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Bewertung einer Sachausschüttung in Form einer offenen Gewinnausschüttung – keine Rückwirkung von § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG (Kommentar von Udo Cremer)

27.11.2018  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Aktien gehen testamentarisch in den Besitz einer gemeinnützigen Stiftung über. Wie ist der Wert einer Sachausschüttung einer Kapitalgesellschaft zu bewerten? Und wie verhält es sich in diesem Fall mit einer Rückwirkung von § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG? Udo Cremer kommentiert das Urteil.

  1. Der Gegenstand einer Sachausschüttung einer Kapitalgesellschaft ist mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Auf den Wertansatz im Gewinnverwendungsbeschluss kommt es nicht an.
  2. § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

Mit dem Tod von Frau B im Jahr 1988 gingen ... Aktien der damaligen A-AG auf die gemeinnützige B-A-Stiftung (Stiftung) als Erbin über. B hatte testamentarisch bestimmt, dass der Nachlass der (30-jährigen) Dauertestamentsvollstreckung (Verwaltungsvollstreckung) gemäß §§ 2197, 2209 BGB unterliegt.

Die Testamentsvollstrecker hatten den Nachlass zu konstituieren, über die Veräußerung oder Verpachtung des Nachlasses zu entscheiden, die Einbringung des Nachlasses in die Stiftung durchzuführen und während der Dauer der Testamentsvollstreckung die Rechte des Stifters wahrzunehmen. Ihre Aufgaben wurden in der testamentarischen Verfügung vom 22. Mai 1985 dahingehend erweitert, dass sie auch für die Erfüllung weiterer Auflagen des Testaments (Sicherstellung der Gemeinnützigkeit, Erfüllung des Stiftungszwecks, Änderung der Stiftungsverfassung, Erhalt des Nachlasses und der A-Firmengruppe) zu sorgen hatten. Auf ihr Verlangen hatte die Stiftung die Gegenstände des Nachlasses zu verpachten, in Gesellschaften gleich welcher Rechtsform einzubringen oder zu veräußern und stattdessen den jeweiligen Wert, also eine entsprechende Beteiligung oder sonstiges Surrogat, in das Stiftungsvermögen einzubringen.

Die Klägerin, eine GmbH, war im Jahr 2001 als Vorratsgesellschaft gegründet worden. Zum alleinigen Geschäftsführer der Klägerin war Herr E, der auch dem Stiftungsvorstand angehörte, bestellt worden. Die Stiftung erwarb am 12. November 2002 alle Anteile an der Klägerin, die nach § 11 des Gesellschaftsvertrags der Dauertestamentsvollstreckung unterlagen. Noch im November 2002 übertrug die Stiftung 74,306 v.H. aller stimmberechtigten Stammaktien der A-AG auf die Klägerin. Dies umfasste neben den der Testamentsvollstreckung unterliegenden Anteilsrechten weitere ... Aktien. Hierzu hatte die Gesellschafterversammlung der Klägerin beschlossen, dass die Stammaktien der Stiftung als freiwilliger Gesellschafterzuschuss in die Gesellschaft eingebracht werden und als Zuzahlung in das Eigenkapital gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB auszuweisen sind.

Nach dem Einbringungsvertrag stand der Klägerin die Gewinnberechtigung aus den Aktien (ohne Ausgleichsansprüche der Stiftung) allein zu. Die Klägerin setzte in ihren Bilanzen zum 31. Dezember 2002, 2003 und 2004 für die erworbenen Aktien "Beteiligungen" in Höhe von ... EUR an. Die in den Jahren 2003 und 2004 ausgeschütteten Dividenden der A-AG für das jeweilige Vorjahr flossen der Klägerin zu und wurden abzüglich ... EUR (2003) und ... EUR (2004) an die Stiftung als Vorabausschüttung weitergegeben. Die Klägerin hatte den zu diesen Zeitpunkten bestellten drei Testamentsvollstreckern hinsichtlich des Nachlasses nach B jeweils Stimmrechtsvollmachten für die Hauptversammlungen der A-AG erteilt. Darüber hinaus sind diese neben E zu weiteren Geschäftsführern der Klägerin bestellt worden. Am 4. Mai 2005 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin, die ihr im Jahre 2002 übertragenen Stammaktien im Wege der Sachausschüttung wieder an die Stiftung zurück zu übertragen. Zuvor war der Gesellschaftsvertrag der Klägerin dahingehend ergänzt worden, dass Sachausschüttungen beschlossen werden können.

