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Entfernungspauschale bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Kommentar von Udo Cremer)

21.06.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Welche Fahrtkosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf die Entfernungspauschale zum Abzug kommen, erklärt Experte Udo Cremer anhand eines Beispiels.

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Der Abzug von Kosten für Fahrten zu einem Vermietungsobjekt im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist auf die Entfernungspauschale beschränkt, wenn sich an dem Objekt der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft und auf Überschusserzielung angelegten Vermietungstätigkeit befindet.

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Kläger erzielten Einnahmen aus der Vermietung dreier Wohnungen in der C...-straße und aus einem Mehrfamilienhaus in der D...-straße in E. In ihrer Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2010 machten die Kläger hinsichtlich der beiden Objekte jeweils Fahrtkosten im Umfang von 3.711,41 € (= insgesamt 7.422,81 €) geltend, die sie auf der Grundlage eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuchs als Werbungskosten bei den beiden Objekten ansetzten. Die gefahrenen Kilometer setzten sich wie folgt zusammen.

Zahl Fahrtstrecke km gesamt
40 Wohnung - C...-straße    
  D...-straße - Wohnung 14 560
125 Wohnung – C...-straße – Wohnung 10 1.250
175 Wohnung - D...-straße - Wohnung 4 700
  Weitere Fahrten   138

Das FA kam zu dem Ergebnis, die Fahrten zu den beiden Objekten seien nur mit der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 3 EStG zu berücksichtigen. Nur für die sonstigen Fahrten könne der sich aus der Teilung der Gesamtkosten (7.422,81 €) durch die Gesamtkilometer (3.345 km) ergebende Kilometersatz von 2,22 € angesetzt werden. Daher könnten als Fahrtkosten lediglich insgesamt 682,86 € angesetzt werden. Das FA berechnete die Fahrtkosten wie folgt:

Zahl Fahrtstrecke km einfach    
40 Wohnung - C...-straße - D...-straße - Wohnung 7 x 0,30 EUR 84,00 EUR
125 Wohnung - C...-straße - Wohnung 5 x 0,30 EUR 187,50 EUR
175 Wohnung - D...-straße - Wohnung 2 x 0,30 EUR 105,00 EUR
  Weitere Fahrten 138 x 2,22 EUR 306,36 EUR
Summe 682,86 EUR

Daher setzte das FA im Einkommensteuerbescheid 2010 vom 9.5.2012 die Einkommensteuer auf der Grundlage von Fahrtkosten in Höhe von 682,86 € fest. Einspruch und Klage dagegen blieben erfolglos. Mit seiner in EFG 2015, 1087 veröffentlichten Entscheidung führte das FG aus: Die Fahrtkosten des Klägers zu den beiden Objekten seien nur beschränkt auf die Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 3 EStG zum Werbungskostenabzug zuzulassen. Denn der Kläger habe an den beiden Objekten eine regelmäßige Tätigkeitsstätte begründet.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH Urteil vom 1.12.2015, IX R 18/15). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Fahrtkosten der Kläger im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 9 Abs. 3, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur beschränkt auf die Entfernungspauschale zum Abzug kommen. Denn auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) kann ein Steuerpflichtiger eine regelmäßige Tätigkeitsstätte innehaben. Auf der Grundlage der von ihm festgestellten und nicht weiter mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachen hat das FG zutreffend eine regelmäßige Tätigkeitsstätte der Kläger an den beiden Vermietungsobjekten bejaht.

Fahrten eines Steuerpflichtigen zu seinem Vermietungsobjekt kommen nur in Höhe der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 3, Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zum Ansatz, wenn er dort seine regelmäßige Tätigkeitsstätte unterhält. Nach § 9 Abs. 3 EStG gilt § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG auch im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Steuerpflichtige, die im Zusammenhang mit ihrer Vermietungstätigkeit außerhalb ihrer Wohnung eine regelmäßige Tätigkeitsstätte begründet haben, können die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte nur mit der Entfernungspauschale von 0,30 € je Entfernungskilometer geltend machen. § 9 Abs. 3 EStG ist zur Gleichstellung von Nichtarbeitnehmern mit Arbeitnehmern in das Gesetz eingefügt worden.

