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Entfernungspauschale - Neue Rechtsprechung kürzeste Straßenverbindung

01.04.2014  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Das Moped darf nicht durch den Tunnel fahren - na und?! Unser Steuerrechtsexperte Volker Hartmann hat aktuelle Urteile zum Thema Fahrtkosten und kürzeste Verbindung zum Arbeitsplatz für Sie zusammengestellt.

Gesetzliche Regelung

Nach Maßgabe von § 9 Absatz 1 Nr. 4 Satz 4 EStG ist für Aufwendungen eines Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer seine erste Tätigkeitsstätte aufsucht, die Entfernungspauschale anzusetzen. Diese beläuft sich für jeden vollen Kilometer der Entfernung auf 0,30 Euro, also auf 0,15 Euro pro tatsächlich gefahrenen Kilometer. Für die Bestimmung der Entfernung ist dabei die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zugrunde zu legen.

Eine andere Verbindung als die kürzeste Straßenverbindung darf nur dann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird.

Kürzeste Straßenverbindung

Nachdem das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 20.12.12, 3 K 124/11, entschieden hat, dass stets und ausnahmslos die kürzeste Straßenverbindung zugrunde zu legen ist, hat sich der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren erneut mit dieser Rechtsfrage beschäftigen müssen und die Rechtsauffassung des Finanzgerichts bestätigt.

Im hier streitigen Sachverhalt machte der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit seinem Moped im Umfang von 27 km geltend. Aus verkehrsrechtlichen Gründen dufte der Arbeitnehmer die kürzeste Straßenverbindung, nämlich eine 9 km lange Tunnelstrecke nicht nutzen. Daher legte er für den Werbungskostenansatz die tatsächlich genutzte Straßenverbindung zugrunde. Das Finanzamt verweigerte die steuerliche Anerkennung der Umwegstrecke, weil diese nicht offensichtlich verkehrsgünstiger ist.

BFH-Urteil vom 24.09.13, VI R 20/13

Der Bundesfinanzhof begründete seine Rechtsauffassung mit dem Wortlaut des Gesetzes, wonach für die Entfernung die kürzeste Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf öffentlichen Straßen i.S. des § 2 des Straßenverkehrsgesetzes, die dem allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr dienen, zugrunde zu legen ist. Dies gilt auch dann, wenn diese über eine Bundesstraße führt, die gemäß § 18 der Straßenverkehrsordnung nur von Fahrzeugen befahren werden darf, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt. Die "kürzeste Straßenverbindung" ist unabhängig vom tatsächlich benutzten Verkehrsmittel für alle Fahrzeuge einheitlich zu bestimmen. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofes hätte der Gesetzgeber es ins Gesetz aufgenommen, wenn er gewollt hätte, dass für die Bestimmung der Entfernung diejenige Straßenverbindung maßgebend ist, die nach dem vom Arbeitnehmer gewählten Verkehrsmittel die kürzeste ist. Die einmal festgestellte Entfernung ist damit auch unabhängig von einem Wechsel des Verkehrsmittels. Es kommt also nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer wegen des von ihm benutzten Verkehrsmittels nicht die kürzeste Straßenverbindung fahren kann, sondern einen Umweg nehmen muss. Andernfalls, so der Bundesfinanzhof, würde das gesetzgeberische Ziel verfehlt, eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale zu schaffen. Würde man den Begriff der "Straßenverbindung" von dem im Einzelnen vom Arbeitnehmer benutzten Verkehrsmittel abhängig machen, so hätte dies umfangreiche Ermittlungen des Finanzamtes und der Rechtsprechung zur Folge. Legt man demgegenüber verkehrsmittelunabhängig die kürzeste Straßenverbindung zugrunde, so bleibt der Vereinfachungsgedanke der Norm erhalten.

Der Bundesfinanzhof bestätigte seine bisherige Rechtsprechung, wonach die von einem Arbeitnehmer tatsächlich benutzte Straßenverbindung nur dann als verkehrsgünstiger als die kürzeste Straßenverbindung anzusehen ist, wenn mit ihrer Benutzung eine Zeitersparnis oder sonstige Vorteile aufgrund von Streckenführung, Schaltung von Ampeln o.Ä. verbunden sind. Darüber hinaus ist es für die Beurteilung der Verkehrsgünstigkeit der anderen Straßenverbindung unerheblich, dass bei der Benutzung der kürzesten Strecke Straßenbenutzungsgebühren anfallen (vgl. Urteil Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern vom 26.06.2013, 3 K 56/12). Nach dem Gesetzeswortlaut ist lediglich auf die Verkehrsgünstigkeit als solche abzustellen. Dies umfasst lediglich die Prüfung der Vorteilhaftigkeit einer Strecke mit Blick auf den Ablauf des Straßenverkehrs, ohne dass hierbei finanzielle Aspekte zu berücksichtigen sind. Hinzu kommt, dass die Entfernungspauschale unabhängig von den tatsächlich entstandenen Kosten gelten soll, weshalb deren Höhe nicht mittelbar durch die Wahl gebührenfreier Straßenverbindungen beeinflusst werden kann.

Im Ergebnis ist im hier streitigen Sachverhalt eine Entfernung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte in Höhe von 9 km zugrunde zu legen. Die vom Arbeitnehmer tatsächlich befahrene Strecke (27 km) ist nicht verkehrsgünstiger, im Gegenteil sie ist zeitaufwändiger. Andere relevanten Vorteile sind nicht ersichtlich.

Abschließend soll an dieser Stelle auf die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Fahrtkosten als Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen eingegangen werden. Wäre die Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers als auswärtige Tätigkeitsstätte und nicht als erste Tätigkeitsstätte anzusehen, erhöht sich der jährliche Werbungskostenansatz von 594 Euro auf 3.564 Euro, weil hier die Werbungskosten in tatsächlicher und nicht in pauschaler Höhe angesetzt werden können.

  Werbungskosten-Ansatz
  pro Tag pro Monat pro Jahr
    (20 Tage) (220 Tage)
       
Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte:
9 km x 0,30 € 2,70 € 54,00 € 594,00 €
       
       
Reisekosten      
27 km x 2 x 0,30 € 16,20 € 324,00 € 3.564 €
       
Differenz 13,50 € 243,00 € 2.970,00 €

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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