Die Rücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB wurde unter Ansatz des Buchwerts der Anteile aufgelöst. Im Rahmen der Außenprüfung gingen die Prüfer von einer Einlage der Stiftung in die Klägerin aus, die sie gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG in der jeweils für die Streitjahre geltenden Fassung mit dem Teilwert bewerteten. Dabei folgten die Prüfer grundsätzlich der Bewertung der Aktien durch die Klägerin mit dem jeweiligen Tageskurs bei Einbringung, berücksichtigten aber gemäß § 11 Abs. 3 BewG zusätzlich einen Paketzuschlag in Höhe von 20 v.H.; der Einbringungswert belief sich hiernach auf ... EUR. Die Rückübertragung der Aktien im Jahr 2005 behandelten die Prüfer (wie die Klägerin) als Sachausschüttung. Für die Bewertung gingen die Prüfer von dem gemeinen Wert der Anteile sowie einem Paketzuschlag in Höhe von 20 v.H. des Kurswerts zum Übertragungszeitpunkt aus. Hieraus ergebe sich eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) in Höhe von ... EUR, die gemäß § 8b Abs. 2 KStG steuerbefreit sei. Einen Betrag in Höhe von 5 v.H. dieser vGA berücksichtigten sie gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe. Demgemäß erhöhe sich das zu versteuernde Einkommen der Klägerin um ... EUR.

Das FA erließ auf dieser Grundlage am 15. Januar 2009 geänderte Steuer- und Feststellungsbescheide; darüber hinaus änderte es die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes für 2006. Die Klage hatte zum überwiegenden Teil Erfolg. Das Hessische Finanzgericht (FG) ging zwar in seinem Urteil vom 24. März 2015 4 K 2179/13 (EFG 2015, 1299) davon aus, dass die Rückübertragung von ... Stammaktien an der A-AG von der Klägerin an die Stiftung zu einer gemäß § 8b Abs. 2 KStG steuerbefreiten vGA in Höhe von ... EUR geführt habe. Bei verfassungskonformer Auslegung von § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG sei der Hinzurechnungsbetrag von 5 v.H. dieses "Gewinns" aber auf die Wertsteigerung der Aktien der A-AG zu begrenzen, die sich zwischen dem 22. Dezember 2003 und dem Zeitpunkt der Rückübertragung der Aktien auf die Stiftung ergeben haben. Er belaufe sich mithin auf ... EUR.

Auf die Revision des FA wird das Urteil des Hessischen FG vom 24. März 2015 4 K 2179/13 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Revision der Klägerin wird als unbegründet zurückgewiesen (BFH Urteil vom 11.4.2018, I R 34/15). Die Revision der Klägerin ist im Hinblick auf die Entscheidung des FG zum Solidaritätszuschlag sowie zur Zinsfestsetzung als unbegründet zurückzuweisen. Klage- und Revisionsantrag können nicht dahin ausgelegt werden, dass der Solidaritätszuschlag nur zum Zwecke der Bezeichnung des angefochtenen Sammelbescheids aufgeführt worden ist, jedoch nicht Gegenstand des Klageverfahrens sein sollte. Sowohl in der Klage- als auch in der Revisionsschrift hat die fachkundig vertretene Klägerin als Klagegegenstände ("wegen") ausdrücklich Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag benannt. Demgemäß hat auch das FG diese Streitgegenstände in sein Urteilsrubrum aufgenommen. Bei dieser Sachlage ist für eine einschränkende Auslegung des Klage- und Revisionsbegehrens der Klägerin kein Raum. Die Klage ist insoweit unzulässig, da mit einer Klage gegen den Solidaritätszuschlag gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 in der für die Streitjahre geltenden Fassung weder die Bemessungsgrundlage noch die Höhe des zu versteuernden Einkommens angegriffen werden kann. Nichts anderes gilt, soweit die Klägerin sich gegen die Zinsfestsetzung wendet. Auch insoweit ist die Klage unzulässig, da Körperschaftsteuerbescheid und Zinsbescheid im Verhältnis von Grundlagenbescheid und Folgebescheid zueinanderstehen. Dies ergibt sich aus der akzessorischen Natur des Zinsanspruchs und der Regelung in § 233a Abs. 5 AO, die spezialgesetzlich die Korrekturvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO verdrängt.

