betriebenen Eigenbewirtschaftung Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt, die sie nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. E war seit Anfang der sechziger Jahre Alleineigentümerin verschiedener Ackerflächen in der Gemarkung N gewesen. Nach deren Einbringung in ein im Jahr 1972 durchgeführtes Umlegungsverfahren gingen hieraus u.a. die Flurstücke A (Ackerland) sowie B (Bauplatz) hervor. Die Ackerfläche A wurde im Jahr 1984 aufgeteilt in die Flurstücke C (Streifen von 120 qm) sowie D (Weingarten von 1 895 qm). Mit notariellem Vertrag vom ... Januar 1984 tauschte E die Grundstücke B (Bauplatz) sowie C (Streifen von 120 qm) gegen die Flurstücke F (Ackerland, später Bauplatz von 556 qm) sowie G (Weingarten von 1 023 qm). Gemäß III. der notariellen Urkunde gingen die Beteiligten des Grundstückstauschs von einem Wert der Tauschobjekte in Höhe von 50.000 DM aus. E erklärte weder im Wirtschaftsjahr 1983/1984 noch in einem späteren Wirtschaftsjahr einen Gewinn aus dem Grundstückstausch. Mit notariellem Vertrag vom ... August 2008 übertrug E die Grundstücke D (Weingarten zu 1 895 qm) sowie F (Bauplatz zu 556 qm) unentgeltlich ihrem Sohn.

Das FA sah darin eine Entnahme. Die Übertragung des Weinbergs ließ das FA erklärungsgemäß unberücksichtigt, weil sich hieraus ein nach § 55 Abs. 6 EStG nicht abzugsfähiger Entnahmeverlust ergab. Den Wert des Bauplatzes ermittelte es im Einspruchsverfahren zuletzt mit 108.225 € (555 qm x 195 EUR), wovon es einen nach § 55 EStG ermittelten Buchwert zum 1. Januar 1970 von 963 € abzog. Diesen Wert hatte es anteilig aus der Summe der Buchwerte nach § 55 EStG der im Tauschvertrag hingegebenen Flurstücke errechnet. Den sich hieraus ergebenden Entnahmegewinn in Höhe von 107.262 € berücksichtigte das FA gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG je zur Hälfte in den Einkommensteuerbescheiden 2008 und 2009 (Streitjahre).

Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG aus den in EFG 2015, 1685 veröffentlichten Gründen ab. Die Revision ist begründet (BFH Urteil vom 6.12.2017, VI R 68/15). Das FG hat rechtsfehlerhaft die tatsächlichen Anschaffungskosten des Flurstücks F nicht ermittelt und seiner Entscheidung damit einen unzutreffenden Entnahmegewinn zugrunde gelegt.

Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass das streitbefangene Flurstück F zum Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der E gehörte. Zum Betriebsvermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die aus betrieblicher Veranlassung angeschafft, hergestellt oder eingelegt werden. Eine betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver wirtschaftlicher oder tatsächlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Dieser Zusammenhang wird unabhängig von der tatsächlichen oder beabsichtigten Nutzung des Wirtschaftsguts dadurch hergestellt, dass die Anschaffung als solche ein betrieblicher Vorgang ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das angeschaffte Wirtschaftsgut Entgelt für ein weggegebenes Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens oder für eine sonstige Wertabgabe aus dem Betriebsvermögen ist. Dann ist der Zugang des angeschafften Gegenstands zum Betriebsvermögen notwendige Folge des betrieblich veranlassten Erwerbs. Dies gilt auch dann, wenn die Bilanzierung oder sonstige Erfassung in den Büchern des Steuerpflichtigen unterblieben ist. Hiernach sind die als Gegenleistung für die Übertragung der betrieblichen Grundstücke mit notariellem Vertrag vom ... Januar 1984 erworbenen Flurstücke Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der E geworden.

Das FG hat auch zutreffend entschieden, dass E das streitbefangene Flurstück F mit der Übertragung auf ihren Sohn für betriebsfremde Zwecke verwendet und damit aus dem Betriebsvermögen entnommen hat (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG). Ferner hat das FG den Entnahmewert dieses Grundstücks in nicht zu beanstandender Weise mit 108.225 EUR errechnet. Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke sind mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG). Das FA hat den Teilwert des streitbefangenen Grundstücks im Entnahmezeitpunkt mit 108.225 € angenommen und diesen Wert anhand des Bodenrichtwerts (§ 196 des Baugesetzbuchs) von 195 € je qm ermittelt. Dies ist nicht zu beanstanden.

