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DAX-Unternehmen: Pensionsverpflichtungen und Planvermögen auf Rekordstand

17.03.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Mercer Deutschland GmbH.

EZB-Niedrigzinspolitik treibt Pensionsverpflichtungen deutscher Konzerne nach oben – die Zinsschmelze ist auch ein Problem für den Mittelstand

Die Planvermögen der DAX-Unternehmen sind per Ende 2014 auf den Höchststand von 226 Mrd. Euro angestiegen und haben über das Jahr 2014 eine Rendite von fast 11 Prozent erzielt. Durch den Rückgang des Rechnungszinssatzes haben sich die Pensionsverpflichtungen im selben Zeitraum um 70 Mrd. Euro auf 371 Mrd. Euro erhöht. Der Dotierungsgrad ist auf 61 Prozent gesunken. Die aktuelle Mercer-Hochrechnung über die Pensionsverpflichtungen der DAX-Unternehmen bestätigt damit die bereits Anfang Januar vorgelegten Schätzungen.

DAX-Unternehmen erwirtschaften Rendite von 10,7 Prozent auf das Planvermögen

Im Jahr 2014 ist das Planvermögen der DAX-Unternehmen von 198 Mrd. Euro um 28 Mrd. Euro auf 226 Mrd. Euro angestiegen und hat damit einen neuen Höchststand erreicht. Die Rendite von 10,7 Prozent konnte vor allem dank der positiven Entwicklung der Rentenmärkte erreicht werden. Durch den erneut starken Zinsrückgang in der Eurozone im Jahr 2014 sind die Anleihekurse um etwa 11 Prozent gestiegen. Im Durchschnitt ist mehr als die Hälfte des Planvermögens in festverzinsliche Wertpapiere investiert. Aktien, die im Mittel etwa ein Viertel des Planvermögens der DAX-Unternehmen ausmachen, haben immerhin eine Rendite von 5 Prozent erwirtschaftet. Durch die Nutzung alternativer Asset-Klassen und durch ein aktives Management der Kapitalanlagen ist es den DAX-Unternehmen offenbar gelungen, die im Vergleich zu Anleihen geringere Rendite der Aktien noch auszugleichen.

Nach der starken Performance von Renteninvestments mit guter Bonität (Investmentgrade) in den letzten Jahren ist die Renditeerwartung für die nächsten Jahre mit rund 1 Prozent pro Jahr deutlich niedriger. „Daher ist ein Trend zur Reduktion der klassischen Rentenanlagen zu beobachten. Stattdessen werden alternative Anlagen wie Immobilien und Infrastruktur als Eigenkapital- oder als Fremdfinanzierung aufgebaut. Auch die Anlageklasse Private Debt spielt eine größere Rolle, da sich Banken als Finanzierungsgeber für kleinere Unternehmen mehr und mehr zurückziehen und damit eine Opportunität für institutionelle Investoren mit langfristigem Anlagehorizont entsteht“, so Carl-Heinrich Kehr, Principal und Investmentexperte bei Mercer in Deutschland.

Neben der guten Performance haben auch Dotierungen durch die Unternehmen zum Anstieg der Planvermögen beigetragen. Bereits im letzten Jahr wurde in der Presse über eine Sonderzuwendung an das Planvermögen von Daimler in Höhe von 2,5 Mrd. Euro berichtet. Insgesamt beträgt die Zuwendung von Daimler in 2014 gut 3 Mrd. Euro.

Talfahrt des Rechnungszinssatzes: Pensionsverpflichtungen steigen auf Rekordniveau

Das Zinsniveau ist im Laufe des Jahres kontinuierlich und deutlich gesunken. Die Mercer Yield Curve für den Euroraum, mit der Mercer den Rechnungszins nach IAS 19 für Pensionsverpflichtungen bestimmt, weist zum 31.12.2014 bei einer Duration von 15 Jahren einen Zins von 2,0 Prozent aus – gegenüber 3,7 Prozent im Vorjahr. Den effektiven Rückgang des Rechnungszinssatzes für die DAX-Unternehmen schätzen wir mit etwa 1,4 Prozentpunkten etwas niedriger ein als den Rückgang gemäß Mercer Yield Curve von 1,7 Prozentpunkten. Das hat verschiedene Gründe:

  • Außerhalb des Euroraumes fällt der Zinsrückgang etwas geringer aus. Da aber etwa 65 Prozent der Verpflichtungen in Deutschland liegen (hinzu kommen Verpflichtungen im Euro-Ausland), führt das nur zu einer geringen Entlastung.

  • Die DAX-Unternehmen wenden unterschiedliche Verfahren der Zinsermittlung an. Soweit im Vorjahr bereits ein Zins unterhalb der Mercer Yield Curve angesetzt wurde, fällt der Rückgang etwas niedriger aus.

