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Datenschutzauskunft umfasst auch Telefonnotizen

28.10.2021  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Nach der Datenschutzgrundverordnung kann eine Person einen Auskunftsanspruch zur Verarbeitung seiner Daten geltend machen. Rechtsanwalt Rolf Becker erläutert anhand der aktuellen Rechtsprechung des OLG München, warum man hier als Unternehmen unbedingt präpariert sein sollte.

Eigentlich ging es am Anfang nur um Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb von Containern der P. Gruppe aufgrund fehlerhafter Aufklärung. Allerdings forderte die Klägerin schon während der vorgerichtlichen Auseinandersetzung beide später dann Beklagten gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO zur Überlassung von Kopien aller bei den Beklagten vorhandenen personenbezogenen Daten der Klägerin auf.

Klage auf Kopien

Die Beklagten übersandten eine Auskunft der einzelnen bei ihnen gespeicherten Daten der Klägerin. Kopien wurden jedoch nicht überlassen. Die Klägerin erweitert ihre bereits erhobene Klage dahingehend, dass die Beklagten verurteilt werden sollten, ihr Kopien aller personenbezogenen Daten auszuhändigen.

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Alle Arten von Daten umfasst

Das Landgericht München folgte den Anträgen und auch die Berufung der Beklagten vor dem OLG München scheiterte. Das OLG München (Endurteil v. 04.10.2021 – 3 U 2906/20) machte deutlich, dass auch Kopien zur Auskunftserteilung gehören. Der Begriff der personenbezogenen Daten ist weit zu verstehen. Es geht dabei um alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen (Art. 4 Nr. 1 DSGVO). Das sind also nicht zwingend nur sensible Informationen, sondern es sind schlicht alle Arten von Informationen umfasst.

Gesprächsprotokolle, Aktenvermerke, Telefonnotizen

Die bayerischen Richter machten klar, dass der Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs.3 DSGVO auch auch Telefonnotizen, Aktenvermerke, Gesprächsprotokolle, E-Mails und Briefe erfasse (soweit noch vorhanden). Schon das Landgericht München I hatte die Beklagten dazu verurteilt, der Klägerin Kopien aller personenbezogenen Daten - insbesondere in Form von Telefonnotizen, Aktenvermerken, Protokollen, E-Mails, Briefen und Zeichnungsunterlagen für Kapitalanlagen - auszuhändigen, die sich in ihrem Besitz befinden.

Das OLG München dazu:

Er [der Auskunftsanspruch] ist nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt, sondern umfasst potenziell alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur in Form von Stellungnahmen oder Beurteilungen, unter der Voraussetzung, dass es sich um Informationen über die in Rede stehende Person handelt. Die letztgenannte Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Information aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit einer bestimmten Person verknüpft ist (...).

Anders als in anderen Entscheidungen verlangten die Richter zum Auskunftsantrag keine prozessuale Präzisierung zu den Unterlagen. Der Antrag wurde nur dahingehend präzisiert, dass es sich um Unterlagen die Klägerin betreffend handeln sollte.

Anspruch auf Informationen wie sie vorliegen

Interessant ist die Entscheidung deshalb, weil das OLG München einen eigenständigen Anspruch nicht nur auf Auskunft als Aneinanderreihung von Daten, sondern auf Herausgabe der Unterlagen und Schreiben sah, wobei zum Schutz von Interessen des Auskunftsverpflichteten Schwärzungsmöglichkeiten bestehen sollen:

„Der Gegenstand dieses Anspruchs richtet sich nicht lediglich auf eine abstrakte Aufzählung der vorhandenen Informationen, da dieser bereits in dem Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO enthalten ist. Vielmehr hat der Gläubiger einen Anspruch auf Überlassung der Informationen in der Form, wie sie dem Verantwortlichen vorliegen (….). Ein notwendiger Schutz des Schuldners wird durch die Möglichkeit der Schwärzung nach Art. 15 Abs. 4 DS-GVO gewährleistet.“

Auskunft auch zu bereits übermittelten Daten

Schon im Juni diesen Jahres hatte der Bundesgerichtshof im Rahmen einer Klage eines Versicherungsnehmers gegen eine Versicherung entschieden, dass aufgrund des weiten Begriffsverständnisses der personenbezogenen Daten die Korrespondenz der Parteien oder auch interne Vermerke und Kommunikation der Beklagten nicht kategorisch vom Auskunftsanspruch ausgeschlossen werden können. Demnach hat der Kläger einen Anspruch auf eine vollständige Auskunft der Informationen. Auch den häufigen Irrtum, dass bei dem Anspruchsteller bereits vorhandene Daten (E-Mails oder Briefe) nicht mehr erneut beauskunftet werden müssten, beseitigte das höchste Zivilgericht:

„Die Beklagte soll Auskunft darüber geben, ob sie die im Schriftverkehr enthaltenen personenbezogenen Daten aktuell verarbeitet, insbesondere speichert. Die Auskunft soll den Kläger, wie bereits dargelegt, in die Lage versetzen, sich der Datenverarbeitung bewusst zu werden und deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Er soll sich insbesondere vergewissern können, dass die ihn betreffenden Daten richtig sind und in zulässiger Weise verarbeitet werden … Zu beachten ist ferner, dass der Auskunftsberechtigte grundsätzlich wiederholt Auskunft verlangen kann (vgl. Erwägungsgrund 63 Satz 1, Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DS-GVO). Dies spricht ebenfalls gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, das Auskunftsrecht nach Art. 15 DS-GVO beschränke sich auf Daten, die dem Betroffenen noch nicht bekannt sind. Daher sind auch etwaige Zweitschriften und Nachträge zu dem Versicherungsschein, auf die sich das Auskunftsbegehren des Klägers ausweislich des Sitzungsprotokolls mit erstreckt, nicht grundsätzlich vom datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch ausgeschlossen, soweit die darin enthaltenen personenbezogenen Daten bei der Beklagten verarbeitet werden.“

BGH, Urteil des VI. Zivilsenats vom 15.6.2021, Az. VI ZR 576/19 -

Zum Anspruch auf Kopien äußerte sich das Gericht hier nicht.

Rechtseinschätzungen müssen nicht offenbart werden

Eine Grenze setzten die BGH-Richter bei rechtlichen Analysen, die ja regelmäßig auch in der Korrespondenz zwischen dem zur Auskunft verpflichteten Unternehmen und deren Anwalt enthalten sind.

Dort könnten zwar personenbezogene Daten enthalten sein. Jedoch gelte dies nicht für eine auf der Grundlage dieser Daten vorgenommene Beurteilung der Rechtslage selbst, sodass diese kein personenbezogenes Datum sei.

Fazit

Der Auskunftsanspruch ist umfassend. Ob zusätzlich zu den verarbeiteten Daten auch Kopien von Schreiben und sonstigen Unterlagen herausgegeben werden müssen, wird am Ende erst der Europäische Gerichtshof entscheiden, dem die Frage vorliegt.

Bild: Kaboompics.com (Pexels, Pexels Lizenz)

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