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Gewinnrealisierung bei Abschlagzahlungen!?

30.06.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Ebner Stolz Mönning Bachem, Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwälte Partnerschaft.

Der Bundesfinanzhof kam in seinem Urteil vom 14.5.2014 (Az. VIII R 25/11, BStBl. II 2012, S. 968) zu dem Ergebnis, dass Abschlagszahlungen eines Architekten bereits mit deren Inrechnungstellung zur Realisierung von Erträgen führen. Im Streitfall sah die ehemals anzuwendende Fassung der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI alt) vor, dass eine Abnahme der Leistung keine Voraussetzung für die Fälligkeit der Honorare war, sondern die Fälligkeit vielmehr bereits mit abnahmefähiger Leistungserbringung vorlag. Dem BFH genügte dies, um die Gewinnrealisierung und damit letztlich die Besteuerung des aus der Abschlagszahlung resultierenden Gewinns zu bejahen.

Die Finanzverwaltung zeigte zunächst mit der Veröffentlichung des Urteils im Bundessteuerblatt sein Einvernehmen mit dieser Rechtsauffassung. Bereits durch die Veröffentlichung sind die Finanzämter letztlich angewiesen, die Urteilsgrundsätze über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden. Nun geht das Bundesfinanzministerium jedoch einen entscheidenden Schritt weiter. Mit Schreiben vom 13.5.2015 (Az. IV C 6 - S 2130/15/10001, DStR 2015, 1175) antwortete es auf eine Anfrage der Bundesarchitektenkammer. Demnach soll die Gerichtsentscheidung sowohl auf Abschlagszahlungen nach der aktuellen Fassung der HOAI anzuwenden sein, als auch für andere Abschlagszahlungen bei Werkverträgen gemäß § 632a BGB gelten. Die Rechtsauffassung sei für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 23.12.2014 beginnen. Zur Vermeidung von Härten könne der aus der erstmaligen Anwendung resultierende Gewinn gleichmäßig auf drei Jahre verteilt und dementsprechend versteuert werden.

„Letztlich würde dies bedeuten, dass sowohl Bauunternehmer, Handwerker, Maschinenbauer als auch zahlreiche Dienstleister und viele andere Unternehmer bereits mit Inrechnungstellung einer Abschlagzahlung einen entsprechenden Gewinn realisieren würden und diesen zu versteuern hätten. Damit würde der wirtschaftliche Zweck von Abschlagszahlungen, die erforderlichen Vorleistungen des Unternehmers zu finanzieren, konterkariert“, erläutert Dr. Christoph Eppinger, Wirtschaftsprüfer und Partner bei Ebner Stolz in Stuttgart.

„Darüber hinaus widerspricht diese Sichtweise aber auch einem der zentralen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung nach deutschen Rechnungslegungsvorgaben, dem Realisationsprinzip“, führt Dr. Eppinger weiter aus. Als Gewinn soll nur das ausgewiesen werden dürfen, was auf Grund der Abnahme des erbrachten Werks und damit des Gefahrenübergangs auf den Auftraggeber sicher realisiert wurde. „Bei Abschlagszahlungen besteht naturgemäß regelmäßig eine erhebliche Unsicherheit nach oben und nach unten, ob ein Ertrag tatsächlich in diesem Umfang erzielt werden kann. Es droht damit der Ausweis von Scheingewinnen - und wegen der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Rechnungslegung für die Besteuerung auch die Gefahr, dass auf solche Scheingewinne Steuern zu zahlen sind“, erklärt Dr. Eppinger.

Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat bereits zum Urteil des Bundesfinanzhofs letzten Jahres deutlich gemacht, dass es dieser Sichtweise aus handelsrechtlicher Sicht nicht folgt. Zum Schreiben des Bundesfinanzministeriums liegen bereits zahlreiche Anfragen von Wirtschaftsverbänden vor, die zu einer Klarstellung in dieser letztlich alle Wirtschaftsbereiche betreffenden Frage auffordern.

Für Unternehmen wird die Lage auch dadurch nicht klarer, dass bislang kein allgemeines Schreiben des Bundesfinanzministeriums ergangen ist. Das Ministerium antwortete bislang vielmehr nur auf die Anfragen einzelner Verbände.

„Es bleibt der dringende Aufruf an die Finanzverwaltung, den Grundsatz der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Gewinnermittlung für die steuerliche Gewinnermittlung weiterhin zu berücksichtigen und dementsprechend erst dann von einer Gewinnrealisation auszugehen, wenn dies auch handelsrechtlich vorgesehen ist. Andernfalls müssten Unternehmer auf Gewinne Steuern zahlen, die sie handelsrechtlich noch nicht ausweisen dürften - das wirtschaftlich zu schultern, dürfte nicht jedem gelingen. Aus fiskalischen Interessen zentrale Grundsätze des Handelsrechts außer Acht zu lassen, birgt jedenfalls die Gefahr, dass bald auch der Fiskus „Scheingewinne“ ausweist und dabei einige Unternehmer über das hinaus belastet, was sie angesichts ihrer realen Ertragslage schultern können“, resümiert Dr. Eppinger. Eine kurzfristige Klarstellung ist deshalb dringend erforderlich!




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