Eine regelmäßige Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 3, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG liegt daher vor, wenn das vermietete Objekt der (ortsgebundene) Mittelpunkt der dauerhaft und auf Überschusserzielung angelegten Vermietungstätigkeit des Steuerpflichtigen ist. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, welche Tätigkeiten der Steuerpflichtige im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung an dem oder den verschiedenen Vermietungsobjekten im Einzelnen wahrnimmt und welches konkrete Gewicht diesen Tätigkeiten zukommt. Der regelmäßigen Tätigkeitsstätte muss eine hinreichend zentrale Bedeutung im Rahmen der mit dem Objekt erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zukommen. Allein der Umstand, dass der Steuerpflichtige das Vermietungsobjekt im zeitlichen Abstand immer wieder aufsucht (z. B. zu Kontrollzwecken oder zur Ablesung von Zählerständen) reicht für die Annahme einer regelmäßigen Tätigkeitsstätte nicht aus. Vielmehr ist eine gewisse Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit der Tätigkeit am Vermietungsobjekt erforderlich.

Die Tätigkeit eines Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung besteht im Wesentlichen in der Verwaltung seines Grundbesitzes. Bei nicht umfangreichem Grundbesitz erfordert diese Verwaltung in der Regel keine besonderen Einrichtungen, wie z. B. ein Büro, sondern erfolgt regelmäßig von der Wohnung des Steuerpflichtigen aus. Regelmäßige Tätigkeitsstätte ist dann die Wohnung des Steuerpflichtigen. Aufwendungen für gelegentliche Fahrten zu dem vermieteten Grundstück sind Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG (vgl. R 21.2 Abs. 4 der EStR). Die Aufwendungen können in diesem Fall in tatsächlicher Höhe oder entsprechend R 9.5 Abs. 1 der LStR 2008 mit 0,30 € je gefahrenem Kilometer geltend gemacht werden.

Sucht der Vermieter hingegen ein Vermietungsobjekt nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder auf, und wird er dort schwerpunktmäßig tätig, unterhält er (vergleichbar einem Arbeitnehmer) eine regelmäßige Tätigkeitstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG am Belegenheitsort des Vermietungsobjekts. Denn dann wird dieses Objekt zum Mittelpunkt seiner auf dieses Objekt bezogenen Vermietungstätigkeit. Es ist dem Vermieter dann möglich, sich auf die immer gleichen Wege einzustellen und die anfallenden Wegekosten, z. B. durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, gering zu halten. In diesem Fall stellt sich § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung insoweit als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip dar.

Die Frage, ob eine regelmäßige Tätigkeitstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Büro oder häuslichen Arbeitszimmer des Steuerpflichtigen oder am Vermietungsobjekt vorhanden ist, ist vom FG anhand einer Würdigung der tatsächlichen Umstände im Einzelfall zu bestimmen. Nach diesen Rechtsgrundsätzen hat das FG auf der Grundlage der von ihm festgestellten und nicht weiter mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachen zutreffend eine regelmäßige Tätigkeitsstätte des Klägers an den beiden Vermietungsobjekten bejaht. Denn der Kläger hat im Streitjahr nach den bindenden Feststellungen des FG die beiden Vermietungsobjekte nicht nur gelegentlich und zu Kontrollzwecken aufgesucht, sondern mehrmals (arbeits-)täglich und damit wiederholt und immer wieder. Die Schlussfolgerung des FG, wonach bei insgesamt 380 Fahrten innerhalb eines Jahres zu den beiden Vermietungsobjekten der ortsgebundene Mittelpunkt der vom Kläger verrichteten Tätigkeiten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Streitjahr an den Objekten lag, ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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