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Einbeziehung eines negativen Kapitalkontos in die Berechnung des Veräußerungsgewinns eines gegen Entgelt aus einer KG ausscheidenden Kommanditisten (Kommentar von Udo Cremer)

01.09.2015  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Was beim Ausscheiden eines Kommanditisten gegen Entgelt beim Vorhandensein eines negativen Kapitalkontos zu beachten ist, erklärt Experte Udo Cremer.

Scheidet ein Kommanditist gegen Entgelt aus einer KG aus, ist ein von ihm nicht auszugleichendes negatives Kapitalkonto bei der Berechnung seines Veräußerungsgewinns in vollem Umfang zu berücksichtigen. Es kommt nicht darauf an, aus welchen Gründen das Kapitalkonto negativ geworden ist.

Der Kläger war seit 1981 bis zu seinem Ausscheiden zum 31.12.1999 Kommanditist der im Jahr 1980 gegründeten, zwischenzeitlich in Liquidation befindlichen X-GmbH & Co. KG (Beigeladene) mit einer Kapitaleinlage von (einschließlich Agio) 105.000 DM. Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen war im Streitjahr 1999 die Verpachtung eines mit einer Pflegeeinrichtung bebauten Grundstücks. An der Beigeladenen war eine Vielzahl von Kommanditisten als Kapitalanleger beteiligt. Nach § 5 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrags der Beigeladenen besteht keine Nachschusspflicht der Gesellschafter. In § 13 Nr. 2 ist vorgesehen, dass das nach Abzug einer Vorwegvergütung zugunsten der Komplementärin verbleibende Geschäftsergebnis auf alle Gesellschafter entsprechend der Höhe ihrer Einlagen verteilt wird. Nach § 13 Nr. 4 wird der zu verteilende Gewinn an die Gesellschafter ausgeschüttet, es sei denn, dass das Verlustvortragskonto noch nicht wieder ausgeglichen ist oder die Liquiditätslage der Gesellschaft eine Ausschüttung nicht zulässt. § 14 Nr. 2 enthält folgende Regelung: "Entnahmen sind außerhalb der Ausschüttungen gemäß § 13 nur zulässig, wenn die Gesellschafterversammlung einen entsprechenden Beschluss mit den Stimmen der persönlich haftenden Gesellschafterin fasst und die Liquiditätslage der Gesellschaft es zulässt. ... Entnahmen dürfen nur einheitlich von allen Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Kapitaleinlagen erfolgen."

In den Jahren 1981 bis 1990 wurden dem Kläger im Wesentlichen zunächst Verlustanteile und seit 1991 bis zu seinem Ausscheiden Gewinnanteile zugewiesen. Der auf den Kläger insgesamt entfallende Verlustanteil (nach Verrechnung mit den Gewinnanteilen) betrug 75.377,64 DM. Seit 1984 nahm die Beigeladene sog. "Ausschüttungen aus der Liquidität" für alle Kommanditisten vor. Die jeweiligen Beträge verbuchte sie als Entnahmen der jeweiligen Anteilseigner auf deren Kapitalkonten. Der auf den Kläger verbuchte Anteil betrug insgesamt 77.903,41 DM. Den auf den Kläger anlässlich seines Ausscheidens entfallenden Veräußerungsgewinn ermittelte das FA zuletzt mit während des finanzgerichtlichen Verfahrens ergangenem Änderungsbescheid vom 17.11.2005 wie folgt (Angaben in DM):

Kapital des Klägers 100.000,00
zzgl. Agio 5.000,00
abzgl. Saldo aus Gewinn- und Verlustzuteilungen ./. 75.377,64
abzgl. Ausschüttungen aus Liquidität ./. 77.903,41
entspricht dem negativen Kapitalkonto zum 31.12.1999 ./. 48.281,05
zzgl. Auseinandersetzungsguthaben 23.192,00
Veräußerungsgewinn 71.473,05

Das FG gab der Klage, mit der der Kläger begehrte, für ihn keinen Veräußerungsgewinn festzustellen, mit in EFG 2012, 1837 veröffentlichtem Urteil statt.

Die Revision ist begründet (BFH-Urteil vom 9.7.2015, IV R 19/12). Die Feststellung des Veräußerungsgewinns des Klägers im Bescheid vom 17.11.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das FA bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns des Klägers anlässlich seines Ausscheidens aus der Beigeladenen den Gewinn aus der Auflösung seines negativen Kapitalkontos auch insoweit berücksichtigt, als das Kapitalkonto (auch) durch Liquiditätsausschüttungen negativ geworden war. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der dabei zu berücksichtigende Veräußerungsgewinn oder -verlust der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt.

Der Wert des Anteils am Betriebsvermögen ist für den Zeitpunkt des Ausscheidens nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG zu ermitteln. Scheidet ein Kommanditist aus einer KG aus, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen kraft Gesetzes den verbleibenden Gesellschaftern zu. Steuerlich ist hierin grundsätzlich eine Veräußerung des Gesellschaftsanteils an die verbleibenden Gesellschafter zu sehen, sofern dieser Vorgang entgeltlich erfolgt. Scheidet ein Kommanditist gegen Entgelt aus einer KG aus, ergibt sich der Veräußerungsgewinn daher aus der Differenz zwischen den dem Ausscheidenden aus diesem Anlass zugewandten Leistungen und seinem Kapitalkonto. Als Veräußerungspreis ist danach zunächst der Abfindungsanspruch des Klägers gegen die Beigeladene in Höhe von 23.192 DM zu berücksichtigen. Dem Veräußerungspreis ist der Wert des Anteils am Betriebsvermögen, d.h. das Kapitalkonto des Klägers gegenüberzustellen. Dieses war zum maßgeblichen Stichtag (31.12.1999) negativ (./. 48.281,05 DM). Auch ein negatives Kapitalkonto ist dem Veräußerungspreis gegenüberzustellen und führt damit rechnerisch zur Erhöhung eines Veräußerungsgewinns, soweit es nicht ausgeglichen wird. Dabei kommt es entgegen der Auffassung des FG nicht darauf an, aus welchen Gründen das Kapitalkonto negativ geworden ist.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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