Finance Faces – Simon Madej: Die Welt ist sein Zuhause

Simon Madej, Bild: © Arnt Haug

Simon Madej kommt gerade von einem Mittagessen mit einem Kunden. Die Transaktion, die er mit dem Unternehmer geplant hat, ist zwar noch nicht zustande gekommen, zufrieden ist Madej dennoch. „Erfolg ist für mich mehr als das numerische Ergebnis. Unserem Kunden hat der gemeinsame Prozess gefallen. Jetzt implementieren sie den Businessplan, den wir für sie gestaltet haben.“ Madej ist es gewohnt, langfristig zu denken – und auch einen langen Atem zu haben. Der erst 37-jährige Ökonom ist Leiter der Schifffahrtssparte bei der HSH Corporate Finance, einem Mergers & Acquisitions-Spezialisten aus Hamburg.

Auch einmal unbequem sein

Unternehmenskäufe und -verkäufe zu begleiten, erfordert viel Geduld. Die bringt Simon Madej mit. Ihn reizt vor allem der Kontakt zu den Unternehmerpersönlichkeiten, die er durch seine Tätigkeit kennenlernt: „Entscheider zu treffen, in den strategischen Dialog mit ihnen zu treten – das macht die Faszination meiner Arbeit aus.“ Seine Beraterrolle gibt ihm Freiheiten, die er schätzt. „Ich sage offen, was ich für richtig halte. Das ist für uns Berater oft einfacher als für Mitarbeiter des Unternehmens.“ Madej hat kein Problem damit, sich dabei auch mal unbeliebt zu machen. „Es ist meine Aufgabe, kritische Fragen zu stellen und unbequem zu sein. Wir müssen einem Kunden nicht erzählen, wie er sein Geschäft machen soll. Aber wir kommen mit einer anderen Perspektive.“

Zielstrebig in die Ferne

Der junge Finanzmanager spricht ruhig und nachdenklich, ein leichter skandinavischer Dialekt schwingt mit. Simon Madej ist von verschiedenen Kulturen geprägt. Geboren in Polen, kam er als Fünfjähriger mit seiner Familie nach Schweden. So überlegt, wie Madej sich ausdrückt, hat er auch seine berufliche Karriere begonnen. In der Schule wählte er einen naturwissenschaftlichen Schwerpunkt – „damit wollte ich mir alle Studienmöglichkeiten offen halten.“ Fünf Jahre Wirtschaftsstudium in Stockholm, ein Austauschsemester in Bergen in Norwegen, Praktika bei der Großbank JP Morgan in London: Madej weiß schon früh, dass er „irgendetwas zwischen Beratung und Finanzen“ machen möchte. Kurz hatte er auch überlegt, Jura zu studieren, einen Studienplatz hatte er schon. Bedauert er seine Entscheidung, in den Finanzsektor gegangen zu sein? „Nein, ganz bestimmt nicht. Als Jurist hätte ich nie so international arbeiten können“, ist sich Madej sicher.

Schwyzerdütsch als sechste Fremdsprache

Nach dem Masterabschluß bietet ihm die internationale Investmentbank UBS einen Analystenjob in London. Die Zeit in der Großbank ist fordernd, die Arbeitswoche hat dort eher sieben als fünf Tage. Als sich nach drei Jahren die Chance ergibt, für die Bank nach Frankfurt oder Zürich zu gehen, entschied sich Madej zusammen mit seiner Frau für die Schweiz. Die notwendigen Deutschkenntnisse brachte der Finanzmanager aus der Schulzeit mit. „Schwyzerdütsch kam als Zugabe obendrauf.“ Aus dem geplanten einen Jahr wurden schließlich sechs Jahre. Das Paar fühlt sich wohl dort, sie bekommen zwei Kinder. Seine Frau, eine gebürtige Finnin, arbeitet als Sprachlehrerin. Das Sprachtalent der Eltern hat sich offensichtlich weiter vererbt. Die Kinder sprechen drei Sprachen – Schwedisch, Finnisch und Deutsch. „Und wenn ich mich mit meiner Frau auf Englisch unterhalte, müssen wir inzwischen auch aufpassen, denn unsere große Tochter versteht fast schon ein bisschen viel“, schmunzelt Madej.

Die Menschen überzeugen

Als sich die Position in Zürich nicht weiterentwickeln lässt, steht erneut ein Job- und damit auch Ortswechsel an. Fallen ihm solche Entscheidungen schwer? „Man kann mit seinen Entscheidungen auch falsch liegen. Aber wenn man keine Entscheidungen trifft, dann passiert auf jeden Fall nichts.“ Keine Angst vor Entscheidungen zu haben, ja sogar die Lust auf diese führte ihn nach Hamburg zur HSH Corporate Finance. „Hier kann ich unternehmerischer arbeiten als in einer Großbank, und habe wesentlich mehr Gestaltungsspielraum.“ Die Stadt habe ihn zwar auch gelockt – „Hamburg ist eine tolle Stadt“ – aber ausschlaggebend war der Eindruck von den neuen Kollegen: „Es sind immer wieder die Menschen, die mich überzeugen.“

Herausforderung im Blick

Seine Leidenschaft fürs Skifahren kann Madej in Norddeutschland zwar nicht ausleben, gerne fährt er deshalb zum Wintersport zurück in die Schweiz. Im Urlaub braucht er Abwechslung. „Eine Woche nur am Strand liegen, das ist nichts für mich, ich möchte nicht wissen, was mich am nächsten Tag erwartet.“ Das gilt auch für seine Arbeit: Madej schätzt Herausforderungen. ‚Past performance is no indication of future return‘ – was als Leitspruch für den Umgang mit seinen Transaktionen gilt, passt auch gut zu Madejs Lebenshaltung. Er ist niemand, der sich auf vergangenen Erfolgen ausruht. „Meine Karriere folgt keinem Masterplan, ich bin immer eher opportunistisch vorgegangen und habe Chancen ergriffen, wenn sie sich mir geboten haben.“