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Geschäftsveräußerung im Ganzen - Fortführung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit (Kommentar von Udo Cremer)

02.08.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Geschäftsveräußerung im Ganzen - Fortführung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit des Veräußerers durch den Erwerber

Die Klägerin, eine GmbH, schloss am 18.6.2003 mit der B-GmbH einen Treuhandvertrag, nach dem die B-GmbH in eigenem Namen, aber auf Rechnung der Klägerin Verträge über den Erwerb und die anschließende Weiterveräußerung einer Anlage zur Produktion von …teilen abschließen, durchführen und abwickeln sollte. Die B-GmbH kaufte in Erfüllung des Treuhandvertrages für Rechnung der Klägerin mit einem sog. "Assetkaufvertrag" vom 18.6.2003 von der X-KG Maschinen und Anlagen sowie Büroausstattung (nachfolgend: Inventar) gemäß einer sog. "Inventarliste" zum Preis von 3,3 Mio. € zuzüglich Umsatzsteuer. Die verkauften Maschinen hatte die X-KG (neben anderen Vermögensgegenständen wie Know-how, Goodwill, Lieferantenkartei und sonstigen Unterlagen) an die Y-GmbH verpachtet.

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Zwischen der X-KG und der Y-GmbH bestand bis einschließlich Mai 2003 eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft. Das von der X-KG erworbene Inventar verkaufte die B-GmbH durch Kaufvertrag vom 18.6.2003 an die Z-AG für 7,3 Mio. € zuzüglich Umsatzsteuer weiter. Die B-GmbH sicherte der Z-AG zu, dass die veräußerten Gegenstände in ihrer Gesamtheit eine Einrichtung zur Herstellung und Verarbeitung von …produkten darstellten und als solche zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch noch im Einsatz waren. Die veräußerten Anlagen und Maschinen würden aus laufender Produktion zur Verfügung gestellt und mit ihnen könnten in qualitativer wie quantitativer Hinsicht die gleichen Aufträge zu gleichen Preisen wie bisher bedient werden sowie die gleichen Zulieferer verwendet werden. Bereits seit Mitte April 2003 hatten sowohl die Y-GmbH als auch die Z-AG ihre Kunden darauf hingewiesen, dass die Z-AG mit Wirkung vom 18.6.2003 sämtliche Lieferverträge übernehme. Die Z-AG trete ab diesem Zeitpunkt in die Rechtsstellungen der Y-GmbH und der X-KG ein. Im Jahr 2005 fiel die Z-AG in Insolvenz. Im Jahr 2006 wurde der Antrag, über das Vermögen der X-KG das Insolvenzverfahren zu eröffnen, mangels Masse abgewiesen.

Das für die Besteuerung der B-GmbH zuständige FA beurteilte die Lieferung des Inventars durch die B-GmbH an die Z-AG nach Durchführung einer Außenprüfung als umsatzsteuerpflichtig. Der gegenüber der B-GmbH ergangene Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003 (Streitjahr) ist bestandskräftig. Die Klägerin behandelte in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 vom 28.2.2007 die Lieferung des Inventars als umsatzsteuerpflichtig und machte den Vorsteuerabzug geltend. Im Jahr 2006 erteilte die Klägerin der B-GmbH eine Rechnung über die Lieferung des Inventars und wies darin Umsatzsteuer offen aus, wobei eine Erläuterung darauf verwies, dass tatsächlich nur ein Betrag von 3 Mio. € gezahlt worden sei.

Im Mai 2008 reichte die Klägerin eine berichtigte Umsatzsteuererklärung ein, in der sie den Vorgang als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen ansah. Sie, die Klägerin, habe einen Teilbetrieb in Gestalt einer Produktionsanlage veräußert, der ununterbrochen zur Fertigung von …produkten bestimmt und genutzt worden sei. Auch der Kundenstamm sei mit übergegangen. Das FA lehnte die beantragte Änderung des Umsatzsteuerbescheids unter dem 14.8.2008 ab. Es liege keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, weil weder das Geschäftsgrundstück noch der Mietvertrag mit übertragen worden seien und die Z-AG die Produktion an einem anderen Standort fortgesetzt habe. Der Einspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, die Produktionsanlage sei an jedem Standort zu betreiben und das Grundstück sei austauschbar gewesen, blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 5.3.2009). Das FA führte zur Begründung aus, die Beurteilung des für die Besteuerung der B-GmbH zuständigen FA F sei maßgeblich.