Die Revision der Klägerin ist auch im Übrigen (soweit sie zu einer materiellen Prüfung der angefochtenen Bescheide führt) unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Die Ansicht des FG, dass das sog. wirtschaftliche Eigentum i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO an den Aktien im Jahre 2002 von der Stiftung auf die Klägerin übergegangen sei, hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand. Gleiches gilt für die weitere Folgerung der Vorinstanz, dass die Rückübertragung der Stammaktien auf die Stiftung im Jahre 2005 das Einkommen der Klägerin erhöht habe und diese Erhöhung zwar nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei sei, jedoch der sog. Schachtelstrafe des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG unterfalle. Das FG hat bezüglich der Rückübertragung des Aktienpaketes im Ergebnis zutreffend angenommen, dass diese mit dem gemeinen Wert zu bewerten und damit die Differenz zwischen dem Buchwert und dem gemeinen Wert der Aktien dem Einkommen der Klägerin außerbilanziell wieder hinzuzurechnen ist.

Soweit die Vorinstanz davon ausgegangen ist, dass eine vGA in Form einer verhinderten Vermögensmehrung vorgelegen habe, da die Klägerin auf ein angemessenes Entgelt für die Rückübertragung des Aktienpaketes verzichtet habe, folgt dem der Senat nicht. Vielmehr war die Rückübertragung der Aktien auf die Stiftung im Jahr 2005 Gegenstand einer offenen Gewinnausschüttung (Sachausschüttung). Die Aktien sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Offene Gewinnausschüttungen einer GmbH beruhen auf einem handelsrechtlichen Gewinnverwendungsbeschluss der Gesellschafter, durch den der konkrete Gewinnauszahlungsanspruch des Gesellschafters entsteht, den die GmbH mit der Ausschüttung erfüllt. § 58 Abs. 5 AktG sieht seit dem Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz) vom 19. Juli 2002 (BGBl I 2002, 2681) ausdrücklich vor, dass die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft auch eine Sachausschüttung beschließen kann, sofern die Satzung dies vorsieht. In dem Gewinnverwendungsbeschluss ist nach § 174 Abs. 2 Nr. 2 AktG der auszuschüttende Sachwert anzugeben.

Für die GmbH sind zwar keine ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen zu Sachausschüttungen getroffen worden, die für Aktiengesellschaften geltenden Regelungen sind jedoch sinngemäß anzuwenden. Die im Streitfall von der Klägerin beschlossene Sachausschüttung des Aktienpaketes an die Stiftung beruhte nach den insoweit bindenden Feststellungen des FG auf einem (ordnungsgemäßen) Gewinnverwendungsbeschluss und führte zu einer offenen Gewinnausschüttung.

Auch dann, wenn im Gewinnverwendungsbeschluss der auszuschüttende Sachwert mit dem Buchwert angegeben wird und damit handelsrechtlich die sog. Buchwertmethode zur Anwendung kommt, verbietet sich die Annahme, dass die Sachausschüttung steuerrechtlich in Höhe des Buchwerts als offene Gewinnausschüttung und in Höhe des Differenzbetrags gegenüber dem gemeinen Wert als vGA zu qualifizieren sei. Mit anderen Worten: die handelsrechtliche Bewertung vermag das Vorliegen einer auf einem (ordnungsgemäßen) Gewinnverwendungsbeschluss basierenden offenen Gewinnausschüttung nicht in Frage zu stellen. Eine ausdrückliche Vorschrift über die Bewertung offener Gewinnausschüttungen fehlt im Körperschaftsteuerrecht. Daher ist nach §§ 1, 9 BewG der gemeine Wert zu Grunde zu legen (ebenso BMF-Schreiben vom 28. April 2003, BStBl I 2003, 292, Rz 22). Der Senat hat dies bereits für die Ermittlung der Höhe einer vGA entschieden. Nichts anderes kann für die Bewertung einer offenen Gewinnausschüttung (hier in Form einer Sachdividende) gelten, da nach § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG die Verteilung des Einkommens die Ermittlung des Einkommens nicht berühren darf und diese Rechtsfolge gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG "auch" für vGA zu beachten ist. Die Zusammenschau beider Regelungen lässt demnach nur den Schluss zu, dass offene und verdeckte Gewinnausschüttungen den nämlichen Bewertungsgrundsätzen unterworfen sind.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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