Durch die Zinsänderung hat sich für die DAX-Unternehmen ein versicherungsmathematischer Verlust von etwa 61 Mrd. Euro ergeben. Um diesen Betrag steigen die Pensionsrückstellungen an und sinkt das Eigenkapital. Das Unternehmensergebnis wird dadurch nicht berührt, da die Änderungen erfolgsneutral zu erfassen sind.

Andere Effekte hatten einen vergleichsweise geringen Einfluss auf die Verpflichtungswerte. Die Summe der planmäßigen Dienstzeitaufwendungen (6 Mrd. Euro) und der Zinsaufwendungen (11 Mrd. Euro) lagen nur um etwa 4 Mrd. Euro über den Zahlungen für Pensionsleistungen (13 Mrd. Euro).

Insgesamt sind die Pensionsverpflichtungen von 301 Mrd. Euro um 70 Mrd. Euro auf 371 Mrd. Euro angestiegen.

Deckungsgrad der Pensionsverpflichtungen bei 61 Prozent

Da der Anstieg der Pensionsverpflichtungen stärker ausfiel als der Anstieg der Planvermögen, hat sich der Deckungsgrad, also das Verhältnis zwischen Planvermögen und Pensionsverpflichtungen, auf etwa 61 Prozent reduziert – gegenüber 65,7 Prozent im Vorjahr. „Da dieser verringerte Dotierungsgrad im Wesentlichen aus dem rein rechnerischen Anstieg der Pensionsverpflichtungen resultiert – die Höhe der späteren Versorgungsleistungen hat sich ja nicht erhöht –, ergibt sich für die Unternehmen kein akuter Handlungsbedarf. Insbesondere besteht in Deutschland wegen der gesetzlichen Insolvenzsicherung keine Pflicht zur Bildung von Planvermögen und somit für die DAX-Unternehmen auch kein Zwang, den Rückgang des Deckungsgrades durch Nachdotierungen auszugleichen“, kommentiert Thomas Hagemann, Chefaktuar bei Mercer in Deutschland. Im Vergleich zu anderen Unternehmen außerhalb des DAX30 können die Pensionssysteme der DAX-Unternehmen als deutlich höher dotiert beurteilt werden.

Verdopplung der Deckungslücken im Ausland

Auch in UK und in den USA sind die Auswirkungen des niedrigen Rechnungszinses deutlich zu spüren.

In UK verdoppelte sich bei den 350 größten Firmen die Deckungslücke von £56 Mrd. zum 31. Dezember 2013 auf £107 Mrd. zum 31. Dezember 2014. Der Fall der Renditen von Unternehmens- und Staatsanleihen auf ein historisches Tief im zweiten Halbjahr 2014 führte zu einem starken Anstieg der Deckungslücken. Als Folge wurden 2014 verstärkte Aktivitäten im Bereich des Risikomanagements beobachtet, etwa in Form von Versicherungslösungen oder Longevity Swaps.

In den USA war bei den S&P 1500-Unternehmen sogar noch ein stärkerer Anstieg der Deckungslücken zu beobachten. Die Defizite haben sich von $237 Mrd. Ende 2013 auf $504 Mrd. Ende 2014 mehr als verdoppelt. Dieser Effekt ist nicht nur auf die Reduktion des Rechnungszinses um 0,88 Prozent im Jahr 2014, sondern auch auf die Einführung neuer Sterbetafeln zurückzuführen, die die Verpflichtungen zusätzlich um ca. 4 Prozent anstiegen ließen. Diese Effekte überlagerten die günstigen Entwicklungen auf den Aktienmärkten und bei festverzinslichen Anlagen.

Hochrechnung bestätigt bisherige Mercer-Schätzung

Die aktuelle Hochrechnung auf Basis der bisher veröffentlichten Geschäftsberichte bestätigt im Wesentlichen unsere Schätzungen von Anfang des Jahres. Die Pensionsverpflichtungen betragen 371 Mrd. Euro und entsprechen damit fast genau unserer Schätzung von 373 Mrd. Euro. Höhere Zahlen, die in der Presse teilweise kursierten, haben möglicherweise nicht berücksichtigt, dass die Verpflichtungswerte für Auslandsverpflichtungen geringer angestiegen sind und manche Unternehmen Teile des Anstiegs bereits im Vorjahr vorweggenommen hatten.

Lediglich beim Planvermögen war die gute Rendite überraschend. Gegenüber unserer Schätzung von 214 Mrd. Euro ergibt die aktuelle Hochrechnung nun einen Wert von 226 Mrd. Euro. Das lag vor allem daran, dass die Rendite fast 3 Prozentpunkte höher ausfiel, als dies allein auf Basis der Zusammensetzung des Planvermögens zu erwarten war.