Das FG (Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 11.11.2015 6 K 943/09) wies die Klage, mit der die Klägerin geltend machte, sie habe ein zuvor auf mehrere Rechtsträger verteiltes Unternehmen zusammengeführt und an einen einzigen Erwerber, die Z-AG, übertragen, ab und ließ die Revision nicht zu. Es führte in seinem Urteil aus, die Klägerin sei zwar Unternehmerin, und das FA nicht an die umsatzsteuerrechtliche Würdigung bei der B-GmbH gebunden. Außerdem habe die Z-AG die Produktion mit den erworbenen Mitteln in vergleichbarem Umfang fortgeführt. Auch schulde die Klägerin im Streitjahr keine Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg (BFH-Beschluss vom 15.4.2016, XI B 109/15). Die Klägerin hat nicht hinsichtlich aller Begründungsstränge des FG einen Zulassungsgrund dargelegt. Außerdem sind die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen bereits teilweise geklärt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärbar sein.

Die Klägerin wirft zunächst die Rechtsfrage auf, "ob die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1a UStG auch dann gegeben sind, wenn der Unternehmer das erworbene Unternehmen nur durchhandelt, ohne es selbst betrieben zu haben". Dazu hat der V. Senat des BFH in dem veröffentlichten Urteil vom 25.11.2015 V R 66/14 (BFHE 251, 526, DStR 2016, 311, Rz 29 f.) entschieden, die für die Geschäftsveräußerung notwendige Fortführung der Unternehmenstätigkeit müsse bei einer mehrfachen Übertragung nur dem Grunde nach, nicht aber auch höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen.

Soweit die Klägerin in ihrer Beschwerde die Auffassung vertritt, die tatsächliche Würdigung des FG sei unzutreffend, berücksichtigt sie nicht, dass der Senat des BFH an die verfahrensfehlerfrei zustande gekommene, nicht gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßende und mögliche Würdigung in dem angestrebten Revisionsverfahren gebunden wäre.

Die Klägerin wirft ferner die Rechtsfrage auf, "ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG für mehrere Lieferungen auch dann gegeben sind, wenn ein Teil des Unternehmens direkt an den fortführenden Erwerber und der andere Teil des Unternehmens über einen Dritten an den fortführenden Erwerber geliefert wird und dieser das Unternehmen sodann fortführt". Insoweit hat die Klägerin nicht dargelegt, dass die Rechtsfrage klärungsbedürftig ist. Insbesondere fehlt jegliche Auseinandersetzung mit bereits vorhandener Rechtsprechung. Dazu hätte Anlass bestanden, weil nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil X BV vom 30. Mai 2013 C-651/11, EU:C:2013:346, UR 2013, 582, Rz 45 bis 47) und des BFH (Urteil vom 4. Februar 2015 XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908, Rz 29) bei Prüfung der Voraussetzungen der Geschäftsveräußerung im Ganzen "jeder Vorgang einzeln und selbständig zu beurteilen" ist. Damit setzt sich die Klägerin nicht auseinander.

Ohnehin hat aber die Klägerin hinsichtlich des zweiten Begründungsstrangs des FG, der das Urteil ebenfalls trägt, keinen Zulassungsgrund geltend gemacht. Das FG hat auf S. 27 f. seines Urteils sinngemäß ausgeführt, dass die X-KG ein Verpachtungsunternehmen betrieben habe, das die Z-AG nicht fortgeführt habe. Die Z-AG habe stattdessen ein Produktionsunternehmen betrieben. Diese beiden Unternehmen seien sich nicht hinreichend ähnlich. Diese tatsächliche Würdigung des FG steht hinsichtlich der ihr zugrunde liegenden Annahme, ein Verpachtungsunternehmen und ein Produktionsunternehmen seien sich nicht hinreichend ähnlich, in Einklang mit der Rechtsprechung des BFH. Zulassungsgründe hat die Klägerin diesbezüglich nicht hinreichend dargelegt.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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