Das FG hat aber den Entnahmegewinn unzutreffend ermittelt, weil es statt der tatsächlichen Anschaffungskosten des Flurstücks F nur den Wert nach § 55 EStG von dem Entnahmewert abgezogen hat. Von dem Teilwert des entnommenen Wirtschaftsguts sind bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die Anschaffungskosten für den Grund und Boden im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben abzuziehen (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG). Da E das ihrem Sohn übertragene Grundstück im Wege des Tauschs erworben hat, bemessen sich die Anschaffungskosten nach dem gemeinen Wert der hingegebenen Wirtschaftsgüter. Diese jetzt in § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG enthaltene Regelung galt auch schon vor Einführung des § 6 Abs. 6 EStG. Da E im Gegenzug für den Erwerb der Grundstücke F und G die betrieblichen Flurstücke B und C übereignen musste, betrugen demnach die Anschaffungskosten für die beiden erworbenen Grundstücke die Summe der gemeinen Werte der hingegebenen Grundstücke. Die Beteiligten selbst haben in der Urkunde keinen Aufteilungsmaßstab festgelegt, sodass der gemeine Wert der beiden hingegebenen Grundstücke nach dem Verhältnis der gemeinen Werte der erworbenen Grundstücke aufzuteilen ist. Das FG hat abweichend hiervon vom Entnahmewert nur die (anteiligen) Anschaffungskosten der im Wege des Tauschs veräußerten Flurstücke B und C nach § 55 EStG abgezogen und dies damit begründet, die Ermittlung des gemeinen Werts der hingegebenen Grundstücke sei entbehrlich, weil der Kläger so zu stellen sei, als habe E den aus dem Grundstückstausch erzielten Veräußerungsgewinn gemäß § 6c i.V.m. § 6b EStG neutralisiert. Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

Steuerpflichtige, die Grund und Boden veräußern, können nach § 6b Abs. 1 EStG und bei Vorliegen der in § 6b Abs. 4 EStG genannten Voraussetzungen im Wirtschaftsjahr der Veräußerung einen Betrag bis zur Höhe des bei der Veräußerung entstandenen Gewinns von Anschaffungs- und Herstellungskosten bestimmter anderer Wirtschaftsgüter abziehen. Soweit dieser Abzug nicht vorgenommen wird, kann im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine den Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden (§ 6b Abs. 3 Satz 1 EStG).

Ermittelt der Steuerpflichtige seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, ist § 6b EStG mit Ausnahme des § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG entsprechend anzuwenden. § 6b EStG räumt Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG ermitteln, hinsichtlich der Übertragung stiller Reserven Wahlrechte ein. Der Steuerpflichtige kann stille Reserven unter den in § 6b EStG näher beschriebenen Voraussetzungen übertragen oder in eine Rücklage stellen, er muss es aber nicht. Entsprechendes gilt gemäß § 6c EStG für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. Die in § 6b Abs. 1 und 3 EStG gewährten Wahlrechte sind sog. Bilanzierungswahlrechte, die durch einen Abzug des Veräußerungsgewinns von den Anschaffungskosten eines Ersatzwirtschaftsguts oder Bildung einer Rücklage in der Steuerbilanz bzw. bei der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen in der jeweiligen Sonderbilanz ausgeübt werden. Wird der Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, gilt auf Grund der in § 6c EStG angeordneten entsprechenden Anwendung des § 6b EStG nichts anderes. Das auf Gewinnübertragung gerichtete Wahlrecht nach § 6c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6b Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 EStG wird in der Gewinnermittlung des Veräußerungsjahrs durch Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Reinvestitionsguts oder Bildung einer Rücklage ausgeübt, die bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG als Betriebsausgabe vorzunehmen ist (§ 6c Abs. 1 Satz 2 EStG) Die Ausübung des Wahlrechts setzt demnach voraus, dass zunächst ein Gewinn nach § 6c i.V.m. § 6b Abs. 2 EStG erklärt, der sodann durch Abzug einer Betriebsausgabe wieder neutralisiert wird. Überdies sind die weiteren Voraussetzungen des § 6c Abs. 2 EStG zu beachten.

E hat im Wirtschaftsjahr 1983/1984 weder einen Gewinn aus dem Grundstückstausch ausgewiesen noch hat sie die Anschaffungskosten der erworbenen Flurstücke durch Ansatz einer Betriebsausgabe in nämlicher Höhe gemindert. Sie hat damit ihr Wahlrecht nach § 6c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6b Abs. 1 EStG nicht ausgeübt. Ihr Verhalten kann auch nicht als konkludenter Antrag aufgefasst werden. Erforderlich hierfür wäre eine Äußerung in der Gewinnermittlung oder den dieser beigefügten Unterlagen gewesen, die ihrem objektiven Gehalt nach eindeutig nur den Schluss zugelassen hätte, E habe den durch Tausch realisierten Veräußerungsgewinn nach § 6c i.V.m. § 6b Abs. 1 EStG neutralisieren wollen. Derartige Umstände hat das FG jedoch nicht festgestellt. Zwar war der Veräußerungsgewinn in der Gewinnermittlung nicht enthalten. Dies rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, E habe diesen Gewinn auf die Anschaffungskosten der eingetauschten Grundstücke übertragen wollen.

Das FG ist in seinem Urteil von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist daher aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif, da der Senat anhand der Feststellungen des FG die Anschaffungskosten des Flurstücks F nicht bestimmen kann.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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