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Einspruchseinlegung durch einfache E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur (Kommentar von Udo Cremer)

22.09.2015  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Wann ein elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen ist, erklärt Experte Udo Cremer beispielhaft.

Die Klägerin ist die Mutter ihres im Dezember 1992 geborenen Sohnes (S). S beendete im Juni 2012 seine schulische Ausbildung mit dem Abitur. Mit Bescheid vom 17.1.2013 hob die Familienkasse die zugunsten der Klägerin für S erfolgte Kindergeldfestsetzung für die Monate August bis November 2012 auf und forderte das insoweit bereits ausbezahlte Kindergeld von der Klägerin zurück. Zur Begründung verwies sie auf das Fehlen eines Berücksichtigungstatbestands nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG. Im Bescheid war die E-Mail-Adresse der Familienkasse angegeben. Gegen den Aufhebungsbescheid erhob die Klägerin mit einfacher E-Mail vom 23.1.2013 unter Berufung auf eine Arbeitsuchendmeldung vom 24.9.2012 Einspruch, den die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 17.7.2013 als unbegründet zurückwies.

Im Rahmen des hiergegen geführten Klageverfahrens wies der beim FG zur Bearbeitung des Streitfalls bestellte Berichterstatter mit Schreiben vom 2.4.2014 die Beteiligten erstmals u.a. darauf hin, dass seiner Ansicht nach kein wirksamer Einspruch erhoben worden sei, da für eine Einspruchseinlegung durch E-Mail nach § 87a Abs. 3 AO eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich gewesen sei. Dem folgend wies das FG die Klage als unbegründet ab, da der angegriffene Bescheid mangels wirksamer Anfechtung Bestandskraft erlangt habe. Die Entscheidung ist in EFG 2014, 1749 veröffentlicht.

Die Revision ist begründet (BFH-Urteil vom 13.5.2015, III R 26/14). Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrer einfachen E-Mail vom 23.1.2013 keinen wirksamen Einspruch eingelegt hat.

Gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung ist der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Einlegung durch Telegramm ist zulässig. Gemäß § 87a Abs. 1 Satz 1 AO ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat. Nach § 87a Abs. 3 Satz 1 AO kann eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. In diesem Fall ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen; die Signierung mit einem Pseudonym ist nicht zulässig. Nach der Rechtsprechung des BFH umfasst die für den Einspruch geforderte Schriftlichkeit nicht auch das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift des Einspruchsführers. Das bedeutet, dass der schriftliche Einspruch auch ohne Unterschrift des Einspruchsführers wirksam ist, sofern das Schriftstück aus seinem sonstigen Inhalt den Einspruchsführer und den Gegenstand des Einspruchs erkennen lässt. Wird der Einspruch elektronisch eingelegt, setzt dessen Wirksamkeit keine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz voraus. § 87a Abs. 3 Satz 2 AO findet für die Einlegung eines Einspruchs keine Anwendung.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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