Pensionsaufwand für 2015 fällt höher aus

Das niedrige Zinsniveau beeinflusst nicht nur die Pensionsverpflichtungen am Bilanzstichtag, sondern wirkt sich auch auf den Pensionsaufwand des nächsten Jahres aus. Der Dienstzeitaufwand für das Jahr 2014 (also der planmäßige Aufwand ohne Zinsaufwand) betrug laut unserer Hochrechnung 6 Mrd. Euro. Für das Jahr 2015 ist ein Betrag von etwa 8 Mrd. Euro zu erwarten.

Eine leichte Entlastung verspricht ein Verfahren, das Mercer Ende 2013 in die Diskussion gebracht hat und das mittlerweile von den ersten Unternehmen angewandt wird: Bisher war es üblich, den durchschnittlichen Zinssatz, der für die Ermittlung der Verpflichtungswerte hergeleitet wird, auch für die Ermittlung der Aufwandsgrößen anzusetzen. Speziell beim Dienstzeitaufwand ist jedoch zu beachten, dass hier nur der Teilbestand der Aktiven betroffen ist. Um zu vermeiden, dass der Dienstzeitaufwand mit einem Zins ermittelt wird, der auch durch die kürzeren Laufzeiten von Verpflichtungen gegen Rentner bestimmt ist, haben wir vorgeschlagen, für die Ermittlung des Dienstzeitaufwandes einen eigenen Rechnungszins herzuleiten.

Dieser Vorschlag wurde im letzten Jahr in der Fachwelt kontrovers diskutiert und wird mittlerweile von Wirtschaftsprüfern akzeptiert.

Einige Unternehmen haben Methoden zur Ermittlung individueller Diskontierungszinsen verwendet und konnten damit einen höheren Rechnungszinssatz erzielen.

Zinsschmelze auch ein Problem für den Mittelstand

Während bei der Bilanzierung nach IFRS, auf deren Basis auch die obigen Werte für die DAX-Unternehmen ermittelt wurden, ein Stichtagszins maßgeblich ist, wird für die HGB-Bilanzierung ein 7-Jahres-Durchschnittszins angesetzt. Das führt dazu, dass das Absinken des Zinsniveaus hier verzögert und verlangsamt ankommt. Mittlerweile ist die Problematik aber auch bei HGB-Bilanzierern sehr deutlich geworden. So ist der Rechnungszins nach HGB im Jahr 2014 um 0,35 Prozentpunkte (von 4,88 auf 4,53 Prozent) abgesunken.

Hierbei handelt es sich zwar um ein deutlich langsameres Absinken als nach IFRS, die daraus resultierenden Effekte sind aber (anders als nach IFRS) erfolgswirksam zu erfassen und beeinträchtigen damit das Unternehmensergebnis und insbesondere die Ausschüttungsmöglichkeiten.

„Bleibt das Zinsniveau in nächster Zeit im Wesentlichen unverändert, führt das dazu, dass der Rechnungszins nach HGB weiter absinkt, und zwar schneller als bisher. So ist in den Jahren 2015 und 2016 mit einem Absinken zu rechnen, das doppelt so hoch ausfällt wie 2014. Der daraus resultierende Aufwand wird in jedem der beiden Jahre also mehr als doppelt so hoch sein als im Jahr 2014“, so die Einschätzung von Thomas Hagemann.

Maßnahmen für den Umgang mit dem Niedrigzins

Unternehmen können der Niedrigzinsphase mit verschiedenen Maßnahmen begegnen. Beispielsweise bietet eine Kapitalisierungsoption den Unternehmen die Möglichkeit, die Verpflichtung durch Zahlung eines Einmalkapitals abzugelten, so dass Bilanzeffekte zukünftiger Zinsänderungen für diese Renten entfallen (nur möglich für Renten mit Beginn vor 2005). Diese Option wird von vielen Rentnern gerne angenommen. Für HGB-Bilanzierer ist auch der Wechsel des Durchführungsweges zumindest für einen Teil der Verpflichtungen (beispielsweise die Übertragung von Verpflichtungen gegenüber Rentnern auf eine Unterstützungskasse) die Möglichkeit, die Bilanz von weiteren Zinssenkungen zu entlasten.

Auch die Umgestaltung von Versorgungszusagen ist eine Option. So wurde beispielsweise Ende Februar in der Presse berichtet, dass Heidelberger Druckmaschinen durch die Umstellung von einer endgehaltsabhängigen Rentenzusage auf einen beitragsorientierten Kapitalplan sogar einen positiven Einmaleffekt auf das Unternehmensergebnis in Höhe von 50 Mio. Euro bewirken konnte.

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